und Staatszweck zu erheben, und endlich jenem großen arithmetischen Auseinandersetzungs- und Isolirungs-Systeme des bürgerlichen Interesse entgegensetzen mögen -- werden von den Unwis- senden mit dem gemeinschaftlichen Nahmen Feu- dalismus bezeichnet: --
Es ist jetzt noch nicht darauf abgesehen, was weiter unten geschehen wird, allen staatswirth- schaftlichen Theorieen sammt und sonders, wegen ihrer Einseitigkeit, den Krieg zu erklären. Indeß Aufhebung aller persönlichen Dienstverhältnisse, Verwandlung derselben in Geldabgaben, Dismem- brationen u. s. w. --: das sind die populären Maßregeln des Jahrhunderts; sie sind auch nicht unrathsam, wenn niemand mehr zu dienen, noch zu herrschen versteht.
"Die Gesetze der Barbaren," sagt Montes- quieu, "waren durchaus persönliche." -- Die Verhältnisse unter den Personen waren das Erste und Wichtigste in den Augen des frischen jugend- lichen Geschlechtes, unter dessen Bothmäßigkeit das zu todtem Besitz erstarrte Weltreich der Rö- mer fiel: den gesammten Besitz des Grundeigen- thumes sahen die Völkerstämme vielmehr für ein Lehn, als für ein wirkliches, absolutes Eigen- thum an. Eine sehr nahe Verwandtschaft zwi- schen den Gesetzen der Israeliten und der Völker-
und Staatszweck zu erheben, und endlich jenem großen arithmetiſchen Auseinanderſetzungs- und Iſolirungs-Syſteme des buͤrgerlichen Intereſſe entgegenſetzen moͤgen — werden von den Unwiſ- ſenden mit dem gemeinſchaftlichen Nahmen Feu- dalismus bezeichnet: —
Es iſt jetzt noch nicht darauf abgeſehen, was weiter unten geſchehen wird, allen ſtaatswirth- ſchaftlichen Theorieen ſammt und ſonders, wegen ihrer Einſeitigkeit, den Krieg zu erklaͤren. Indeß Aufhebung aller perſoͤnlichen Dienſtverhaͤltniſſe, Verwandlung derſelben in Geldabgaben, Dismem- brationen u. ſ. w. —: das ſind die populaͤren Maßregeln des Jahrhunderts; ſie ſind auch nicht unrathſam, wenn niemand mehr zu dienen, noch zu herrſchen verſteht.
„Die Geſetze der Barbaren,“ ſagt Montes- quieu, „waren durchaus perſoͤnliche.“ — Die Verhaͤltniſſe unter den Perſonen waren das Erſte und Wichtigſte in den Augen des friſchen jugend- lichen Geſchlechtes, unter deſſen Bothmaͤßigkeit das zu todtem Beſitz erſtarrte Weltreich der Roͤ- mer fiel: den geſammten Beſitz des Grundeigen- thumes ſahen die Voͤlkerſtaͤmme vielmehr fuͤr ein Lehn, als fuͤr ein wirkliches, abſolutes Eigen- thum an. Eine ſehr nahe Verwandtſchaft zwi- ſchen den Geſetzen der Iſraeliten und der Voͤlker-
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und Staatszweck zu erheben, und endlich jenem
großen arithmetiſchen Auseinanderſetzungs- und
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entgegenſetzen moͤgen — werden von den Unwiſ-
ſenden mit dem gemeinſchaftlichen Nahmen Feu-
dalismus bezeichnet: —
Es iſt jetzt noch nicht darauf abgeſehen, was
weiter unten geſchehen wird, allen ſtaatswirth-
ſchaftlichen Theorieen ſammt und ſonders, wegen
ihrer Einſeitigkeit, den Krieg zu erklaͤren. Indeß
Aufhebung aller perſoͤnlichen Dienſtverhaͤltniſſe,
Verwandlung derſelben in Geldabgaben, Dismem-
brationen u. ſ. w. —: das ſind die populaͤren
Maßregeln des Jahrhunderts; ſie ſind auch nicht
unrathſam, wenn niemand mehr zu dienen, noch
zu herrſchen verſteht.
„Die Geſetze der Barbaren,“ ſagt Montes-
quieu, „waren durchaus perſoͤnliche.“ — Die
Verhaͤltniſſe unter den Perſonen waren das Erſte
und Wichtigſte in den Augen des friſchen jugend-
lichen Geſchlechtes, unter deſſen Bothmaͤßigkeit
das zu todtem Beſitz erſtarrte Weltreich der Roͤ-
mer fiel: den geſammten Beſitz des Grundeigen-
thumes ſahen die Voͤlkerſtaͤmme vielmehr fuͤr ein
Lehn, als fuͤr ein wirkliches, abſolutes Eigen-
thum an. Eine ſehr nahe Verwandtſchaft zwi-
ſchen den Geſetzen der Iſraeliten und der Voͤlker-
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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/86>, abgerufen am 23.11.2024.
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