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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779.

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lang mit Suchen und Forschen nach der phy-
siognomischen Wahrheit fortzufahren, bis
ich aufs Trockne bin und sicher darauf fus-
sen kan, ohne befürchten zu dürfen, daß
mich eine zweifelmüthige Brandung, die
mich ein und andermal vom physiognomi-
schen Ufer abgespühlet hat, in den Strudel
der Ungewißheit, oder gar in den Abgrund
des Unglaubens fortreiße. Hat sich der
entschlossene französische Jüngling Anquetil
weder den weiten Weg von Paris bis an
den Jndus, noch die unsägliche Mühe des
Suchens und Forschens verdrießen lassen,
den Zend Avesta, Zoroasters lebendiges
Wort und der Brahmen heilige Bücher in
Osten und Süden aufzusuchen, und als ei-
nen gegrabenen Schatz seinem Vaterlande
zuzuwenden: wie sollt' ich mich eine Drey-
schrittreise von Frankenland in die Schweiz
verdrießen lassen, das lebendige physiogno-
mische Wort aus des Meisters Munde zu

ver-

lang mit Suchen und Forſchen nach der phy-
ſiognomiſchen Wahrheit fortzufahren, bis
ich aufs Trockne bin und ſicher darauf fuſ-
ſen kan, ohne befuͤrchten zu duͤrfen, daß
mich eine zweifelmuͤthige Brandung, die
mich ein und andermal vom phyſiognomi-
ſchen Ufer abgeſpuͤhlet hat, in den Strudel
der Ungewißheit, oder gar in den Abgrund
des Unglaubens fortreiße. Hat ſich der
entſchloſſene franzoͤſiſche Juͤngling Anquetil
weder den weiten Weg von Paris bis an
den Jndus, noch die unſaͤgliche Muͤhe des
Suchens und Forſchens verdrießen laſſen,
den Zend Aveſta, Zoroaſters lebendiges
Wort und der Brahmen heilige Buͤcher in
Oſten und Suͤden aufzuſuchen, und als ei-
nen gegrabenen Schatz ſeinem Vaterlande
zuzuwenden: wie ſollt’ ich mich eine Drey-
ſchrittreiſe von Frankenland in die Schweiz
verdrießen laſſen, das lebendige phyſiogno-
miſche Wort aus des Meiſters Munde zu

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[98/0106] lang mit Suchen und Forſchen nach der phy- ſiognomiſchen Wahrheit fortzufahren, bis ich aufs Trockne bin und ſicher darauf fuſ- ſen kan, ohne befuͤrchten zu duͤrfen, daß mich eine zweifelmuͤthige Brandung, die mich ein und andermal vom phyſiognomi- ſchen Ufer abgeſpuͤhlet hat, in den Strudel der Ungewißheit, oder gar in den Abgrund des Unglaubens fortreiße. Hat ſich der entſchloſſene franzoͤſiſche Juͤngling Anquetil weder den weiten Weg von Paris bis an den Jndus, noch die unſaͤgliche Muͤhe des Suchens und Forſchens verdrießen laſſen, den Zend Aveſta, Zoroaſters lebendiges Wort und der Brahmen heilige Buͤcher in Oſten und Suͤden aufzuſuchen, und als ei- nen gegrabenen Schatz ſeinem Vaterlande zuzuwenden: wie ſollt’ ich mich eine Drey- ſchrittreiſe von Frankenland in die Schweiz verdrießen laſſen, das lebendige phyſiogno- miſche Wort aus des Meiſters Munde zu ver-

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Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/106>, abgerufen am 26.04.2024.