Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779.werbe, zu welchem der Nachlaß meiner Wohl mir! daß ich sie endlich gefunden gestärket
werbe, zu welchem der Nachlaß meiner Wohl mir! daß ich ſie endlich gefunden geſtaͤrket
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0032" n="26"/> werbe, zu welchem der Nachlaß meiner<lb/> Voreltern mir Beruf gab, den hab ich nun<lb/> wohl treulich erfuͤllt; aber er war mir nicht<lb/> gnug meine Tageszeit auszufuͤllen, und den<lb/> Beduͤrfniſſen meiner Seele Gnuͤge zu leiſten.<lb/> Wie oft war die Langeweile meine Geſell-<lb/> ſchafterinn, wenn ich vom Traubenhuͤgel<lb/> hinuͤber ins Waitzenfeld ſchlich, um unter<lb/> den belaubten Aeſten eines wilden Birn-<lb/> baums meine Schnitter zu beobachten!<lb/> Fand ich gleich zuweilen eine ſchlaue Moa-<lb/> bitinn in ſeinem Schatten, die auf meinen<lb/> Acker Aehren leſen gieng! ſo amuͤſirt’ ich<lb/> mich mit ihr wohl eine Stunde; es war<lb/> aber nur Palliatif ohne Heilkraft, und ich<lb/> erkannte immer gewiſſer, daß der Menſch<lb/> weder gemacht iſt, bloß zu vegetiren, wie die<lb/> Pflanze, noch zum Freſſen und verkaͤuen wie<lb/> die Heuſchrecke, noch fuͤr den Gattungstrieb<lb/> allein zu leben, wie der Seidenſchmetterling,<lb/> wenn er aus der Puppe hervorſchlupft.</p><lb/> <p>Wohl mir! daß ich ſie endlich gefunden<lb/> habe die eigentliche ſpecifike Nahrung mei-<lb/> nes Geiſtes, die Silberquelle in der duͤrren<lb/> Syriſchen Sandwuͤſte meines Berufs, der<lb/> mich irrenden Wanderer oft ermuͤdet, nie<lb/> erquicket oder die Schnellkraft meiner Seele<lb/> <fw place="bottom" type="catch">geſtaͤrket</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [26/0032]
werbe, zu welchem der Nachlaß meiner
Voreltern mir Beruf gab, den hab ich nun
wohl treulich erfuͤllt; aber er war mir nicht
gnug meine Tageszeit auszufuͤllen, und den
Beduͤrfniſſen meiner Seele Gnuͤge zu leiſten.
Wie oft war die Langeweile meine Geſell-
ſchafterinn, wenn ich vom Traubenhuͤgel
hinuͤber ins Waitzenfeld ſchlich, um unter
den belaubten Aeſten eines wilden Birn-
baums meine Schnitter zu beobachten!
Fand ich gleich zuweilen eine ſchlaue Moa-
bitinn in ſeinem Schatten, die auf meinen
Acker Aehren leſen gieng! ſo amuͤſirt’ ich
mich mit ihr wohl eine Stunde; es war
aber nur Palliatif ohne Heilkraft, und ich
erkannte immer gewiſſer, daß der Menſch
weder gemacht iſt, bloß zu vegetiren, wie die
Pflanze, noch zum Freſſen und verkaͤuen wie
die Heuſchrecke, noch fuͤr den Gattungstrieb
allein zu leben, wie der Seidenſchmetterling,
wenn er aus der Puppe hervorſchlupft.
Wohl mir! daß ich ſie endlich gefunden
habe die eigentliche ſpecifike Nahrung mei-
nes Geiſtes, die Silberquelle in der duͤrren
Syriſchen Sandwuͤſte meines Berufs, der
mich irrenden Wanderer oft ermuͤdet, nie
erquicket oder die Schnellkraft meiner Seele
geſtaͤrket
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