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Muralt, Johann von: Eydgnössischer Lust-Garte. Zürich, 1715.

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Fürnemste Geschlächt der Gewächsen.
erwachsen wäre; so wenig er das auf keimende
erkennen wird/ wann er nur dasselb in seinem
vollkommenen Wachsthum gesehen/ da es gäntz-
lich außgewachsen war/ zumalen dessen Gestalt
anderst ist im auf keimen/ anderst wann es voll-
kommen außgewachsen.

Es verheisset zwarn der Englische Professor
Robertus Morison
in seinen Praeludiis botaniois
(Vorspielen der Kräutlerey) den Lehr-begierigen
Ahrtforscheren eine neue und leichtere Ordnung
die Ahrten der Gewächsen nach ihrer Verwand-
schafft und Gleichheit einzurichten; und verwirfft
anbey die Ordnung/ welche unser Bauhinus in
Beschreibung der Gewächsen gehalten/ und ta-
delt sie/ als ob die so wol unter Benennung
als in der Einrichtung der Pflantze irrig stehen/
indem er die Gewächse nach dem ausseren An-
blicke oder nach der Gleichgestaltung (Confor-
mitet
) der Blätteren benennet/ an denen die ei-
nen den anderen gleich; da doch die Blätter (in
Betrachtung ihrer Gestalt) nur zufälliger Weise
zur Bezeichnung der Gattungen der Gewächsen
dienen/ nichts wesenliches aber beytragen/ ein
Kennzeichen deren Geschlechts-Arth zugeben/ und
so habe es gleiche Bewandnuß mit den Wur-
zeln/ Fäseren/ Stänglen und übrigen Theilen.

Es vermeinet aber dieser gelehrter Mann/
man müsse das Wesen der Gewächsen (dardurch
deren jedes in seine gewüsse Ordnung einzuthei-
len) auß der Gestalt der Blumen und auß der
Gleichheit des Saamens erkennen.

Nun
E

Fuͤrnemſte Geſchlaͤcht der Gewaͤchſen.
erwachſen waͤre; ſo wenig er das auf keimende
erkennen wird/ wann er nur daſſelb in ſeinem
vollkommenen Wachsthum geſehen/ da es gaͤntz-
lich außgewachſen war/ zumalen deſſen Geſtalt
anderſt iſt im auf keimen/ anderſt wann es voll-
kommen außgewachſen.

Es verheiſſet zwarn der Engliſche Profeſſor
Robertus Moriſon
in ſeinen Præludiis botaniois
(Vorſpielen der Kraͤutlerey) den Lehr-begierigen
Ahrtforſcheren eine neue und leichtere Ordnung
die Ahrten der Gewaͤchſen nach ihrer Verwand-
ſchafft und Gleichheit einzurichten; und verwirfft
anbey die Ordnung/ welche unſer Bauhinus in
Beſchreibung der Gewaͤchſen gehalten/ und ta-
delt ſie/ als ob die ſo wol unter Benennung
als in der Einrichtung der Pflantze irꝛig ſtehen/
indem er die Gewaͤchſe nach dem auſſeren An-
blicke oder nach der Gleichgeſtaltung (Confor-
mitet
) der Blaͤtteren benennet/ an denen die ei-
nen den anderen gleich; da doch die Blaͤtter (in
Betrachtung ihrer Geſtalt) nur zufaͤlliger Weiſe
zur Bezeichnung der Gattungen der Gewaͤchſen
dienen/ nichts weſenliches aber beytragen/ ein
Kennzeichen deren Geſchlechts-Arth zugeben/ und
ſo habe es gleiche Bewandnuß mit den Wur-
zeln/ Faͤſeren/ Staͤnglen und uͤbrigen Theilen.

Es vermeinet aber dieſer gelehrter Mann/
man muͤſſe das Weſen der Gewaͤchſen (dardurch
deren jedes in ſeine gewuͤſſe Ordnung einzuthei-
len) auß der Geſtalt der Blumen und auß der
Gleichheit des Saamens erkennen.

Nun
E
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[65/0097] Fuͤrnemſte Geſchlaͤcht der Gewaͤchſen. erwachſen waͤre; ſo wenig er das auf keimende erkennen wird/ wann er nur daſſelb in ſeinem vollkommenen Wachsthum geſehen/ da es gaͤntz- lich außgewachſen war/ zumalen deſſen Geſtalt anderſt iſt im auf keimen/ anderſt wann es voll- kommen außgewachſen. Es verheiſſet zwarn der Engliſche Profeſſor Robertus Moriſon in ſeinen Præludiis botaniois (Vorſpielen der Kraͤutlerey) den Lehr-begierigen Ahrtforſcheren eine neue und leichtere Ordnung die Ahrten der Gewaͤchſen nach ihrer Verwand- ſchafft und Gleichheit einzurichten; und verwirfft anbey die Ordnung/ welche unſer Bauhinus in Beſchreibung der Gewaͤchſen gehalten/ und ta- delt ſie/ als ob die ſo wol unter Benennung als in der Einrichtung der Pflantze irꝛig ſtehen/ indem er die Gewaͤchſe nach dem auſſeren An- blicke oder nach der Gleichgeſtaltung (Confor- mitet) der Blaͤtteren benennet/ an denen die ei- nen den anderen gleich; da doch die Blaͤtter (in Betrachtung ihrer Geſtalt) nur zufaͤlliger Weiſe zur Bezeichnung der Gattungen der Gewaͤchſen dienen/ nichts weſenliches aber beytragen/ ein Kennzeichen deren Geſchlechts-Arth zugeben/ und ſo habe es gleiche Bewandnuß mit den Wur- zeln/ Faͤſeren/ Staͤnglen und uͤbrigen Theilen. Es vermeinet aber dieſer gelehrter Mann/ man muͤſſe das Weſen der Gewaͤchſen (dardurch deren jedes in ſeine gewuͤſſe Ordnung einzuthei- len) auß der Geſtalt der Blumen und auß der Gleichheit des Saamens erkennen. Nun E

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Zitationshilfe: Muralt, Johann von: Eydgnössischer Lust-Garte. Zürich, 1715, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muralt_lustgarte_1715/97>, abgerufen am 08.05.2024.