they, und ist iederzeit darauf gesteuret, ih- re Meinung durchzusetzen; daher sind die Sessionen bey unsern Konsultationen gar bald geendiget, auch seit langer Zeit außer Brauch. Wir haben unsere gemeinschaft- lichen Gerechtsame nach gewissen Departe- ments unter uns vertheilet; sie präsidirt in der Küche und ich im Keller. Alle Mobi- lien im Hause stehen unter ihrer Aufsicht; alles was Niet und Nagelfest ist, unter der meinigen. Demungeachtet giebts hier manche Kollision, und in Präjudizialfäl- len verwahrt ieder Theil seine Jura aufs beste.
Schlimm gnug, sprach ich, wenn 'n Mann sein Herz der Freundin seines Her- zens, die die zweyte Hälfte desselben ist, nicht zu aller Zeit frey und ohne Zurückhal- tung eröfnen darf! Das kommt mir so vor, als wenn in einem Hause zwo Familien das Gespilde haben, das vorher einem Herrn zu-
gehör-
they, und iſt iederzeit darauf geſteuret, ih- re Meinung durchzuſetzen; daher ſind die Seſſionen bey unſern Konſultationen gar bald geendiget, auch ſeit langer Zeit außer Brauch. Wir haben unſere gemeinſchaft- lichen Gerechtſame nach gewiſſen Departe- ments unter uns vertheilet; ſie praͤſidirt in der Kuͤche und ich im Keller. Alle Mobi- lien im Hauſe ſtehen unter ihrer Aufſicht; alles was Niet und Nagelfeſt iſt, unter der meinigen. Demungeachtet giebts hier manche Kolliſion, und in Praͤjudizialfaͤl- len verwahrt ieder Theil ſeine Jura aufs beſte.
Schlimm gnug, ſprach ich, wenn ’n Mann ſein Herz der Freundin ſeines Her- zens, die die zweyte Haͤlfte deſſelben iſt, nicht zu aller Zeit frey und ohne Zuruͤckhal- tung eroͤfnen darf! Das kommt mir ſo vor, als wenn in einem Hauſe zwo Familien das Geſpilde haben, das vorher einem Herrn zu-
gehoͤr-
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they, und iſt iederzeit darauf geſteuret, ih-
re Meinung durchzuſetzen; daher ſind die
Seſſionen bey unſern Konſultationen gar bald
geendiget, auch ſeit langer Zeit außer
Brauch. Wir haben unſere gemeinſchaft-
lichen Gerechtſame nach gewiſſen Departe-
ments unter uns vertheilet; ſie praͤſidirt in
der Kuͤche und ich im Keller. Alle Mobi-
lien im Hauſe ſtehen unter ihrer Aufſicht;
alles was Niet und Nagelfeſt iſt, unter
der meinigen. Demungeachtet giebts hier
manche Kolliſion, und in Praͤjudizialfaͤl-
len verwahrt ieder Theil ſeine Jura aufs
beſte.
Schlimm gnug, ſprach ich, wenn ’n
Mann ſein Herz der Freundin ſeines Her-
zens, die die zweyte Haͤlfte deſſelben iſt,
nicht zu aller Zeit frey und ohne Zuruͤckhal-
tung eroͤfnen darf! Das kommt mir ſo vor,
als wenn in einem Hauſe zwo Familien das
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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/156>, abgerufen am 25.11.2024.
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