Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Muralt, Johann von: Eydgnössischer Lust-Garte. Zürich, 1715.

Bild:
<< vorherige Seite

Von den übrigen Kräuter-Geschmäcken.
Kastanien/ Galläpfflen/ Eichlen/ Granatschelf-
fen/ und viel hundert andere Gattungen mehr.

Der saur Geschmack in den Gewächsen entste-
het von viereckichten/ Keil-förmigen Theilchen der-
selben/ der harb aber von denen Kamm-Strehl-
oder Geere gleichenden Theilchen; da der roh Ge-
schmack der Pflantzen entspringet von denen
stumpff-eckichten Spitzen/ die die hollen Gänge
und Schweißlöchlein (poros) leicht verstopffen.

Die Mittelgeschmäcke haben beydes von dem
warm und kalten Geschmack in sich/ als da ist der
Ungeschmack/ der Fettgeschmack und das Süß.
Diese behalten das Mittel/ nicht/ daß sie weder
von Kälte noch von Wärme was in sich haben/
sonder daß sie beyderley/ Wärme und Kälte in sich
haben/ so daß je eins das ander in der Mischung
miltere/ und der Zungen und dem Geblüte so
mittheilet/ daß sie weder zu sehr gekület noch zu
starck erhitzet werden.

Der Ungeschmack ist auf der Zungen weder süß
noch bitter/ weder saur noch reß/ weder harb noch
roh/ und wird in dem lauteren Wasser und wäs-
serigen Früchten/ wie an Pfeben und Kürbsen
verspüret. Es ist/ als ob der Geschmak were ent-
zogen worden/ und wird in der Vermischung mit
anderen feuchten Dingen nicht vermerket/ noch
darinn erkennet/ dann es nimmet weder saures
noch gesaltzes an sich/ aussert wann sich die Theile
des Vermischten von einander scheiden/ so lasser
sich dann dieser Geschmak empfindlich spüren.

Die ungeschmackten Dinge haben die Wür-

kung/

Von den uͤbrigen Kraͤuter-Geſchmaͤcken.
Kaſtanien/ Gallaͤpfflen/ Eichlen/ Granatſchelf-
fen/ und viel hundert andere Gattungen mehr.

Der ſaur Geſchmack in den Gewaͤchſen entſte-
het von viereckichten/ Keil-foͤrmigen Theilchen der-
ſelben/ der harb aber von denen Kamm-Strehl-
oder Geere gleichenden Theilchen; da der roh Ge-
ſchmack der Pflantzen entſpringet von denen
ſtumpff-eckichten Spitzen/ die die hollen Gaͤnge
und Schweißloͤchlein (poros) leicht verſtopffen.

Die Mittelgeſchmaͤcke haben beydes von dem
warm und kalten Geſchmack in ſich/ als da iſt der
Ungeſchmack/ der Fettgeſchmack und das Suͤß.
Dieſe behalten das Mittel/ nicht/ daß ſie weder
von Kaͤlte noch von Waͤrme was in ſich haben/
ſonder daß ſie beyderley/ Waͤrme und Kaͤlte in ſich
haben/ ſo daß je eins das ander in der Miſchung
miltere/ und der Zungen und dem Gebluͤte ſo
mittheilet/ daß ſie weder zu ſehr gekuͤlet noch zu
ſtarck erhitzet werden.

Der Ungeſchmack iſt auf der Zungen weder ſuͤß
noch bitter/ weder ſaur noch reß/ weder harb noch
roh/ und wird in dem lauteren Waſſer und waͤſ-
ſerigen Fruͤchten/ wie an Pfeben und Kuͤrbſen
verſpuͤret. Es iſt/ als ob der Geſchmak were ent-
zogen worden/ und wird in der Vermiſchung mit
anderen feuchten Dingen nicht vermerket/ noch
darinn erkennet/ dann es nimmet weder ſaures
noch geſaltzes an ſich/ auſſert wann ſich die Theile
des Vermiſchten von einander ſcheiden/ ſo laſſer
ſich dann dieſer Geſchmak empfindlich ſpuͤren.

Die ungeſchmackten Dinge haben die Wuͤr-

kung/
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0061" n="29"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von den u&#x0364;brigen Kra&#x0364;uter-Ge&#x017F;chma&#x0364;cken.</hi></fw><lb/>
Ka&#x017F;tanien/ Galla&#x0364;pfflen/ Eichlen/ Granat&#x017F;chelf-<lb/>
fen/ und viel hundert andere Gattungen mehr.</p><lb/>
        <p>Der &#x017F;aur Ge&#x017F;chmack in den Gewa&#x0364;ch&#x017F;en ent&#x017F;te-<lb/>
het von viereckichten/ Keil-fo&#x0364;rmigen Theilchen der-<lb/>
&#x017F;elben/ der harb aber von denen Kamm-Strehl-<lb/>
oder Geere gleichenden Theilchen; da der roh Ge-<lb/>
&#x017F;chmack der Pflantzen ent&#x017F;pringet von denen<lb/>
&#x017F;tumpff-eckichten Spitzen/ die die hollen Ga&#x0364;nge<lb/>
und Schweißlo&#x0364;chlein (<hi rendition="#aq">poros</hi>) leicht ver&#x017F;topffen.</p><lb/>
        <p>Die Mittelge&#x017F;chma&#x0364;cke haben beydes von dem<lb/>
warm und kalten Ge&#x017F;chmack in &#x017F;ich/ als da i&#x017F;t der<lb/>
Unge&#x017F;chmack/ der Fettge&#x017F;chmack und das Su&#x0364;ß.<lb/>
Die&#x017F;e behalten das Mittel/ nicht/ daß &#x017F;ie weder<lb/>
von Ka&#x0364;lte noch von Wa&#x0364;rme was in &#x017F;ich haben/<lb/>
&#x017F;onder daß &#x017F;ie beyderley/ Wa&#x0364;rme und Ka&#x0364;lte in &#x017F;ich<lb/>
haben/ &#x017F;o daß je eins das ander in der Mi&#x017F;chung<lb/>
miltere/ und der Zungen und dem Geblu&#x0364;te &#x017F;o<lb/>
mittheilet/ daß &#x017F;ie weder zu &#x017F;ehr geku&#x0364;let noch zu<lb/>
&#x017F;tarck erhitzet werden.</p><lb/>
        <p>Der Unge&#x017F;chmack i&#x017F;t auf der Zungen weder &#x017F;u&#x0364;ß<lb/>
noch bitter/ weder &#x017F;aur noch reß/ weder harb noch<lb/>
roh/ und wird in dem lauteren Wa&#x017F;&#x017F;er und wa&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;erigen Fru&#x0364;chten/ wie an Pfeben und Ku&#x0364;rb&#x017F;en<lb/>
ver&#x017F;pu&#x0364;ret. Es i&#x017F;t/ als ob der Ge&#x017F;chmak were ent-<lb/>
zogen worden/ und wird in der Vermi&#x017F;chung mit<lb/>
anderen feuchten Dingen nicht vermerket/ noch<lb/>
darinn erkennet/ dann es nimmet weder &#x017F;aures<lb/>
noch ge&#x017F;altzes an &#x017F;ich/ au&#x017F;&#x017F;ert wann &#x017F;ich die Theile<lb/>
des Vermi&#x017F;chten von einander &#x017F;cheiden/ &#x017F;o la&#x017F;&#x017F;er<lb/>
&#x017F;ich dann die&#x017F;er Ge&#x017F;chmak empfindlich &#x017F;pu&#x0364;ren.</p><lb/>
        <p>Die unge&#x017F;chmackten Dinge haben die Wu&#x0364;r-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">kung/</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[29/0061] Von den uͤbrigen Kraͤuter-Geſchmaͤcken. Kaſtanien/ Gallaͤpfflen/ Eichlen/ Granatſchelf- fen/ und viel hundert andere Gattungen mehr. Der ſaur Geſchmack in den Gewaͤchſen entſte- het von viereckichten/ Keil-foͤrmigen Theilchen der- ſelben/ der harb aber von denen Kamm-Strehl- oder Geere gleichenden Theilchen; da der roh Ge- ſchmack der Pflantzen entſpringet von denen ſtumpff-eckichten Spitzen/ die die hollen Gaͤnge und Schweißloͤchlein (poros) leicht verſtopffen. Die Mittelgeſchmaͤcke haben beydes von dem warm und kalten Geſchmack in ſich/ als da iſt der Ungeſchmack/ der Fettgeſchmack und das Suͤß. Dieſe behalten das Mittel/ nicht/ daß ſie weder von Kaͤlte noch von Waͤrme was in ſich haben/ ſonder daß ſie beyderley/ Waͤrme und Kaͤlte in ſich haben/ ſo daß je eins das ander in der Miſchung miltere/ und der Zungen und dem Gebluͤte ſo mittheilet/ daß ſie weder zu ſehr gekuͤlet noch zu ſtarck erhitzet werden. Der Ungeſchmack iſt auf der Zungen weder ſuͤß noch bitter/ weder ſaur noch reß/ weder harb noch roh/ und wird in dem lauteren Waſſer und waͤſ- ſerigen Fruͤchten/ wie an Pfeben und Kuͤrbſen verſpuͤret. Es iſt/ als ob der Geſchmak were ent- zogen worden/ und wird in der Vermiſchung mit anderen feuchten Dingen nicht vermerket/ noch darinn erkennet/ dann es nimmet weder ſaures noch geſaltzes an ſich/ auſſert wann ſich die Theile des Vermiſchten von einander ſcheiden/ ſo laſſer ſich dann dieſer Geſchmak empfindlich ſpuͤren. Die ungeſchmackten Dinge haben die Wuͤr- kung/

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/muralt_lustgarte_1715
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/muralt_lustgarte_1715/61
Zitationshilfe: Muralt, Johann von: Eydgnössischer Lust-Garte. Zürich, 1715, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muralt_lustgarte_1715/61>, abgerufen am 08.05.2024.