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Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779.

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sich selbst mästen, der iedoch nicht für Ho-
nig zu gebrauchen sey, die Speisen damit
zu süssen, sondern sey und bleib Auswurf
und Unrath.

Alles das sagte der Mann auf seine Ma-
nier, ich hab's in die meine übergetragen und
in mein Tagebuch verzeichnet, weil mirs zu
einer herrlichen Meditation Anlaß gab.

Bin ein einfältiger Laye, ist mir daher
nicht zum Ausstehen, wenn mich einer in
meinem Glauben irr' macht, den ich gelehrt
bin von meiner Jugend an. Gleichwohl
hat die verderbliche Neuerungssucht in un-
sern Tagen die Göttesgelehrten dergestalt
überfallen, daß, nachdem sie das symboli-
sche Zaum und Gebiß über die Ohren ge-
streift, haben sie den gebahnten Weg ver-
lassen und galoppiren quer über Feld, der
Eine dahinaus der Andre dort hinaus, daß
man sich die Bein' ablaufen möcht', ihrem
Gang' zu folgen, bis man marod' ist, sie
fortrennen läßt, und aus Verdruß den er-
sten besten Rasenrand sucht und einschläft.

Sollt' dünkt mich der Glaubenslehr bey
Leib' keine wächserne Nas' angesezt werden,
wie der Juristerey, die man drehen könnt'
wie man will. Wenn ieder wer Lust hat

am

ſich ſelbſt maͤſten, der iedoch nicht fuͤr Ho-
nig zu gebrauchen ſey, die Speiſen damit
zu ſuͤſſen, ſondern ſey und bleib Auswurf
und Unrath.

Alles das ſagte der Mann auf ſeine Ma-
nier, ich hab’s in die meine uͤbergetragen und
in mein Tagebuch verzeichnet, weil mirs zu
einer herrlichen Meditation Anlaß gab.

Bin ein einfaͤltiger Laye, iſt mir daher
nicht zum Ausſtehen, wenn mich einer in
meinem Glauben irr’ macht, den ich gelehrt
bin von meiner Jugend an. Gleichwohl
hat die verderbliche Neuerungsſucht in un-
ſern Tagen die Goͤttesgelehrten dergeſtalt
uͤberfallen, daß, nachdem ſie das ſymboli-
ſche Zaum und Gebiß uͤber die Ohren ge-
ſtreift, haben ſie den gebahnten Weg ver-
laſſen und galoppiren quer uͤber Feld, der
Eine dahinaus der Andre dort hinaus, daß
man ſich die Bein’ ablaufen moͤcht’, ihrem
Gang’ zu folgen, bis man marod’ iſt, ſie
fortrennen laͤßt, und aus Verdruß den er-
ſten beſten Raſenrand ſucht und einſchlaͤft.

Sollt’ duͤnkt mich der Glaubenslehr bey
Leib’ keine waͤchſerne Naſ’ angeſezt werden,
wie der Juriſterey, die man drehen koͤnnt’
wie man will. Wenn ieder wer Luſt hat

am
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[110/0116] ſich ſelbſt maͤſten, der iedoch nicht fuͤr Ho- nig zu gebrauchen ſey, die Speiſen damit zu ſuͤſſen, ſondern ſey und bleib Auswurf und Unrath. Alles das ſagte der Mann auf ſeine Ma- nier, ich hab’s in die meine uͤbergetragen und in mein Tagebuch verzeichnet, weil mirs zu einer herrlichen Meditation Anlaß gab. Bin ein einfaͤltiger Laye, iſt mir daher nicht zum Ausſtehen, wenn mich einer in meinem Glauben irr’ macht, den ich gelehrt bin von meiner Jugend an. Gleichwohl hat die verderbliche Neuerungsſucht in un- ſern Tagen die Goͤttesgelehrten dergeſtalt uͤberfallen, daß, nachdem ſie das ſymboli- ſche Zaum und Gebiß uͤber die Ohren ge- ſtreift, haben ſie den gebahnten Weg ver- laſſen und galoppiren quer uͤber Feld, der Eine dahinaus der Andre dort hinaus, daß man ſich die Bein’ ablaufen moͤcht’, ihrem Gang’ zu folgen, bis man marod’ iſt, ſie fortrennen laͤßt, und aus Verdruß den er- ſten beſten Raſenrand ſucht und einſchlaͤft. Sollt’ duͤnkt mich der Glaubenslehr bey Leib’ keine waͤchſerne Naſ’ angeſezt werden, wie der Juriſterey, die man drehen koͤnnt’ wie man will. Wenn ieder wer Luſt hat am

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Zitationshilfe: Musäus, Johann Karl August: Physiognomische Reisen. Bd. 1, 2. Aufl. Altenburg, 1779, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/musaeus_reisen01_1779/116>, abgerufen am 22.11.2024.