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Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898.

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und Monatsschriften vertreten. Dieselben verfolgen als
Hauptzweck, zunächst der Gemeinde zu dienen. Ihr
Inhalt, derjenige der Wochenschriften fast ausschließlich,
ist darum wesentlich erbaulich. Es ist schon davon die
Rede gewesen, in welchem Maße die Gemeindeglieder
der fortwährenden Erbauung benötigt sind, und da thut
denn das "Sonntagsblatt" auch ganz treffliche Dienste
dabei. Mir ist neulich von einem deutschen Laien ge-
sagt worden, die kirchlichen Wochenschriften seien nur
dazu da, um gehalten zu werden, -- da man der Bitte
des Pfarrers oder Agenten anstandshalber nicht gut
ausweichen könne -- nicht aber, um gelesen zu werden.
Von Japan gilt diese Bemerkung jedenfalls nicht. Es
ist leicht erkennbar, daß von der religiösen Presse ein
starker Einfluß auf die eifrig lesenden Christen ausgeht.

Aber dieser Einfluß greift auch hinüber auf nicht-
christliche Kreise und zwar kommt hier besonders die
etwas schwere Speise der wissenschaftlich gehaltenen
Monatsschriften in Betracht 1). Die buddhistischen, shin-

1) Zu diesen gehört auch die von der deutsch-schweizerischen
Mission herausgegebene Monatsschrift "Shinri" d. i. "die Wahr-
heit", von welcher die hundertste Nummer neulich erschienen ist.
Es ist keine leichte Arbeit für ein paar deutsche Missionare und
japanische Pastoren, allmonatlich bei allem andern noch fünfzig
Seiten zu schreiben. Aber die Mühe wird überreich belohnt.
Denn Shinri erfreut sich einer hervorragenden Wertschätzung.
Die Zeitschrift ist theologisch-apologetisch. Diesem ihrem Charakter
gemäß ist sie vorzüglich für japanische Geistliche und gebildete
Laien bestimmt. Wie bei allen christlichen Zeitschriften, so ist auch
die Zahl ihrer Abonnenten eine beschränkte; es giebt kaum eine
christliche Zeitschrift, welche mehr als hundert feste Abonnenten
besitzt, und wie überall, so findet auch bei Shinri der Haupt-
vertrieb im Einzelverkauf statt. Der theologische Standpunkt
ist der eines undogmatischen Bibelchristentums, welches in der
Vaterliebe Gottes zu seinen sündigen Kindern den Kern der

und Monatsſchriften vertreten. Dieſelben verfolgen als
Hauptzweck, zunächſt der Gemeinde zu dienen. Ihr
Inhalt, derjenige der Wochenſchriften faſt ausſchließlich,
iſt darum weſentlich erbaulich. Es iſt ſchon davon die
Rede geweſen, in welchem Maße die Gemeindeglieder
der fortwährenden Erbauung benötigt ſind, und da thut
denn das „Sonntagsblatt“ auch ganz treffliche Dienſte
dabei. Mir iſt neulich von einem deutſchen Laien ge-
ſagt worden, die kirchlichen Wochenſchriften ſeien nur
dazu da, um gehalten zu werden, — da man der Bitte
des Pfarrers oder Agenten anſtandshalber nicht gut
ausweichen könne — nicht aber, um geleſen zu werden.
Von Japan gilt dieſe Bemerkung jedenfalls nicht. Es
iſt leicht erkennbar, daß von der religiöſen Preſſe ein
ſtarker Einfluß auf die eifrig leſenden Chriſten ausgeht.

Aber dieſer Einfluß greift auch hinüber auf nicht-
chriſtliche Kreiſe und zwar kommt hier beſonders die
etwas ſchwere Speiſe der wiſſenſchaftlich gehaltenen
Monatsſchriften in Betracht 1). Die buddhiſtiſchen, ſhin-

1) Zu dieſen gehört auch die von der deutſch-ſchweizeriſchen
Miſſion herausgegebene Monatsſchrift „Shinri“ d. i. „die Wahr-
heit“, von welcher die hundertſte Nummer neulich erſchienen iſt.
Es iſt keine leichte Arbeit für ein paar deutſche Miſſionare und
japaniſche Paſtoren, allmonatlich bei allem andern noch fünfzig
Seiten zu ſchreiben. Aber die Mühe wird überreich belohnt.
Denn Shinri erfreut ſich einer hervorragenden Wertſchätzung.
Die Zeitſchrift iſt theologiſch-apologetiſch. Dieſem ihrem Charakter
gemäß iſt ſie vorzüglich für japaniſche Geiſtliche und gebildete
Laien beſtimmt. Wie bei allen chriſtlichen Zeitſchriften, ſo iſt auch
die Zahl ihrer Abonnenten eine beſchränkte; es giebt kaum eine
chriſtliche Zeitſchrift, welche mehr als hundert feſte Abonnenten
beſitzt, und wie überall, ſo findet auch bei Shinri der Haupt-
vertrieb im Einzelverkauf ſtatt. Der theologiſche Standpunkt
iſt der eines undogmatiſchen Bibelchriſtentums, welches in der
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[404/0418] und Monatsſchriften vertreten. Dieſelben verfolgen als Hauptzweck, zunächſt der Gemeinde zu dienen. Ihr Inhalt, derjenige der Wochenſchriften faſt ausſchließlich, iſt darum weſentlich erbaulich. Es iſt ſchon davon die Rede geweſen, in welchem Maße die Gemeindeglieder der fortwährenden Erbauung benötigt ſind, und da thut denn das „Sonntagsblatt“ auch ganz treffliche Dienſte dabei. Mir iſt neulich von einem deutſchen Laien ge- ſagt worden, die kirchlichen Wochenſchriften ſeien nur dazu da, um gehalten zu werden, — da man der Bitte des Pfarrers oder Agenten anſtandshalber nicht gut ausweichen könne — nicht aber, um geleſen zu werden. Von Japan gilt dieſe Bemerkung jedenfalls nicht. Es iſt leicht erkennbar, daß von der religiöſen Preſſe ein ſtarker Einfluß auf die eifrig leſenden Chriſten ausgeht. Aber dieſer Einfluß greift auch hinüber auf nicht- chriſtliche Kreiſe und zwar kommt hier beſonders die etwas ſchwere Speiſe der wiſſenſchaftlich gehaltenen Monatsſchriften in Betracht 1). Die buddhiſtiſchen, ſhin- 1) Zu dieſen gehört auch die von der deutſch-ſchweizeriſchen Miſſion herausgegebene Monatsſchrift „Shinri“ d. i. „die Wahr- heit“, von welcher die hundertſte Nummer neulich erſchienen iſt. Es iſt keine leichte Arbeit für ein paar deutſche Miſſionare und japaniſche Paſtoren, allmonatlich bei allem andern noch fünfzig Seiten zu ſchreiben. Aber die Mühe wird überreich belohnt. Denn Shinri erfreut ſich einer hervorragenden Wertſchätzung. Die Zeitſchrift iſt theologiſch-apologetiſch. Dieſem ihrem Charakter gemäß iſt ſie vorzüglich für japaniſche Geiſtliche und gebildete Laien beſtimmt. Wie bei allen chriſtlichen Zeitſchriften, ſo iſt auch die Zahl ihrer Abonnenten eine beſchränkte; es giebt kaum eine chriſtliche Zeitſchrift, welche mehr als hundert feſte Abonnenten beſitzt, und wie überall, ſo findet auch bei Shinri der Haupt- vertrieb im Einzelverkauf ſtatt. Der theologiſche Standpunkt iſt der eines undogmatiſchen Bibelchriſtentums, welches in der Vaterliebe Gottes zu ſeinen ſündigen Kindern den Kern der

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Zitationshilfe: Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898, S. 404. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/munzinger_japaner_1898/418>, abgerufen am 24.11.2024.