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Muralt, Johann von: Eydgnössischer Lust-Garte. Zürich, 1715.

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Von den Kräuteren im Meyen.
Frucht decket eine Nußdancke oder Schale/ darinn
die Nuß wie in einem Kelche und Pfulwen liget/
und der anrührenden Händen anschwärtzet. Un-
ter dieser Nußtancke folget die höltzerne gerunzelte
Schale/ welche sich in zwey Theile öffnen lasset/
in deren jedem ein Nußkerne/ der mit einer bleich-
gelben Haut überdecket/ und sich schier in vier zer-
theilen lasset.

Dieser Baum ist bekant/ daß man den aller
Orthen sehen kan.

Die Schärffe seines Geruchs schadet dem
Haubt/ er hat einen zusammenziehenden Geschmack/
einen subtilen Geist/ erwecket den Husten/ scha-
det dem Magen/ verursachet Flüsse und Erbre-
chen/ jedoch sind die grünen Nussen minder schäd-
lich/ geben wenig Nahrung. Mit den Nußschel-
fen färbet man die Wollen und machet die Haare
gelbroth/ wann der Nußkerne zuvor darauß ist.
Es scheinet/ es tragen der Nußbaum und Eich-
baum gegen einanderen eine natürliche Feind-
schafft/ indem (wie Gamerarius angemercket) kei-
ner den anderen um sich leiden kan Samlet man
die Mittelrinden des Nußbaums (sonderlich wan
derselbe in dem Safft ist) dörret und zerstosset die
zu Pulfer und nimmet das eyn/ so fürderet es ein
Erbrechen. Diese Würckung haben die Nußkätz-
lein noch um etwas sänffter. Wann die unzeitigen
Nussen/ so mit den Schelffen (Tancken) einge-
machet und nach dem Essen genossen werden/ stär-
ken sie den Magen trefflich/ und ziehen den oberen
Magenschlund zusammen/ helffen der Däuung
auf; dann die Nußschelffen haben etwas Vitrioli-

schen
M 4

Von den Kraͤuteren im Meyen.
Frucht decket eine Nußdancke oder Schale/ dariñ
die Nuß wie in einem Kelche und Pfulwen liget/
und der anruͤhrenden Haͤnden anſchwaͤrtzet. Un-
ter dieſer Nußtancke folget die hoͤltzerne gerunzelte
Schale/ welche ſich in zwey Theile oͤffnen laſſet/
in deren jedem ein Nußkerne/ der mit einer bleich-
gelben Haut uͤberdecket/ und ſich ſchier in vier zer-
theilen laſſet.

Dieſer Baum iſt bekant/ daß man den aller
Orthen ſehen kan.

Die Schaͤrffe ſeines Geruchs ſchadet dem
Haubt/ er hat einen zuſam̃enziehenden Geſchmack/
einen ſubtilen Geiſt/ erwecket den Huſten/ ſcha-
det dem Magen/ verurſachet Fluͤſſe und Erbre-
chen/ jedoch ſind die gruͤnen Nuſſen minder ſchaͤd-
lich/ geben wenig Nahrung. Mit den Nußſchel-
fen faͤrbet man die Wollen und machet die Haare
gelbroth/ wann der Nußkerne zuvor darauß iſt.
Es ſcheinet/ es tragen der Nußbaum und Eich-
baum gegen einanderen eine natuͤrliche Feind-
ſchafft/ indem (wie Gamerarius angemercket) kei-
ner den anderen um ſich leiden kan Samlet man
die Mittelrinden des Nußbaums (ſonderlich wan
derſelbe in dem Safft iſt) doͤrꝛet und zerſtoſſet die
zu Pulfer und nimmet das eyn/ ſo fuͤrderet es ein
Erbrechen. Dieſe Wuͤrckung haben die Nußkaͤtz-
lein noch um etwas ſaͤnffter. Wann die unzeitigen
Nuſſen/ ſo mit den Schelffen (Tancken) einge-
machet und nach dem Eſſen genoſſen werden/ ſtaͤr-
ken ſie den Magen trefflich/ und ziehen den oberen
Magenſchlund zuſammen/ helffen der Daͤuung
auf; dann die Nußſchelffen haben etwas Vitrioli-

ſchen
M 4
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[183/0215] Von den Kraͤuteren im Meyen. Frucht decket eine Nußdancke oder Schale/ dariñ die Nuß wie in einem Kelche und Pfulwen liget/ und der anruͤhrenden Haͤnden anſchwaͤrtzet. Un- ter dieſer Nußtancke folget die hoͤltzerne gerunzelte Schale/ welche ſich in zwey Theile oͤffnen laſſet/ in deren jedem ein Nußkerne/ der mit einer bleich- gelben Haut uͤberdecket/ und ſich ſchier in vier zer- theilen laſſet. Dieſer Baum iſt bekant/ daß man den aller Orthen ſehen kan. Die Schaͤrffe ſeines Geruchs ſchadet dem Haubt/ er hat einen zuſam̃enziehenden Geſchmack/ einen ſubtilen Geiſt/ erwecket den Huſten/ ſcha- det dem Magen/ verurſachet Fluͤſſe und Erbre- chen/ jedoch ſind die gruͤnen Nuſſen minder ſchaͤd- lich/ geben wenig Nahrung. Mit den Nußſchel- fen faͤrbet man die Wollen und machet die Haare gelbroth/ wann der Nußkerne zuvor darauß iſt. Es ſcheinet/ es tragen der Nußbaum und Eich- baum gegen einanderen eine natuͤrliche Feind- ſchafft/ indem (wie Gamerarius angemercket) kei- ner den anderen um ſich leiden kan Samlet man die Mittelrinden des Nußbaums (ſonderlich wan derſelbe in dem Safft iſt) doͤrꝛet und zerſtoſſet die zu Pulfer und nimmet das eyn/ ſo fuͤrderet es ein Erbrechen. Dieſe Wuͤrckung haben die Nußkaͤtz- lein noch um etwas ſaͤnffter. Wann die unzeitigen Nuſſen/ ſo mit den Schelffen (Tancken) einge- machet und nach dem Eſſen genoſſen werden/ ſtaͤr- ken ſie den Magen trefflich/ und ziehen den oberen Magenſchlund zuſammen/ helffen der Daͤuung auf; dann die Nußſchelffen haben etwas Vitrioli- ſchen M 4

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Zitationshilfe: Muralt, Johann von: Eydgnössischer Lust-Garte. Zürich, 1715, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muralt_lustgarte_1715/215>, abgerufen am 09.05.2024.