Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779.

Bild:
<< vorherige Seite

da halt ichs so: ich suche mir einen andern
Plaz wo mich die Sonne bescheinen kan,
das heißt, wenn mir ein Mensch lästig
wird such ich's Weite, und das wissen mei-
ne Knochen bald zu finden.

"Sie sind mir ein Sonderling als ei-
ner unter der Sonn. Bey solchen Gesin-
nungen können wir wohl unmöglich lang
zusammen stallen. Sie fliehn die Men-
schen, wie's scheint, aus Menschenhaß; und
ich suche Menschen, zu Beförderung der
Menschenliebe. Gleichwohl war der Phi-
losoph in der Tonn', den der Schatten ei-
nes Menschen irrt', und der, welcher mit
der Latern' Menschen suchte, ein und der-
selbe Diogenes, nur zu verschiedenen Zei-
ten. Und so kan's wohl noch geschehen,
daß sich unsere Grundsätz und Gesinnungen
auch wieder einen." Schwerlich, war
sein' Antwort, dazu sind unsere Erfahrun-
gen von den Menschen zu weit auseinander.

Wo

da halt ichs ſo: ich ſuche mir einen andern
Plaz wo mich die Sonne beſcheinen kan,
das heißt, wenn mir ein Menſch laͤſtig
wird ſuch ich’s Weite, und das wiſſen mei-
ne Knochen bald zu finden.

„Sie ſind mir ein Sonderling als ei-
ner unter der Sonn. Bey ſolchen Geſin-
nungen koͤnnen wir wohl unmoͤglich lang
zuſammen ſtallen. Sie fliehn die Men-
ſchen, wie’s ſcheint, aus Menſchenhaß; und
ich ſuche Menſchen, zu Befoͤrderung der
Menſchenliebe. Gleichwohl war der Phi-
loſoph in der Tonn’, den der Schatten ei-
nes Menſchen irrt’, und der, welcher mit
der Latern’ Menſchen ſuchte, ein und der-
ſelbe Diogenes, nur zu verſchiedenen Zei-
ten. Und ſo kan’s wohl noch geſchehen,
daß ſich unſere Grundſaͤtz und Geſinnungen
auch wieder einen.“ Schwerlich, war
ſein’ Antwort, dazu ſind unſere Erfahrun-
gen von den Menſchen zu weit auseinander.

Wo
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0006" n="6"/>
da halt ichs &#x017F;o: ich &#x017F;uche mir einen andern<lb/>
Plaz wo mich die Sonne be&#x017F;cheinen kan,<lb/>
das heißt, wenn mir ein Men&#x017F;ch la&#x0364;&#x017F;tig<lb/>
wird &#x017F;uch ich&#x2019;s Weite, und das wi&#x017F;&#x017F;en mei-<lb/>
ne Knochen bald zu finden.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sie &#x017F;ind mir ein Sonderling als ei-<lb/>
ner unter der Sonn. Bey &#x017F;olchen Ge&#x017F;in-<lb/>
nungen ko&#x0364;nnen wir wohl unmo&#x0364;glich lang<lb/>
zu&#x017F;ammen &#x017F;tallen. Sie fliehn die Men-<lb/>
&#x017F;chen, wie&#x2019;s &#x017F;cheint, aus Men&#x017F;chenhaß; und<lb/>
ich &#x017F;uche Men&#x017F;chen, zu Befo&#x0364;rderung der<lb/>
Men&#x017F;chenliebe. Gleichwohl war der Phi-<lb/>
lo&#x017F;oph in der Tonn&#x2019;, den der Schatten ei-<lb/>
nes Men&#x017F;chen irrt&#x2019;, und der, welcher mit<lb/>
der Latern&#x2019; Men&#x017F;chen &#x017F;uchte, ein und der-<lb/>
&#x017F;elbe Diogenes, nur zu ver&#x017F;chiedenen Zei-<lb/>
ten. Und &#x017F;o kan&#x2019;s wohl noch ge&#x017F;chehen,<lb/>
daß &#x017F;ich un&#x017F;ere Grund&#x017F;a&#x0364;tz und Ge&#x017F;innungen<lb/>
auch wieder einen.&#x201C; Schwerlich, war<lb/>
&#x017F;ein&#x2019; Antwort, dazu &#x017F;ind un&#x017F;ere Erfahrun-<lb/>
gen von den Men&#x017F;chen zu weit auseinander.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Wo</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[6/0006] da halt ichs ſo: ich ſuche mir einen andern Plaz wo mich die Sonne beſcheinen kan, das heißt, wenn mir ein Menſch laͤſtig wird ſuch ich’s Weite, und das wiſſen mei- ne Knochen bald zu finden. „Sie ſind mir ein Sonderling als ei- ner unter der Sonn. Bey ſolchen Geſin- nungen koͤnnen wir wohl unmoͤglich lang zuſammen ſtallen. Sie fliehn die Men- ſchen, wie’s ſcheint, aus Menſchenhaß; und ich ſuche Menſchen, zu Befoͤrderung der Menſchenliebe. Gleichwohl war der Phi- loſoph in der Tonn’, den der Schatten ei- nes Menſchen irrt’, und der, welcher mit der Latern’ Menſchen ſuchte, ein und der- ſelbe Diogenes, nur zu verſchiedenen Zei- ten. Und ſo kan’s wohl noch geſchehen, daß ſich unſere Grundſaͤtz und Geſinnungen auch wieder einen.“ Schwerlich, war ſein’ Antwort, dazu ſind unſere Erfahrun- gen von den Menſchen zu weit auseinander. Wo

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen03_1779
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen03_1779/6
Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 3. Altenburg, 1779, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen03_1779/6>, abgerufen am 21.11.2024.