und demnach die Ausbildung der weltlichen, Rö- mischen Suveränetät und Autorität, und des damit enge verbundene tiers-etat oder strengen Römischen Privat-Eigenthums, d. h. die unbe- dingte Rückkehr in das Römische Geleise, für das alleinige Problem aller modernen Europä- schen Staaten zu halten!
So ergriff denn der Römische Mechanismus, oder der Römische Tod, alle Staatswissenschaften, und gegen das Ende des achtzehnten Jahrhun- derts alle Gesetzgebung. Römische Grundsätze sollten das Unheil wieder gut machen, das Rö- mische Begriffe, Römische Gesetze, Römische Weltansichten und Römisches Privat-Eigenthum gestiftet hatten. Die erhabenen Ideen "persönli- cher Dienst, Süzeränetät und Lehn" mußten über- all den Begriffen "Geldabgabe, weltliche Suve- ränetät oder Zwangsgewalt, und strenger Besitz" wieder weichen; was nicht dem Calcul und der Wagschale unterworfen werden konnte, mußte aus der Staatsverbindung heraus. Mit der Religion mußte nothwendig alles Verständniß und alles Gefühl dieser Lehnsgesetze verschwinden; das Lehn, das Verliehene, wurde entblößt von dem Geiste der Freiheit, der Gegenseitigkeit und des würdigen Gehorsams, der Anfangs davon unzertrennlich war: es war in den Händen der
roma-
und demnach die Ausbildung der weltlichen, Roͤ- miſchen Suveraͤnetaͤt und Autoritaͤt, und des damit enge verbundene tiers-état oder ſtrengen Roͤmiſchen Privat-Eigenthums, d. h. die unbe- dingte Ruͤckkehr in das Roͤmiſche Geleiſe, fuͤr das alleinige Problem aller modernen Europaͤ- ſchen Staaten zu halten!
So ergriff denn der Roͤmiſche Mechanismus, oder der Roͤmiſche Tod, alle Staatswiſſenſchaften, und gegen das Ende des achtzehnten Jahrhun- derts alle Geſetzgebung. Roͤmiſche Grundſaͤtze ſollten das Unheil wieder gut machen, das Roͤ- miſche Begriffe, Roͤmiſche Geſetze, Roͤmiſche Weltanſichten und Roͤmiſches Privat-Eigenthum geſtiftet hatten. Die erhabenen Ideen „perſoͤnli- cher Dienſt, Suͤzeraͤnetaͤt und Lehn“ mußten uͤber- all den Begriffen „Geldabgabe, weltliche Suve- raͤnetaͤt oder Zwangsgewalt, und ſtrenger Beſitz“ wieder weichen; was nicht dem Calcul und der Wagſchale unterworfen werden konnte, mußte aus der Staatsverbindung heraus. Mit der Religion mußte nothwendig alles Verſtaͤndniß und alles Gefuͤhl dieſer Lehnsgeſetze verſchwinden; das Lehn, das Verliehene, wurde entbloͤßt von dem Geiſte der Freiheit, der Gegenſeitigkeit und des wuͤrdigen Gehorſams, der Anfangs davon unzertrennlich war: es war in den Haͤnden der
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und demnach die Ausbildung der weltlichen, Roͤ-
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damit enge verbundene tiers-état oder ſtrengen
Roͤmiſchen Privat-Eigenthums, d. h. die unbe-
dingte Ruͤckkehr in das Roͤmiſche Geleiſe, fuͤr
das alleinige Problem aller modernen Europaͤ-
ſchen Staaten zu halten!
So ergriff denn der Roͤmiſche Mechanismus,
oder der Roͤmiſche Tod, alle Staatswiſſenſchaften,
und gegen das Ende des achtzehnten Jahrhun-
derts alle Geſetzgebung. Roͤmiſche Grundſaͤtze
ſollten das Unheil wieder gut machen, das Roͤ-
miſche Begriffe, Roͤmiſche Geſetze, Roͤmiſche
Weltanſichten und Roͤmiſches Privat-Eigenthum
geſtiftet hatten. Die erhabenen Ideen „perſoͤnli-
cher Dienſt, Suͤzeraͤnetaͤt und Lehn“ mußten uͤber-
all den Begriffen „Geldabgabe, weltliche Suve-
raͤnetaͤt oder Zwangsgewalt, und ſtrenger Beſitz“
wieder weichen; was nicht dem Calcul und der
Wagſchale unterworfen werden konnte, mußte
aus der Staatsverbindung heraus. Mit der
Religion mußte nothwendig alles Verſtaͤndniß
und alles Gefuͤhl dieſer Lehnsgeſetze verſchwinden;
das Lehn, das Verliehene, wurde entbloͤßt von
dem Geiſte der Freiheit, der Gegenſeitigkeit und
des wuͤrdigen Gehorſams, der Anfangs davon
unzertrennlich war: es war in den Haͤnden der
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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/104>, abgerufen am 23.11.2024.
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