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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809.

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er zeigte, daß er nicht an Augenblick und Ort
gebunden wäre, ausschließend gebunden, wie jene:
das ganze, große, unsichtbare Halbtheil seiner
Natur wurde durch jene suveräne Sache reprä-
sentirt. Außer allen Sachen und über allen Sa-
chen, die für das Begehren der Stunde und des
Ortes bestimmt waren, besaß der Mensch um
der unentbehrlichen Vergangenheit und Zukunft,
um der abwesenden und entfernten Dinge und
Personen willen, eine besondre Sache; und diese
Sache verbürgte ihm die Dauer und die Erhal-
tung aller übrigen Sachen.

Es ist auffallend, daß man bis jetzt dem
Gelde einen eingebildeten, und allen übrigen
Waaren einen wirklichen Werth zugeschrieben
hat, und doch erklärlich, weil man dem Einen
Bedürfnisse -- welches die Befriedigung aller übri-
gen Bedürfnisse, und den wahren Werth der Ob-
jecte dieser Bedürfnisse, allein möglich macht und
bestimmt, und welche Eine conditio sine qua non
durch das Geld repräsentirt wird, nehmlich dem
Bedürfnisse nach der Gesellschaft oder dem Staate,
dem allerwirklichsten Bedürfnisse des Menschen
-- selbst nur einen eingebildeten Werth beigelegt
hat. Das edle Metall hat anscheinend nur einen
geringen unmittelbaren Werth: es scheint auf den
ersten Blick, als ob sich dieser Gebrauchswerth

er zeigte, daß er nicht an Augenblick und Ort
gebunden waͤre, ausſchließend gebunden, wie jene:
das ganze, große, unſichtbare Halbtheil ſeiner
Natur wurde durch jene ſuveraͤne Sache repraͤ-
ſentirt. Außer allen Sachen und uͤber allen Sa-
chen, die fuͤr das Begehren der Stunde und des
Ortes beſtimmt waren, beſaß der Menſch um
der unentbehrlichen Vergangenheit und Zukunft,
um der abweſenden und entfernten Dinge und
Perſonen willen, eine beſondre Sache; und dieſe
Sache verbuͤrgte ihm die Dauer und die Erhal-
tung aller uͤbrigen Sachen.

Es iſt auffallend, daß man bis jetzt dem
Gelde einen eingebildeten, und allen uͤbrigen
Waaren einen wirklichen Werth zugeſchrieben
hat, und doch erklaͤrlich, weil man dem Einen
Beduͤrfniſſe — welches die Befriedigung aller uͤbri-
gen Beduͤrfniſſe, und den wahren Werth der Ob-
jecte dieſer Beduͤrfniſſe, allein moͤglich macht und
beſtimmt, und welche Eine conditio sine qua non
durch das Geld repraͤſentirt wird, nehmlich dem
Beduͤrfniſſe nach der Geſellſchaft oder dem Staate,
dem allerwirklichſten Beduͤrfniſſe des Menſchen
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hat. Das edle Metall hat anſcheinend nur einen
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[270/0278] er zeigte, daß er nicht an Augenblick und Ort gebunden waͤre, ausſchließend gebunden, wie jene: das ganze, große, unſichtbare Halbtheil ſeiner Natur wurde durch jene ſuveraͤne Sache repraͤ- ſentirt. Außer allen Sachen und uͤber allen Sa- chen, die fuͤr das Begehren der Stunde und des Ortes beſtimmt waren, beſaß der Menſch um der unentbehrlichen Vergangenheit und Zukunft, um der abweſenden und entfernten Dinge und Perſonen willen, eine beſondre Sache; und dieſe Sache verbuͤrgte ihm die Dauer und die Erhal- tung aller uͤbrigen Sachen. Es iſt auffallend, daß man bis jetzt dem Gelde einen eingebildeten, und allen uͤbrigen Waaren einen wirklichen Werth zugeſchrieben hat, und doch erklaͤrlich, weil man dem Einen Beduͤrfniſſe — welches die Befriedigung aller uͤbri- gen Beduͤrfniſſe, und den wahren Werth der Ob- jecte dieſer Beduͤrfniſſe, allein moͤglich macht und beſtimmt, und welche Eine conditio sine qua non durch das Geld repraͤſentirt wird, nehmlich dem Beduͤrfniſſe nach der Geſellſchaft oder dem Staate, dem allerwirklichſten Beduͤrfniſſe des Menſchen — ſelbſt nur einen eingebildeten Werth beigelegt hat. Das edle Metall hat anſcheinend nur einen geringen unmittelbaren Werth: es ſcheint auf den erſten Blick, als ob ſich dieſer Gebrauchswerth

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/278>, abgerufen am 06.05.2024.