Dingen enthält das höhere Verlangen, durch die Aneignung selbst zu dauern und sich gleich zu bleibrn. Kinder und jugendliche Völker vermi- schen das Persönliche und das Sächliche, die Eigenschaften des einen und des andern unauf- hörlich, was wir mit alternder Nüchternheit der Seele so weise zerlegen und von einander ab- strahiren; rüstiger und frischer betrachten sie alle Sachen wie Personen. Es muß sich also unter allen Sachen bald die Sache herausscheiden, welche von der Natur auf so geheimnißvolle Weise zubereitet und erzeugt wird, wie der Mensch selbst, und welche die Eigenschaften der Seltenheit, der Nachgiebigkeit, der Gleichförmig- keit, der Beweglichkeit, der Dauerhaftigkeit und der Schönheit, in denen allen sich das höchste Streben des Menschen ausdrückt, in einem so hohen Grade und auf so einfache Weise verei- nigt. -- In dem nothwendigen Streben des Menschen nach den edlen Metallen versteckte sich folglich alles das höhere Streben der menschlichen Natur. Indem eine Sache, nicht von unmit- telbarem, sondern von mittelbarem, vermitteln- dem Werthe, über alle andren unmittelbar brauch- baren Sachen zum König, zum Suverän, erho- ben wurde, zeigte der Mensch von Anfang an sein über alle Thiergeschlechter erhabenes Wesen;
Dingen enthaͤlt das hoͤhere Verlangen, durch die Aneignung ſelbſt zu dauern und ſich gleich zu bleibrn. Kinder und jugendliche Voͤlker vermi- ſchen das Perſoͤnliche und das Saͤchliche, die Eigenſchaften des einen und des andern unauf- hoͤrlich, was wir mit alternder Nuͤchternheit der Seele ſo weiſe zerlegen und von einander ab- ſtrahiren; ruͤſtiger und friſcher betrachten ſie alle Sachen wie Perſonen. Es muß ſich alſo unter allen Sachen bald die Sache herausſcheiden, welche von der Natur auf ſo geheimnißvolle Weiſe zubereitet und erzeugt wird, wie der Menſch ſelbſt, und welche die Eigenſchaften der Seltenheit, der Nachgiebigkeit, der Gleichfoͤrmig- keit, der Beweglichkeit, der Dauerhaftigkeit und der Schoͤnheit, in denen allen ſich das hoͤchſte Streben des Menſchen ausdruͤckt, in einem ſo hohen Grade und auf ſo einfache Weiſe verei- nigt. — In dem nothwendigen Streben des Menſchen nach den edlen Metallen verſteckte ſich folglich alles das hoͤhere Streben der menſchlichen Natur. Indem eine Sache, nicht von unmit- telbarem, ſondern von mittelbarem, vermitteln- dem Werthe, uͤber alle andren unmittelbar brauch- baren Sachen zum Koͤnig, zum Suveraͤn, erho- ben wurde, zeigte der Menſch von Anfang an ſein uͤber alle Thiergeſchlechter erhabenes Weſen;
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0277"n="269"/>
Dingen enthaͤlt das hoͤhere Verlangen, durch die<lb/>
Aneignung ſelbſt zu dauern und ſich gleich zu<lb/>
bleibrn. Kinder und jugendliche Voͤlker vermi-<lb/>ſchen das Perſoͤnliche und das Saͤchliche, die<lb/>
Eigenſchaften des einen und des andern unauf-<lb/>
hoͤrlich, was wir mit alternder Nuͤchternheit der<lb/>
Seele ſo weiſe zerlegen und von einander ab-<lb/>ſtrahiren; ruͤſtiger und friſcher betrachten ſie alle<lb/>
Sachen wie Perſonen. Es muß ſich alſo unter<lb/>
allen Sachen bald <hirendition="#g">die</hi> Sache herausſcheiden,<lb/>
welche von der Natur auf ſo geheimnißvolle<lb/>
Weiſe zubereitet und erzeugt wird, wie der<lb/>
Menſch ſelbſt, und welche die Eigenſchaften der<lb/>
Seltenheit, der Nachgiebigkeit, der Gleichfoͤrmig-<lb/>
keit, der Beweglichkeit, der Dauerhaftigkeit und<lb/>
der Schoͤnheit, in denen allen ſich das hoͤchſte<lb/>
Streben des Menſchen ausdruͤckt, in einem ſo<lb/>
hohen Grade und auf ſo einfache Weiſe verei-<lb/>
nigt. — In dem nothwendigen Streben des<lb/>
Menſchen nach den edlen Metallen verſteckte ſich<lb/>
folglich alles das hoͤhere Streben der menſchlichen<lb/>
Natur. Indem eine Sache, nicht von <hirendition="#g">unm</hi>it-<lb/>
telbarem, ſondern von mittelbarem, vermitteln-<lb/>
dem Werthe, uͤber alle andren unmittelbar brauch-<lb/>
baren Sachen zum Koͤnig, zum Suveraͤn, erho-<lb/>
ben wurde, zeigte der Menſch von Anfang an<lb/>ſein uͤber alle Thiergeſchlechter erhabenes Weſen;<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[269/0277]
Dingen enthaͤlt das hoͤhere Verlangen, durch die
Aneignung ſelbſt zu dauern und ſich gleich zu
bleibrn. Kinder und jugendliche Voͤlker vermi-
ſchen das Perſoͤnliche und das Saͤchliche, die
Eigenſchaften des einen und des andern unauf-
hoͤrlich, was wir mit alternder Nuͤchternheit der
Seele ſo weiſe zerlegen und von einander ab-
ſtrahiren; ruͤſtiger und friſcher betrachten ſie alle
Sachen wie Perſonen. Es muß ſich alſo unter
allen Sachen bald die Sache herausſcheiden,
welche von der Natur auf ſo geheimnißvolle
Weiſe zubereitet und erzeugt wird, wie der
Menſch ſelbſt, und welche die Eigenſchaften der
Seltenheit, der Nachgiebigkeit, der Gleichfoͤrmig-
keit, der Beweglichkeit, der Dauerhaftigkeit und
der Schoͤnheit, in denen allen ſich das hoͤchſte
Streben des Menſchen ausdruͤckt, in einem ſo
hohen Grade und auf ſo einfache Weiſe verei-
nigt. — In dem nothwendigen Streben des
Menſchen nach den edlen Metallen verſteckte ſich
folglich alles das hoͤhere Streben der menſchlichen
Natur. Indem eine Sache, nicht von unmit-
telbarem, ſondern von mittelbarem, vermitteln-
dem Werthe, uͤber alle andren unmittelbar brauch-
baren Sachen zum Koͤnig, zum Suveraͤn, erho-
ben wurde, zeigte der Menſch von Anfang an
ſein uͤber alle Thiergeſchlechter erhabenes Weſen;
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/277>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.