manches gemein hat. Ausser einer gleich starken Beredsamkeit, besitzt sie auch eben so wie er die Gabe, beynah' über alles in der Welt andrer Meinung zu seyn als an- dre Leute; nur in der Kunst, eine schlimme Sache gut zu machen, bleibt sie weit zu- rück, ob sie gleich eine schlichte Sache krumm zu machen, und jedes Ding anders als ihr Eheherr zu sehen geübt scheint, und Jhnen zu Zeiten durch den Geist des Widerspruchs den Kopf wohl mag warm machen. Wer- den so einige Matrimonialdebatten vorgefal- len seyn. Nicht wahr?
Sie sind nahe dabey, erwiedert' er, den Knoten zu lösen. Jch befinde mich in Ab- sicht meiner Frau dadurch in einer unbehäg- lichen Lage, daß ich ihr nicht immer mein Herz offenbahren, mein Anliegen mitthei- len, und ihren Beyrath in Privatangelegen- heiten als der zuverläßigsten Freundin er- warten kan. Sie ergreift zu schnell Par-
they,
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manches gemein hat. Auſſer einer gleich ſtarken Beredſamkeit, beſitzt ſie auch eben ſo wie er die Gabe, beynah’ uͤber alles in der Welt andrer Meinung zu ſeyn als an- dre Leute; nur in der Kunſt, eine ſchlimme Sache gut zu machen, bleibt ſie weit zu- ruͤck, ob ſie gleich eine ſchlichte Sache krumm zu machen, und jedes Ding anders als ihr Eheherr zu ſehen geuͤbt ſcheint, und Jhnen zu Zeiten durch den Geiſt des Widerſpruchs den Kopf wohl mag warm machen. Wer- den ſo einige Matrimonialdebatten vorgefal- len ſeyn. Nicht wahr?
Sie ſind nahe dabey, erwiedert’ er, den Knoten zu loͤſen. Jch befinde mich in Ab- ſicht meiner Frau dadurch in einer unbehaͤg- lichen Lage, daß ich ihr nicht immer mein Herz offenbahren, mein Anliegen mitthei- len, und ihren Beyrath in Privatangelegen- heiten als der zuverlaͤßigſten Freundin er- warten kan. Sie ergreift zu ſchnell Par-
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manches gemein hat. Auſſer einer gleich
ſtarken Beredſamkeit, beſitzt ſie auch eben
ſo wie er die Gabe, beynah’ uͤber alles in
der Welt andrer Meinung zu ſeyn als an-
dre Leute; nur in der Kunſt, eine ſchlimme
Sache gut zu machen, bleibt ſie weit zu-
ruͤck, ob ſie gleich eine ſchlichte Sache krumm
zu machen, und jedes Ding anders als ihr
Eheherr zu ſehen geuͤbt ſcheint, und Jhnen
zu Zeiten durch den Geiſt des Widerſpruchs
den Kopf wohl mag warm machen. Wer-
den ſo einige Matrimonialdebatten vorgefal-
len ſeyn. Nicht wahr?
Sie ſind nahe dabey, erwiedert’ er, den
Knoten zu loͤſen. Jch befinde mich in Ab-
ſicht meiner Frau dadurch in einer unbehaͤg-
lichen Lage, daß ich ihr nicht immer mein
Herz offenbahren, mein Anliegen mitthei-
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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/155>, abgerufen am 22.11.2024.
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