verschämteste alle Narrheiten und Weiber- grillen von Konkubinat, des mich, ihrer Sage nach, das Gerücht bezüchtigen soll, ins Gesicht. Die feinen Spötter beyder- ley Geschlechts benehmen sich mit mir noch auf andre Manier; kommen Schaar- weise angezogen wie die Fisch, die einen Köder wittern, schnappen und haschen nach einem Blick, einem Wort, einer unschul- digen Handlung, die sie verdrehen, drü- ber spötteln und witzeln nach Herzens Lust; artet sich die ganze Schaar nach der Na- tur der Raupentödter, sind unfest, künst- lich, leicht, und unverdrossen nach Raub und Beute, stechen dabey wie die Bienen, wenn sie eben zu schwärmen beginnen. Nun hab ich zwar einem berühmten Mann seine Bienenkappe abgeborgt, die ietzt männig- lich vors Gesicht nimmt, wer nicht von spiz- züngigen Jnsekten will Ueberlast haben; sagt das so viel, hab' mich mit dem trefflichen Apophtegma gepanzert: sie reden was sie wollen, mögen sie doch reden, was küm- mert's mich! Aber in die Läng' kanns einer unter dieser Rüstung doch nicht dauern, 's wird einem leicht zu warm an der Stirn.
Zwey
J 3
verſchaͤmteſte alle Narrheiten und Weiber- grillen von Konkubinat, des mich, ihrer Sage nach, das Geruͤcht bezuͤchtigen ſoll, ins Geſicht. Die feinen Spoͤtter beyder- ley Geſchlechts benehmen ſich mit mir noch auf andre Manier; kommen Schaar- weiſe angezogen wie die Fiſch, die einen Koͤder wittern, ſchnappen und haſchen nach einem Blick, einem Wort, einer unſchul- digen Handlung, die ſie verdrehen, druͤ- ber ſpoͤtteln und witzeln nach Herzens Luſt; artet ſich die ganze Schaar nach der Na- tur der Raupentoͤdter, ſind unfeſt, kuͤnſt- lich, leicht, und unverdroſſen nach Raub und Beute, ſtechen dabey wie die Bienen, wenn ſie eben zu ſchwaͤrmen beginnen. Nun hab ich zwar einem beruͤhmten Mann ſeine Bienenkappe abgeborgt, die ietzt maͤnnig- lich vors Geſicht nimmt, wer nicht von ſpiz- zuͤngigen Jnſekten will Ueberlaſt haben; ſagt das ſo viel, hab’ mich mit dem trefflichen Apophtegma gepanzert: ſie reden was ſie wollen, moͤgen ſie doch reden, was kuͤm- mert’s mich! Aber in die Laͤng’ kanns einer unter dieſer Ruͤſtung doch nicht dauern, ’s wird einem leicht zu warm an der Stirn.
Zwey
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verſchaͤmteſte alle Narrheiten und Weiber-
grillen von Konkubinat, des mich, ihrer
Sage nach, das Geruͤcht bezuͤchtigen ſoll,
ins Geſicht. Die feinen Spoͤtter beyder-
ley Geſchlechts benehmen ſich mit mir
noch auf andre Manier; kommen Schaar-
weiſe angezogen wie die Fiſch, die einen
Koͤder wittern, ſchnappen und haſchen nach
einem Blick, einem Wort, einer unſchul-
digen Handlung, die ſie verdrehen, druͤ-
ber ſpoͤtteln und witzeln nach Herzens Luſt;
artet ſich die ganze Schaar nach der Na-
tur der Raupentoͤdter, ſind unfeſt, kuͤnſt-
lich, leicht, und unverdroſſen nach Raub
und Beute, ſtechen dabey wie die Bienen,
wenn ſie eben zu ſchwaͤrmen beginnen. Nun
hab ich zwar einem beruͤhmten Mann ſeine
Bienenkappe abgeborgt, die ietzt maͤnnig-
lich vors Geſicht nimmt, wer nicht von ſpiz-
zuͤngigen Jnſekten will Ueberlaſt haben; ſagt
das ſo viel, hab’ mich mit dem trefflichen
Apophtegma gepanzert: ſie reden was ſie
wollen, moͤgen ſie doch reden, was kuͤm-
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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen01_1779/139>, abgerufen am 16.02.2025.
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