Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

vernehmen? Es bleibt doch dabey: vox
viva docet,
warum zögen wir auf den ge-
lehrten Jahrmarkt der Akademien, um dort
aus der ersten Hand für baares Geld Wis-
senschaft und Weisheit einzutauschen, wenn
uns diese Artikel, der Höckenkram unsrer
Bücherschränke eben so gut liefern könnte?

Beym Morgengruß war das erste, daß
ich Freund Spörtlern mein Vorhaben eröf-
nete, der solches gar sehr billigte, und mir
nur anlag, noch einige Tage bey ihm zu
verziehen, weil er in einer wichtigen Sache
meines Beyrathes bedürfe, welches ich ihm
auch verhieß. Um die Mittagsstunde sah
ich endlich meinen Philipp auf den Spon-
däengänger höchsterwünscht den Hof herein-
kommen. Lezterer ging sehr bedachtsam und
hüftenlahm einher, daraus ich die günstige
Vermuthung zog, es drücke ihn eine schwe-
re Bürde grobes Courant, welches ich meh-
rerer Bequemlichkeit halber in Gold umzu-

setzen
G 2

vernehmen? Es bleibt doch dabey: vox
viva docet,
warum zoͤgen wir auf den ge-
lehrten Jahrmarkt der Akademien, um dort
aus der erſten Hand fuͤr baares Geld Wiſ-
ſenſchaft und Weisheit einzutauſchen, wenn
uns dieſe Artikel, der Hoͤckenkram unſrer
Buͤcherſchraͤnke eben ſo gut liefern koͤnnte?

Beym Morgengruß war das erſte, daß
ich Freund Spoͤrtlern mein Vorhaben eroͤf-
nete, der ſolches gar ſehr billigte, und mir
nur anlag, noch einige Tage bey ihm zu
verziehen, weil er in einer wichtigen Sache
meines Beyrathes beduͤrfe, welches ich ihm
auch verhieß. Um die Mittagsſtunde ſah
ich endlich meinen Philipp auf den Spon-
daͤengaͤnger hoͤchſterwuͤnſcht den Hof herein-
kommen. Lezterer ging ſehr bedachtſam und
huͤftenlahm einher, daraus ich die guͤnſtige
Vermuthung zog, es druͤcke ihn eine ſchwe-
re Buͤrde grobes Courant, welches ich meh-
rerer Bequemlichkeit halber in Gold umzu-

ſetzen
G 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0107" n="99"/>
vernehmen? Es bleibt doch dabey: <hi rendition="#aq">vox<lb/>
viva docet,</hi> warum zo&#x0364;gen wir auf den ge-<lb/>
lehrten Jahrmarkt der Akademien, um dort<lb/>
aus der er&#x017F;ten Hand fu&#x0364;r baares Geld Wi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en&#x017F;chaft und Weisheit einzutau&#x017F;chen, wenn<lb/>
uns die&#x017F;e Artikel, der Ho&#x0364;ckenkram un&#x017F;rer<lb/>
Bu&#x0364;cher&#x017F;chra&#x0364;nke eben &#x017F;o gut liefern ko&#x0364;nnte?</p><lb/>
        <p>Beym Morgengruß war das er&#x017F;te, daß<lb/>
ich Freund Spo&#x0364;rtlern mein Vorhaben ero&#x0364;f-<lb/>
nete, der &#x017F;olches gar &#x017F;ehr billigte, und mir<lb/>
nur anlag, noch einige Tage bey ihm zu<lb/>
verziehen, weil er in einer wichtigen Sache<lb/>
meines Beyrathes bedu&#x0364;rfe, welches ich ihm<lb/>
auch verhieß. Um die Mittags&#x017F;tunde &#x017F;ah<lb/>
ich endlich meinen Philipp auf den Spon-<lb/>
da&#x0364;enga&#x0364;nger ho&#x0364;ch&#x017F;terwu&#x0364;n&#x017F;cht den Hof herein-<lb/>
kommen. Lezterer ging &#x017F;ehr bedacht&#x017F;am und<lb/>
hu&#x0364;ftenlahm einher, daraus ich die gu&#x0364;n&#x017F;tige<lb/>
Vermuthung zog, es dru&#x0364;cke ihn eine &#x017F;chwe-<lb/>
re Bu&#x0364;rde grobes Courant, welches ich meh-<lb/>
rerer Bequemlichkeit halber in Gold umzu-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">G 2</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;etzen</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[99/0107] vernehmen? Es bleibt doch dabey: vox viva docet, warum zoͤgen wir auf den ge- lehrten Jahrmarkt der Akademien, um dort aus der erſten Hand fuͤr baares Geld Wiſ- ſenſchaft und Weisheit einzutauſchen, wenn uns dieſe Artikel, der Hoͤckenkram unſrer Buͤcherſchraͤnke eben ſo gut liefern koͤnnte? Beym Morgengruß war das erſte, daß ich Freund Spoͤrtlern mein Vorhaben eroͤf- nete, der ſolches gar ſehr billigte, und mir nur anlag, noch einige Tage bey ihm zu verziehen, weil er in einer wichtigen Sache meines Beyrathes beduͤrfe, welches ich ihm auch verhieß. Um die Mittagsſtunde ſah ich endlich meinen Philipp auf den Spon- daͤengaͤnger hoͤchſterwuͤnſcht den Hof herein- kommen. Lezterer ging ſehr bedachtſam und huͤftenlahm einher, daraus ich die guͤnſtige Vermuthung zog, es druͤcke ihn eine ſchwe- re Buͤrde grobes Courant, welches ich meh- rerer Bequemlichkeit halber in Gold umzu- ſetzen G 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/107
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 4. Altenburg, 1779, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen04_1779/107>, abgerufen am 25.11.2024.