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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809.

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tiven Eigenthums-Rechte gegenüber. Der Han-
del war es, welcher Gesetz[ - 1 Zeichen fehlt] [ü]ber das strenge
Privat-Eigenthum, also gewisse, von den feu-
dalistischen und kanonischen Rechten wesentlich
verschiedene, Rechte der Bürger oder der Per-
sonen auf Sachen, oder der Personen auf Per-
sonen, mit Rücksicht auf Sachen, nothwendig
machte. In England hat sich diese unvermeid-
liche Ausbildung des dritten Standes auf ganz
nationale Weise und, wie schon gezeigt worden
ist, ohne alle Beihülfe eines ausländischen, älte-
ren Privat-Rechtes von selbst gemacht; auf dem
Continent von Europa hat das Römische Recht
im Laufe der Zeiten den dritten Stand nicht
bloß ausbilden helfen, sondern ihn feindselig den
beiden andern Ständen und dem Feudalismus
gegenüber gestellt.

Zwischen dem Römischen Recht und seiner
Prätension auf eine gewisse Verstandes-Univer-
salität, und dem Lehns- und Kirchenrecht ist ein
ewiger, nie zu lösender, Widerspruch. Alle Theile
des Römischen Rechtes streben unverkennbar auf
Auseinandersetzung aller Besitzthümer, auf Dis-
membration Dessen, was, nach modernen, christ-
lichen Ansichten, das eigentliche Wesen des Ge-
mein-Interesse ausmacht. Das Lehnsrecht ver-
langt für den Nießbrauch des Bodens eigentli-

tiven Eigenthums-Rechte gegenüber. Der Han-
del war es, welcher Geſetz[ – 1 Zeichen fehlt] [ü]ber das ſtrenge
Privat-Eigenthum, alſo gewiſſe, von den feu-
daliſtiſchen und kanoniſchen Rechten weſentlich
verſchiedene, Rechte der Buͤrger oder der Per-
ſonen auf Sachen, oder der Perſonen auf Per-
ſonen, mit Ruͤckſicht auf Sachen, nothwendig
machte. In England hat ſich dieſe unvermeid-
liche Ausbildung des dritten Standes auf ganz
nationale Weiſe und, wie ſchon gezeigt worden
iſt, ohne alle Beihuͤlfe eines auslaͤndiſchen, aͤlte-
ren Privat-Rechtes von ſelbſt gemacht; auf dem
Continent von Europa hat das Roͤmiſche Recht
im Laufe der Zeiten den dritten Stand nicht
bloß ausbilden helfen, ſondern ihn feindſelig den
beiden andern Staͤnden und dem Feudalismus
gegenuͤber geſtellt.

Zwiſchen dem Roͤmiſchen Recht und ſeiner
Praͤtenſion auf eine gewiſſe Verſtandes-Univer-
ſalitaͤt, und dem Lehns- und Kirchenrecht iſt ein
ewiger, nie zu loͤſender, Widerſpruch. Alle Theile
des Roͤmiſchen Rechtes ſtreben unverkennbar auf
Auseinanderſetzung aller Beſitzthuͤmer, auf Dis-
membration Deſſen, was, nach modernen, chriſt-
lichen Anſichten, das eigentliche Weſen des Ge-
mein-Intereſſe ausmacht. Das Lehnsrecht ver-
langt fuͤr den Nießbrauch des Bodens eigentli-

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[93/0101] tiven Eigenthums-Rechte gegenüber. Der Han- del war es, welcher Geſetz_ über das ſtrenge Privat-Eigenthum, alſo gewiſſe, von den feu- daliſtiſchen und kanoniſchen Rechten weſentlich verſchiedene, Rechte der Buͤrger oder der Per- ſonen auf Sachen, oder der Perſonen auf Per- ſonen, mit Ruͤckſicht auf Sachen, nothwendig machte. In England hat ſich dieſe unvermeid- liche Ausbildung des dritten Standes auf ganz nationale Weiſe und, wie ſchon gezeigt worden iſt, ohne alle Beihuͤlfe eines auslaͤndiſchen, aͤlte- ren Privat-Rechtes von ſelbſt gemacht; auf dem Continent von Europa hat das Roͤmiſche Recht im Laufe der Zeiten den dritten Stand nicht bloß ausbilden helfen, ſondern ihn feindſelig den beiden andern Staͤnden und dem Feudalismus gegenuͤber geſtellt. Zwiſchen dem Roͤmiſchen Recht und ſeiner Praͤtenſion auf eine gewiſſe Verſtandes-Univer- ſalitaͤt, und dem Lehns- und Kirchenrecht iſt ein ewiger, nie zu loͤſender, Widerſpruch. Alle Theile des Roͤmiſchen Rechtes ſtreben unverkennbar auf Auseinanderſetzung aller Beſitzthuͤmer, auf Dis- membration Deſſen, was, nach modernen, chriſt- lichen Anſichten, das eigentliche Weſen des Ge- mein-Intereſſe ausmacht. Das Lehnsrecht ver- langt fuͤr den Nießbrauch des Bodens eigentli-

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 2. Berlin, 1809, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst02_1809/101>, abgerufen am 23.11.2024.