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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809.

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wirkl[i]chen historischen Fall, von dem er spricht,
so h[a]t man zugleich seinen Geist begriffen; be-
greif[t] man den Gedanken, der ihn bewegt, so
sieht man denselben zugleich ausgedrückt im wirk-
licher Leben, richtig und gewaltig ausgedrückt. --

Der Staat und alle großen menschlichen
Angelegenheiten haben Das an sich, daß ihr We-
sen sich durchaus nicht in Worte oder Defini-
tionen einwickeln oder einpressen läßt. Jedes
neu Geschlecht, jeder neue große Mensch giebt
ihnm eine andre Form, auf welche die alte Er-
klärung nicht paßt. Solche steife Ein- für alle-
ma abgefaßte Form, wie die gemeinen Wissen-
scheften vom Staate, vom Leben, vom Men-
schen umherschleppen und feil bieten, nennen wir:
Begriffe. Vom Staate aber giebt es keinen
Begriff. -- Unsre Väter hatten vom Staate den
Begriff, daß er eine Zwangsanstalt sey; indeß
sind andre Zeiten gekommen, und das Beste,
das Wichtigste hat sich nicht erzwingen lassen: --
wir haben uns andre Begriffe gebildet, die in-
deß nicht Stand halten können, weil der Be-
griff keine Bewegung hat, der Staat aber sehr
viele, wie ich im Anfange meiner Betrachtung
zeigte. --

Wenn der Gedanke, den wir von einem sol-
chen erhabenen Gegenstande gefaßt haben, sich

wirkl[i]chen hiſtoriſchen Fall, von dem er ſpricht,
ſo h[a]t man zugleich ſeinen Geiſt begriffen; be-
greif[t] man den Gedanken, der ihn bewegt, ſo
ſieht man denſelben zugleich ausgedruͤckt im wirk-
licher Leben, richtig und gewaltig ausgedruͤckt. —

Der Staat und alle großen menſchlichen
Angelegenheiten haben Das an ſich, daß ihr We-
ſen ſich durchaus nicht in Worte oder Defini-
tionen einwickeln oder einpreſſen laͤßt. Jedes
neu Geſchlecht, jeder neue große Menſch giebt
ihnm eine andre Form, auf welche die alte Er-
klaͤrung nicht paßt. Solche ſteife Ein- fuͤr alle-
ma abgefaßte Form, wie die gemeinen Wiſſen-
ſcheften vom Staate, vom Leben, vom Men-
ſchen umherſchleppen und feil bieten, nennen wir:
Begriffe. Vom Staate aber giebt es keinen
Begriff. — Unſre Vaͤter hatten vom Staate den
Begriff, daß er eine Zwangsanſtalt ſey; indeß
ſind andre Zeiten gekommen, und das Beſte,
das Wichtigſte hat ſich nicht erzwingen laſſen: —
wir haben uns andre Begriffe gebildet, die in-
deß nicht Stand halten koͤnnen, weil der Be-
griff keine Bewegung hat, der Staat aber ſehr
viele, wie ich im Anfange meiner Betrachtung
zeigte. —

Wenn der Gedanke, den wir von einem ſol-
chen erhabenen Gegenſtande gefaßt haben, ſich

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[27/0061] wirklichen hiſtoriſchen Fall, von dem er ſpricht, ſo hat man zugleich ſeinen Geiſt begriffen; be- greift man den Gedanken, der ihn bewegt, ſo ſieht man denſelben zugleich ausgedruͤckt im wirk- licher Leben, richtig und gewaltig ausgedruͤckt. — Der Staat und alle großen menſchlichen Angelegenheiten haben Das an ſich, daß ihr We- ſen ſich durchaus nicht in Worte oder Defini- tionen einwickeln oder einpreſſen laͤßt. Jedes neu Geſchlecht, jeder neue große Menſch giebt ihnm eine andre Form, auf welche die alte Er- klaͤrung nicht paßt. Solche ſteife Ein- fuͤr alle- ma abgefaßte Form, wie die gemeinen Wiſſen- ſcheften vom Staate, vom Leben, vom Men- ſchen umherſchleppen und feil bieten, nennen wir: Begriffe. Vom Staate aber giebt es keinen Begriff. — Unſre Vaͤter hatten vom Staate den Begriff, daß er eine Zwangsanſtalt ſey; indeß ſind andre Zeiten gekommen, und das Beſte, das Wichtigſte hat ſich nicht erzwingen laſſen: — wir haben uns andre Begriffe gebildet, die in- deß nicht Stand halten koͤnnen, weil der Be- griff keine Bewegung hat, der Staat aber ſehr viele, wie ich im Anfange meiner Betrachtung zeigte. — Wenn der Gedanke, den wir von einem ſol- chen erhabenen Gegenſtande gefaßt haben, ſich

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/61>, abgerufen am 22.11.2024.