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Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898.

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kommt, daß auf dem Missionsfelde alles ideal sein müsse,
der vielmehr auch die ungeheuren Schwierigkeiten zu
schätzen weiß, unter denen man dort arbeitet, so wan-
delte mich auch nicht entfernt ein Bedenken an, ihm
unseren ganzen Missionsbetrieb, auch mit seinen schwa-
chen Punkten und dunkeln Ecken, voll zu erschließen.
Ich führte ihn unter anderem auch in unsere Armen-
schule, die damals allerdings noch ein viel bescheideneres
Aussehen hatte als heute. Als wir wieder heraustraten,
äußerte sich der Herr ganz entzückt über unsere Lehrerin,
die zugleich auch Organistin unserer Hongokirche ist.
"Bei der fühlt man sich ja förmlich angeweht vom
Hauche des Christentums, der von ihr ausgeht. Sie
sieht ja ganz anders aus als andere Japanerinnen;
man merkt gleich: Sie ist eine Jüngerin Jesu". Für
den Wortlaut verbürge ich mich nicht, da ich mich nicht
gern Lügen strafen lasse; aber weniger enthusiastisch
waren seine Auslassungen nicht. Und in der That,
bei diesem Urteile wenigstens hatte er das Richtige ge-
troffen. Die er hier vor sich hatte, ist eine christliche
Persönlichkeit, die sich in einem Zeitraum von annähernd
einem Jahrzehnt vorzüglich bewährt hat. Die Mit-
glieder unserer Mission sind die einzigen nicht, die
große Stücke auf sie halten. --

Und nun die Kehrseite in den mannigfachen großen
Enttäuschungen, die keinem erspart bleiben.

Der junge Doktor, von dem ich vorhin erzählte,
hatte einen Freund. Derselbe saß auf dem Gymnasium
in jeder Klasse mit ihm zusammen, und wenn er auch
schwächer beanlagt war, so rückten sie doch immer zu-
sammen vor und bezogen schließlich gleichzeitig die Uni-
versität. Auch er war frühe getauft worden, und daß
es ihm mit seinem Christentum Ernst war, daran habe

kommt, daß auf dem Miſſionsfelde alles ideal ſein müſſe,
der vielmehr auch die ungeheuren Schwierigkeiten zu
ſchätzen weiß, unter denen man dort arbeitet, ſo wan-
delte mich auch nicht entfernt ein Bedenken an, ihm
unſeren ganzen Miſſionsbetrieb, auch mit ſeinen ſchwa-
chen Punkten und dunkeln Ecken, voll zu erſchließen.
Ich führte ihn unter anderem auch in unſere Armen-
ſchule, die damals allerdings noch ein viel beſcheideneres
Ausſehen hatte als heute. Als wir wieder heraustraten,
äußerte ſich der Herr ganz entzückt über unſere Lehrerin,
die zugleich auch Organiſtin unſerer Hongokirche iſt.
„Bei der fühlt man ſich ja förmlich angeweht vom
Hauche des Chriſtentums, der von ihr ausgeht. Sie
ſieht ja ganz anders aus als andere Japanerinnen;
man merkt gleich: Sie iſt eine Jüngerin Jeſu“. Für
den Wortlaut verbürge ich mich nicht, da ich mich nicht
gern Lügen ſtrafen laſſe; aber weniger enthuſiaſtiſch
waren ſeine Auslaſſungen nicht. Und in der That,
bei dieſem Urteile wenigſtens hatte er das Richtige ge-
troffen. Die er hier vor ſich hatte, iſt eine chriſtliche
Perſönlichkeit, die ſich in einem Zeitraum von annähernd
einem Jahrzehnt vorzüglich bewährt hat. Die Mit-
glieder unſerer Miſſion ſind die einzigen nicht, die
große Stücke auf ſie halten. —

Und nun die Kehrſeite in den mannigfachen großen
Enttäuſchungen, die keinem erſpart bleiben.

Der junge Doktor, von dem ich vorhin erzählte,
hatte einen Freund. Derſelbe ſaß auf dem Gymnaſium
in jeder Klaſſe mit ihm zuſammen, und wenn er auch
ſchwächer beanlagt war, ſo rückten ſie doch immer zu-
ſammen vor und bezogen ſchließlich gleichzeitig die Uni-
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[347/0361] kommt, daß auf dem Miſſionsfelde alles ideal ſein müſſe, der vielmehr auch die ungeheuren Schwierigkeiten zu ſchätzen weiß, unter denen man dort arbeitet, ſo wan- delte mich auch nicht entfernt ein Bedenken an, ihm unſeren ganzen Miſſionsbetrieb, auch mit ſeinen ſchwa- chen Punkten und dunkeln Ecken, voll zu erſchließen. Ich führte ihn unter anderem auch in unſere Armen- ſchule, die damals allerdings noch ein viel beſcheideneres Ausſehen hatte als heute. Als wir wieder heraustraten, äußerte ſich der Herr ganz entzückt über unſere Lehrerin, die zugleich auch Organiſtin unſerer Hongokirche iſt. „Bei der fühlt man ſich ja förmlich angeweht vom Hauche des Chriſtentums, der von ihr ausgeht. Sie ſieht ja ganz anders aus als andere Japanerinnen; man merkt gleich: Sie iſt eine Jüngerin Jeſu“. Für den Wortlaut verbürge ich mich nicht, da ich mich nicht gern Lügen ſtrafen laſſe; aber weniger enthuſiaſtiſch waren ſeine Auslaſſungen nicht. Und in der That, bei dieſem Urteile wenigſtens hatte er das Richtige ge- troffen. Die er hier vor ſich hatte, iſt eine chriſtliche Perſönlichkeit, die ſich in einem Zeitraum von annähernd einem Jahrzehnt vorzüglich bewährt hat. Die Mit- glieder unſerer Miſſion ſind die einzigen nicht, die große Stücke auf ſie halten. — Und nun die Kehrſeite in den mannigfachen großen Enttäuſchungen, die keinem erſpart bleiben. Der junge Doktor, von dem ich vorhin erzählte, hatte einen Freund. Derſelbe ſaß auf dem Gymnaſium in jeder Klaſſe mit ihm zuſammen, und wenn er auch ſchwächer beanlagt war, ſo rückten ſie doch immer zu- ſammen vor und bezogen ſchließlich gleichzeitig die Uni- verſität. Auch er war frühe getauft worden, und daß es ihm mit ſeinem Chriſtentum Ernſt war, daran habe

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Zitationshilfe: Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898, S. 347. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/munzinger_japaner_1898/361>, abgerufen am 22.11.2024.