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Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898.

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Einführung zu begünstigen". Die neuerliche Auslassung
Itos zeigt deutlich genug, wie tief ihm jene Erkenntnis
gegangen sein mag. Denn seine Äußerung klingt doch
etwas anders als die Worte Wilhelms I.: "Dem Volke
muß die Religion erhalten bleiben". Wenn aber das
am grünen Holz geschieht, was will am dürren werden?
Was kann bei solchen Vorbildern Gutes herauskommen?

Die Urteile Katos und Itos werden von allen
Gebildeten, soweit sie nicht dem Christentum anheim
gefallen sind, Wort für Wort unterschrieben. Wer aber
Itos etwas unklare Äußerung so verstehen wollte, als
ob das ganze Volk fast durchweg religionslos sei, wäre
übel beraten. Vielmehr ist die Volksseele niemals
willens gewesen und ist es heute noch nicht, sich mit
den philosophischen Brocken abspeisen zu lassen, die von
der Gebildeten Tischen fallen. Für sie sind das Steine
und jede Speise, die ihr die Religionen bieten, und
wäre sie auch nichts weiter als Träber, ist ihr lieber
als das. Der Kleinbürger, der Handwerker, der Bauer
und der Arbeiter und das ganze große Heer der Frauen
sind immer religiös gewesen bis zum heutigen Tag,
wenn sich auch ihre Religiosität entsprechend ihrer Ver-
anlagung und dem Gehalt ihrer Religionen dürftig
genug äußert.

Japan hat zwei Religionen, den Shintoismus und
den Buddhismus. Der Shintoismus ist die eigentlich
nationale Religion, der Buddhismus ist von außen
hereingetragen. Gleichwohl ist im Lauf der Zeit der
Buddhismus aufs innigste mit dem Volk verwachsen,
und wenn man den Japaner fragt, zu welcher Religion
er sich rechne, so wird die Antwort fast immer lauten:
"Ich bin Buddhist". Shintoismus und Buddhismus
haben sich schon im Lauf der Geschichte mannigfach

Einführung zu begünſtigen“. Die neuerliche Auslaſſung
Itos zeigt deutlich genug, wie tief ihm jene Erkenntnis
gegangen ſein mag. Denn ſeine Äußerung klingt doch
etwas anders als die Worte Wilhelms I.: „Dem Volke
muß die Religion erhalten bleiben“. Wenn aber das
am grünen Holz geſchieht, was will am dürren werden?
Was kann bei ſolchen Vorbildern Gutes herauskommen?

Die Urteile Katos und Itos werden von allen
Gebildeten, ſoweit ſie nicht dem Chriſtentum anheim
gefallen ſind, Wort für Wort unterſchrieben. Wer aber
Itos etwas unklare Äußerung ſo verſtehen wollte, als
ob das ganze Volk faſt durchweg religionslos ſei, wäre
übel beraten. Vielmehr iſt die Volksſeele niemals
willens geweſen und iſt es heute noch nicht, ſich mit
den philoſophiſchen Brocken abſpeiſen zu laſſen, die von
der Gebildeten Tiſchen fallen. Für ſie ſind das Steine
und jede Speiſe, die ihr die Religionen bieten, und
wäre ſie auch nichts weiter als Träber, iſt ihr lieber
als das. Der Kleinbürger, der Handwerker, der Bauer
und der Arbeiter und das ganze große Heer der Frauen
ſind immer religiös geweſen bis zum heutigen Tag,
wenn ſich auch ihre Religioſität entſprechend ihrer Ver-
anlagung und dem Gehalt ihrer Religionen dürftig
genug äußert.

Japan hat zwei Religionen, den Shintoismus und
den Buddhismus. Der Shintoismus iſt die eigentlich
nationale Religion, der Buddhismus iſt von außen
hereingetragen. Gleichwohl iſt im Lauf der Zeit der
Buddhismus aufs innigſte mit dem Volk verwachſen,
und wenn man den Japaner fragt, zu welcher Religion
er ſich rechne, ſo wird die Antwort faſt immer lauten:
„Ich bin Buddhiſt“. Shintoismus und Buddhismus
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[191/0205] Einführung zu begünſtigen“. Die neuerliche Auslaſſung Itos zeigt deutlich genug, wie tief ihm jene Erkenntnis gegangen ſein mag. Denn ſeine Äußerung klingt doch etwas anders als die Worte Wilhelms I.: „Dem Volke muß die Religion erhalten bleiben“. Wenn aber das am grünen Holz geſchieht, was will am dürren werden? Was kann bei ſolchen Vorbildern Gutes herauskommen? Die Urteile Katos und Itos werden von allen Gebildeten, ſoweit ſie nicht dem Chriſtentum anheim gefallen ſind, Wort für Wort unterſchrieben. Wer aber Itos etwas unklare Äußerung ſo verſtehen wollte, als ob das ganze Volk faſt durchweg religionslos ſei, wäre übel beraten. Vielmehr iſt die Volksſeele niemals willens geweſen und iſt es heute noch nicht, ſich mit den philoſophiſchen Brocken abſpeiſen zu laſſen, die von der Gebildeten Tiſchen fallen. Für ſie ſind das Steine und jede Speiſe, die ihr die Religionen bieten, und wäre ſie auch nichts weiter als Träber, iſt ihr lieber als das. Der Kleinbürger, der Handwerker, der Bauer und der Arbeiter und das ganze große Heer der Frauen ſind immer religiös geweſen bis zum heutigen Tag, wenn ſich auch ihre Religioſität entſprechend ihrer Ver- anlagung und dem Gehalt ihrer Religionen dürftig genug äußert. Japan hat zwei Religionen, den Shintoismus und den Buddhismus. Der Shintoismus iſt die eigentlich nationale Religion, der Buddhismus iſt von außen hereingetragen. Gleichwohl iſt im Lauf der Zeit der Buddhismus aufs innigſte mit dem Volk verwachſen, und wenn man den Japaner fragt, zu welcher Religion er ſich rechne, ſo wird die Antwort faſt immer lauten: „Ich bin Buddhiſt“. Shintoismus und Buddhismus haben ſich ſchon im Lauf der Geſchichte mannigfach

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Zitationshilfe: Munzinger, Carl: Die Japaner. Berlin, 1898, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/munzinger_japaner_1898/205>, abgerufen am 25.11.2024.