mit Master John Bunkels ganzem Seralg es aufnehmen können. Die Lektür war ihre einzige und eigentlich Beschäftigung. Zweyhundert Sinngedichte, die Kästner fal- len ließ, oder absichtlich unter den Tisch warf, bewahrte sie in ihrem Gedächtniß so heilig auf, wie Alerander das betastete Exemplar seines Homers, in dem Schmuck- kästlein des Darius. Sie war eins von den Pfefferkörnern, die Klopfstocks Oden verstehen und ganz fühlen."
Ey Herr, gegenredet' ich, einer Frau ziemts in keinem Fall ein Pfefferkorn zu seyn: Oel soll sie seyn, zum Essich der Mannheit, wie der Spruch in den Frag- menten lautet, damit der Salat des Ehe- standes Wohlgeschmack gewinne. Mich dünkt, in dem Pfefferkorn lägen eben alle Bestandtheile ihres ehelichen Nothstandes verborgen. Gott bewahr 'n iedweden, der sich nach einer Gehülfin umthut, für einem
solchen
E
mit Maſter John Bunkels ganzem Seralg es aufnehmen koͤnnen. Die Lektuͤr war ihre einzige und eigentlich Beſchaͤftigung. Zweyhundert Sinngedichte, die Kaͤſtner fal- len ließ, oder abſichtlich unter den Tiſch warf, bewahrte ſie in ihrem Gedaͤchtniß ſo heilig auf, wie Alerander das betaſtete Exemplar ſeines Homers, in dem Schmuck- kaͤſtlein des Darius. Sie war eins von den Pfefferkoͤrnern, die Klopfſtocks Oden verſtehen und ganz fuͤhlen.“
Ey Herr, gegenredet’ ich, einer Frau ziemts in keinem Fall ein Pfefferkorn zu ſeyn: Oel ſoll ſie ſeyn, zum Eſſich der Mannheit, wie der Spruch in den Frag- menten lautet, damit der Salat des Ehe- ſtandes Wohlgeſchmack gewinne. Mich duͤnkt, in dem Pfefferkorn laͤgen eben alle Beſtandtheile ihres ehelichen Nothſtandes verborgen. Gott bewahr ’n iedweden, der ſich nach einer Gehuͤlfin umthut, fuͤr einem
ſolchen
E
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0065"n="65"/>
mit Maſter John Bunkels ganzem Seralg<lb/>
es aufnehmen koͤnnen. Die Lektuͤr war<lb/>
ihre einzige und eigentlich Beſchaͤftigung.<lb/>
Zweyhundert Sinngedichte, die Kaͤſtner fal-<lb/>
len ließ, oder abſichtlich unter den Tiſch<lb/>
warf, bewahrte ſie in ihrem Gedaͤchtniß ſo<lb/>
heilig auf, wie Alerander das betaſtete<lb/>
Exemplar ſeines Homers, in dem Schmuck-<lb/>
kaͤſtlein des Darius. Sie war eins von<lb/>
den Pfefferkoͤrnern, die Klopfſtocks Oden<lb/>
verſtehen und ganz fuͤhlen.“</p><lb/><p>Ey Herr, gegenredet’ ich, einer Frau<lb/>
ziemts in keinem Fall ein Pfefferkorn zu<lb/>ſeyn: Oel ſoll ſie ſeyn, zum Eſſich der<lb/>
Mannheit, wie der Spruch in den Frag-<lb/>
menten lautet, damit der Salat des Ehe-<lb/>ſtandes Wohlgeſchmack gewinne. Mich<lb/>
duͤnkt, in dem Pfefferkorn laͤgen eben alle<lb/>
Beſtandtheile ihres ehelichen Nothſtandes<lb/>
verborgen. Gott bewahr ’n iedweden, der<lb/>ſich nach einer Gehuͤlfin umthut, fuͤr einem<lb/><fwplace="bottom"type="sig">E</fw><fwplace="bottom"type="catch">ſolchen</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[65/0065]
mit Maſter John Bunkels ganzem Seralg
es aufnehmen koͤnnen. Die Lektuͤr war
ihre einzige und eigentlich Beſchaͤftigung.
Zweyhundert Sinngedichte, die Kaͤſtner fal-
len ließ, oder abſichtlich unter den Tiſch
warf, bewahrte ſie in ihrem Gedaͤchtniß ſo
heilig auf, wie Alerander das betaſtete
Exemplar ſeines Homers, in dem Schmuck-
kaͤſtlein des Darius. Sie war eins von
den Pfefferkoͤrnern, die Klopfſtocks Oden
verſtehen und ganz fuͤhlen.“
Ey Herr, gegenredet’ ich, einer Frau
ziemts in keinem Fall ein Pfefferkorn zu
ſeyn: Oel ſoll ſie ſeyn, zum Eſſich der
Mannheit, wie der Spruch in den Frag-
menten lautet, damit der Salat des Ehe-
ſtandes Wohlgeſchmack gewinne. Mich
duͤnkt, in dem Pfefferkorn laͤgen eben alle
Beſtandtheile ihres ehelichen Nothſtandes
verborgen. Gott bewahr ’n iedweden, der
ſich nach einer Gehuͤlfin umthut, fuͤr einem
ſolchen
E
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen03_1779/65>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.