Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

Dingen enthält das höhere Verlangen, durch die
Aneignung selbst zu dauern und sich gleich zu
bleibrn. Kinder und jugendliche Völker vermi-
schen das Persönliche und das Sächliche, die
Eigenschaften des einen und des andern unauf-
hörlich, was wir mit alternder Nüchternheit der
Seele so weise zerlegen und von einander ab-
strahiren; rüstiger und frischer betrachten sie alle
Sachen wie Personen. Es muß sich also unter
allen Sachen bald die Sache herausscheiden,
welche von der Natur auf so geheimnißvolle
Weise zubereitet und erzeugt wird, wie der
Mensch selbst, und welche die Eigenschaften der
Seltenheit, der Nachgiebigkeit, der Gleichförmig-
keit, der Beweglichkeit, der Dauerhaftigkeit und
der Schönheit, in denen allen sich das höchste
Streben des Menschen ausdrückt, in einem so
hohen Grade und auf so einfache Weise verei-
nigt. -- In dem nothwendigen Streben des
Menschen nach den edlen Metallen versteckte sich
folglich alles das höhere Streben der menschlichen
Natur. Indem eine Sache, nicht von unmit-
telbarem, sondern von mittelbarem, vermitteln-
dem Werthe, über alle andren unmittelbar brauch-
baren Sachen zum König, zum Suverän, erho-
ben wurde, zeigte der Mensch von Anfang an
sein über alle Thiergeschlechter erhabenes Wesen;

Dingen enthaͤlt das hoͤhere Verlangen, durch die
Aneignung ſelbſt zu dauern und ſich gleich zu
bleibrn. Kinder und jugendliche Voͤlker vermi-
ſchen das Perſoͤnliche und das Saͤchliche, die
Eigenſchaften des einen und des andern unauf-
hoͤrlich, was wir mit alternder Nuͤchternheit der
Seele ſo weiſe zerlegen und von einander ab-
ſtrahiren; ruͤſtiger und friſcher betrachten ſie alle
Sachen wie Perſonen. Es muß ſich alſo unter
allen Sachen bald die Sache herausſcheiden,
welche von der Natur auf ſo geheimnißvolle
Weiſe zubereitet und erzeugt wird, wie der
Menſch ſelbſt, und welche die Eigenſchaften der
Seltenheit, der Nachgiebigkeit, der Gleichfoͤrmig-
keit, der Beweglichkeit, der Dauerhaftigkeit und
der Schoͤnheit, in denen allen ſich das hoͤchſte
Streben des Menſchen ausdruͤckt, in einem ſo
hohen Grade und auf ſo einfache Weiſe verei-
nigt. — In dem nothwendigen Streben des
Menſchen nach den edlen Metallen verſteckte ſich
folglich alles das hoͤhere Streben der menſchlichen
Natur. Indem eine Sache, nicht von unmit-
telbarem, ſondern von mittelbarem, vermitteln-
dem Werthe, uͤber alle andren unmittelbar brauch-
baren Sachen zum Koͤnig, zum Suveraͤn, erho-
ben wurde, zeigte der Menſch von Anfang an
ſein uͤber alle Thiergeſchlechter erhabenes Weſen;

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0277" n="269"/>
Dingen entha&#x0364;lt das ho&#x0364;here Verlangen, durch die<lb/>
Aneignung &#x017F;elb&#x017F;t zu dauern und &#x017F;ich gleich zu<lb/>
bleibrn. Kinder und jugendliche Vo&#x0364;lker vermi-<lb/>
&#x017F;chen das Per&#x017F;o&#x0364;nliche und das Sa&#x0364;chliche, die<lb/>
Eigen&#x017F;chaften des einen und des andern unauf-<lb/>
ho&#x0364;rlich, was wir mit alternder Nu&#x0364;chternheit der<lb/>
Seele &#x017F;o wei&#x017F;e zerlegen und von einander ab-<lb/>
&#x017F;trahiren; ru&#x0364;&#x017F;tiger und fri&#x017F;cher betrachten &#x017F;ie alle<lb/>
Sachen wie Per&#x017F;onen. Es muß &#x017F;ich al&#x017F;o unter<lb/>
allen Sachen bald <hi rendition="#g">die</hi> Sache heraus&#x017F;cheiden,<lb/>
welche von der Natur auf &#x017F;o geheimnißvolle<lb/>
Wei&#x017F;e zubereitet und erzeugt wird, wie der<lb/>
Men&#x017F;ch &#x017F;elb&#x017F;t, und welche die Eigen&#x017F;chaften der<lb/>
Seltenheit, der Nachgiebigkeit, der Gleichfo&#x0364;rmig-<lb/>
keit, der Beweglichkeit, der Dauerhaftigkeit und<lb/>
der Scho&#x0364;nheit, in denen allen &#x017F;ich das ho&#x0364;ch&#x017F;te<lb/>
Streben des Men&#x017F;chen ausdru&#x0364;ckt, in einem &#x017F;o<lb/>
hohen Grade und auf &#x017F;o einfache Wei&#x017F;e verei-<lb/>
nigt. &#x2014; In dem nothwendigen Streben des<lb/>
Men&#x017F;chen nach den edlen Metallen ver&#x017F;teckte &#x017F;ich<lb/>
folglich alles das ho&#x0364;here Streben der men&#x017F;chlichen<lb/>
Natur. Indem eine Sache, nicht von <hi rendition="#g">unm</hi>it-<lb/>
telbarem, &#x017F;ondern von mittelbarem, vermitteln-<lb/>
dem Werthe, u&#x0364;ber alle andren unmittelbar brauch-<lb/>
baren Sachen zum Ko&#x0364;nig, zum Suvera&#x0364;n, erho-<lb/>
ben wurde, zeigte der Men&#x017F;ch von Anfang an<lb/>
&#x017F;ein u&#x0364;ber alle Thierge&#x017F;chlechter erhabenes We&#x017F;en;<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[269/0277] Dingen enthaͤlt das hoͤhere Verlangen, durch die Aneignung ſelbſt zu dauern und ſich gleich zu bleibrn. Kinder und jugendliche Voͤlker vermi- ſchen das Perſoͤnliche und das Saͤchliche, die Eigenſchaften des einen und des andern unauf- hoͤrlich, was wir mit alternder Nuͤchternheit der Seele ſo weiſe zerlegen und von einander ab- ſtrahiren; ruͤſtiger und friſcher betrachten ſie alle Sachen wie Perſonen. Es muß ſich alſo unter allen Sachen bald die Sache herausſcheiden, welche von der Natur auf ſo geheimnißvolle Weiſe zubereitet und erzeugt wird, wie der Menſch ſelbſt, und welche die Eigenſchaften der Seltenheit, der Nachgiebigkeit, der Gleichfoͤrmig- keit, der Beweglichkeit, der Dauerhaftigkeit und der Schoͤnheit, in denen allen ſich das hoͤchſte Streben des Menſchen ausdruͤckt, in einem ſo hohen Grade und auf ſo einfache Weiſe verei- nigt. — In dem nothwendigen Streben des Menſchen nach den edlen Metallen verſteckte ſich folglich alles das hoͤhere Streben der menſchlichen Natur. Indem eine Sache, nicht von unmit- telbarem, ſondern von mittelbarem, vermitteln- dem Werthe, uͤber alle andren unmittelbar brauch- baren Sachen zum Koͤnig, zum Suveraͤn, erho- ben wurde, zeigte der Menſch von Anfang an ſein uͤber alle Thiergeſchlechter erhabenes Weſen;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/277
Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/277>, abgerufen am 07.05.2024.