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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809.

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noch jetzt -- wie auch die momentane Lage der
Welt mir widersprechen möge -- die Fünf-Reiche
darstellen: so entsteht durch das rechtliche Stre-
ben jedes einzelnen von ihnen (worin ja eben,
wie ich gezeigt habe, ihre Unabhängigkeit und
ihr organisches Leben sich äußert), dem rechtlichen
Streben der andern gegenüber, so entsteht durch
den Streit der Freiheit in fünf kolossalen, welt-
umfassenden Ausdrücken dieser Freiheit, eine mäch-
tige und weltgebietende Idee des Rechtes. Unter
dieser Gestalt muß das Völkerrecht gedacht wer-
den, wenn überhaupt ein Seyn damit verknüpft
werden soll. Diese Idee auszusprechen, ist der
Mensch zu klein und zu ohnmächtig, weil er sie
auszuüben zu gering ist; Europäisches Völker-
recht, Gleichgewicht
, sind Ausdrücke, welche
die große Idee andeuten sollen, aber so, wie sie
uns in den gewöhnlichen Staats-Theorieen dar-
geboten werden, zu unvollkommen, um auch nur
anzudeuten.

Jeder wahre organische Rechtsstaat muß, wie
ich gezeigt habe, und wie auch die Natur durch
die beschriebene Einrichtung der Erdoberfläche,
deutlich zu verstehen giebt, beschränkt seyn im
Raume, damit er ein wirkliches, lebendiges und
abgeschlossenes Individuum seyn könne. Als
Individuum nun tritt er mit den andern großen

noch jetzt — wie auch die momentane Lage der
Welt mir widerſprechen moͤge — die Fuͤnf-Reiche
darſtellen: ſo entſteht durch das rechtliche Stre-
ben jedes einzelnen von ihnen (worin ja eben,
wie ich gezeigt habe, ihre Unabhaͤngigkeit und
ihr organiſches Leben ſich aͤußert), dem rechtlichen
Streben der andern gegenuͤber, ſo entſteht durch
den Streit der Freiheit in fuͤnf koloſſalen, welt-
umfaſſenden Ausdruͤcken dieſer Freiheit, eine maͤch-
tige und weltgebietende Idee des Rechtes. Unter
dieſer Geſtalt muß das Voͤlkerrecht gedacht wer-
den, wenn uͤberhaupt ein Seyn damit verknuͤpft
werden ſoll. Dieſe Idee auszuſprechen, iſt der
Menſch zu klein und zu ohnmaͤchtig, weil er ſie
auszuuͤben zu gering iſt; Europaͤiſches Voͤlker-
recht, Gleichgewicht
, ſind Ausdruͤcke, welche
die große Idee andeuten ſollen, aber ſo, wie ſie
uns in den gewoͤhnlichen Staats-Theorieen dar-
geboten werden, zu unvollkommen, um auch nur
anzudeuten.

Jeder wahre organiſche Rechtsſtaat muß, wie
ich gezeigt habe, und wie auch die Natur durch
die beſchriebene Einrichtung der Erdoberflaͤche,
deutlich zu verſtehen giebt, beſchraͤnkt ſeyn im
Raume, damit er ein wirkliches, lebendiges und
abgeſchloſſenes Individuum ſeyn koͤnne. Als
Individuum nun tritt er mit den andern großen

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[282/0316] noch jetzt — wie auch die momentane Lage der Welt mir widerſprechen moͤge — die Fuͤnf-Reiche darſtellen: ſo entſteht durch das rechtliche Stre- ben jedes einzelnen von ihnen (worin ja eben, wie ich gezeigt habe, ihre Unabhaͤngigkeit und ihr organiſches Leben ſich aͤußert), dem rechtlichen Streben der andern gegenuͤber, ſo entſteht durch den Streit der Freiheit in fuͤnf koloſſalen, welt- umfaſſenden Ausdruͤcken dieſer Freiheit, eine maͤch- tige und weltgebietende Idee des Rechtes. Unter dieſer Geſtalt muß das Voͤlkerrecht gedacht wer- den, wenn uͤberhaupt ein Seyn damit verknuͤpft werden ſoll. Dieſe Idee auszuſprechen, iſt der Menſch zu klein und zu ohnmaͤchtig, weil er ſie auszuuͤben zu gering iſt; Europaͤiſches Voͤlker- recht, Gleichgewicht, ſind Ausdruͤcke, welche die große Idee andeuten ſollen, aber ſo, wie ſie uns in den gewoͤhnlichen Staats-Theorieen dar- geboten werden, zu unvollkommen, um auch nur anzudeuten. Jeder wahre organiſche Rechtsſtaat muß, wie ich gezeigt habe, und wie auch die Natur durch die beſchriebene Einrichtung der Erdoberflaͤche, deutlich zu verſtehen giebt, beſchraͤnkt ſeyn im Raume, damit er ein wirkliches, lebendiges und abgeſchloſſenes Individuum ſeyn koͤnne. Als Individuum nun tritt er mit den andern großen

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/316>, abgerufen am 28.04.2024.