ein kleiner Anstoß nöthig, das Schutzbret zu heben. Darum fuhr ich fort: Wofern ich mich nicht ganz irre, so hat sich eine häusliche Kalamität auf Jhre Milz gewor- fen. Wenn ich einen Hypochondristen von Jhrer Konstitution erblicke, in dessen Ge- sicht sich nichts ausgetrocknetes, kränkeln- des veroffenbahrt, davon das Untertheil vielmehr den satten phlegmatischen Mann zeigt, bey dem sich weder Hunger, noch Durst, noch magre Lebensart vermuthen läßt: so wähn ich nicht, daß ihn sein Kleid preßt, oder ein enger Schuh drückt, solcher Unbequemlichkeiten würd' er sich bald entle- digen und sichs bequem machen; sondern daß ihn ein Geschwür in der Haut brennt, welches er nicht loß werden kann, oder nicht's Herz hat, den Schwären aufzudrü- cken. Einem Geschäftsmann stoßen in sei- nem Amt und Beruf allerley Unannehm- lichkeiten auf; aber die stöhren sein innres
Gleich-
K
ein kleiner Anſtoß noͤthig, das Schutzbret zu heben. Darum fuhr ich fort: Wofern ich mich nicht ganz irre, ſo hat ſich eine haͤusliche Kalamitaͤt auf Jhre Milz gewor- fen. Wenn ich einen Hypochondriſten von Jhrer Konſtitution erblicke, in deſſen Ge- ſicht ſich nichts ausgetrocknetes, kraͤnkeln- des veroffenbahrt, davon das Untertheil vielmehr den ſatten phlegmatiſchen Mann zeigt, bey dem ſich weder Hunger, noch Durſt, noch magre Lebensart vermuthen laͤßt: ſo waͤhn ich nicht, daß ihn ſein Kleid preßt, oder ein enger Schuh druͤckt, ſolcher Unbequemlichkeiten wuͤrd’ er ſich bald entle- digen und ſichs bequem machen; ſondern daß ihn ein Geſchwuͤr in der Haut brennt, welches er nicht loß werden kann, oder nicht’s Herz hat, den Schwaͤren aufzudruͤ- cken. Einem Geſchaͤftsmann ſtoßen in ſei- nem Amt und Beruf allerley Unannehm- lichkeiten auf; aber die ſtoͤhren ſein innres
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ein kleiner Anſtoß noͤthig, das Schutzbret
zu heben. Darum fuhr ich fort: Wofern
ich mich nicht ganz irre, ſo hat ſich eine
haͤusliche Kalamitaͤt auf Jhre Milz gewor-
fen. Wenn ich einen Hypochondriſten von
Jhrer Konſtitution erblicke, in deſſen Ge-
ſicht ſich nichts ausgetrocknetes, kraͤnkeln-
des veroffenbahrt, davon das Untertheil
vielmehr den ſatten phlegmatiſchen Mann
zeigt, bey dem ſich weder Hunger, noch
Durſt, noch magre Lebensart vermuthen
laͤßt: ſo waͤhn ich nicht, daß ihn ſein Kleid
preßt, oder ein enger Schuh druͤckt, ſolcher
Unbequemlichkeiten wuͤrd’ er ſich bald entle-
digen und ſichs bequem machen; ſondern
daß ihn ein Geſchwuͤr in der Haut brennt,
welches er nicht loß werden kann, oder
nicht’s Herz hat, den Schwaͤren aufzudruͤ-
cken. Einem Geſchaͤftsmann ſtoßen in ſei-
nem Amt und Beruf allerley Unannehm-
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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/153>, abgerufen am 22.11.2024.
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