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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779.

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Gleichgewicht so wenig: als der Eifer auf
der Kanzel einen feisten Prädikanten mager
macht. Wenn draussen der Himmel sich
umwölkt, und Sturm und Plazregen ver-
kündiget: so achtet man das wenig, wenn
man sich unter sein eigen Dach bergen kan,
wenn nur im Haus gut Wetter ist, wenig-
stens am Horizont des ehelichen Betthim-
mels. Wetterleuchtet und donnerts aber
auch da, -- kurz, wird der Haus- und
Ehefriede unterbrochen: so hält das in die
Länge keiner aus, dem nicht das Tempe-
rament eines Hackeklotzes verliehen ist, und
da muß endlich aus dem Keim fortwähren-
der Mißmüthigkeit die Hypochondrie reifen;
denn nicht ieder Mann ist gegen einen Re-
genguß aus der Ehekammer mit dem Schirm
scherzhafter Laune gerüstet, wie der weise
Sokrates. Jch habe bemerkt, daß Jhre
Ehekonsortin mit dem berühmten Schrift-
steller und Exparlementsadvokaten Linguet

man-

Gleichgewicht ſo wenig: als der Eifer auf
der Kanzel einen feiſten Praͤdikanten mager
macht. Wenn drauſſen der Himmel ſich
umwoͤlkt, und Sturm und Plazregen ver-
kuͤndiget: ſo achtet man das wenig, wenn
man ſich unter ſein eigen Dach bergen kan,
wenn nur im Haus gut Wetter iſt, wenig-
ſtens am Horizont des ehelichen Betthim-
mels. Wetterleuchtet und donnerts aber
auch da, — kurz, wird der Haus- und
Ehefriede unterbrochen: ſo haͤlt das in die
Laͤnge keiner aus, dem nicht das Tempe-
rament eines Hackeklotzes verliehen iſt, und
da muß endlich aus dem Keim fortwaͤhren-
der Mißmuͤthigkeit die Hypochondrie reifen;
denn nicht ieder Mann iſt gegen einen Re-
genguß aus der Ehekammer mit dem Schirm
ſcherzhafter Laune geruͤſtet, wie der weiſe
Sokrates. Jch habe bemerkt, daß Jhre
Ehekonſortin mit dem beruͤhmten Schrift-
ſteller und Exparlementsadvokaten Linguet

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[146/0154] Gleichgewicht ſo wenig: als der Eifer auf der Kanzel einen feiſten Praͤdikanten mager macht. Wenn drauſſen der Himmel ſich umwoͤlkt, und Sturm und Plazregen ver- kuͤndiget: ſo achtet man das wenig, wenn man ſich unter ſein eigen Dach bergen kan, wenn nur im Haus gut Wetter iſt, wenig- ſtens am Horizont des ehelichen Betthim- mels. Wetterleuchtet und donnerts aber auch da, — kurz, wird der Haus- und Ehefriede unterbrochen: ſo haͤlt das in die Laͤnge keiner aus, dem nicht das Tempe- rament eines Hackeklotzes verliehen iſt, und da muß endlich aus dem Keim fortwaͤhren- der Mißmuͤthigkeit die Hypochondrie reifen; denn nicht ieder Mann iſt gegen einen Re- genguß aus der Ehekammer mit dem Schirm ſcherzhafter Laune geruͤſtet, wie der weiſe Sokrates. Jch habe bemerkt, daß Jhre Ehekonſortin mit dem beruͤhmten Schrift- ſteller und Exparlementsadvokaten Linguet man-

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Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/154>, abgerufen am 27.04.2024.