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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809.

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nach einander die Fünf-Reiche, und liessen die
Spuren zurück, die sich im Charakter Europäi-
scher Ritterschaft so wunderbar mischten. Ja, da-
mit alle Elemente der Menschheit in diesen herr-
lichen Staaten verbunden würden, so ward
zwei Jahrhunderte hindurch der Kern ihrer Be-
völkerung nach Asien getrieben, um dort das gro-
ße Panier ihrer Vereinigung, die christliche Reli-
gion, gegen den ganzen Orient zu behaupten.

So viel hat die Natur gethan, um jeden
einzelnen dieser Staaten vollständig zu befruch-
ten, um den lebhaftesten Streit aller Partheien
des Lebens in ihm hervorzurufen, und um der-
gestalt ihm ein lebendiges, rechtliches und unab-
hängiges Daseyn zu geben. -- Diese Unabhän-
gigkeit zeigt sich noch heut zu Tage, unter allem
Anschein äußerer Abhängigkeit und äußerer Aehn-
lichkeit der Sitten, in Sprache, Gemüthsart,
Kunst, Bildung und National-Physiognomie.
Uebrigens sind auch nur die unter den Fünf-
Reichen
, welche der Idee der politischen Ein-
heit nicht treu geblieben, oder welche, sie auszu-
führen, durch bisher unüberwindliche Schwierig-
keiten verhindert worden sind, nehmlich Deutsch-
land und Italien, einstweilen äußerlich abhängig
geworden. -- Wenn einzelne Staaten einmal zu
der inneren Unabhängigkeit gelangt sind, welche

nach einander die Fuͤnf-Reiche, und lieſſen die
Spuren zuruͤck, die ſich im Charakter Europaͤi-
ſcher Ritterſchaft ſo wunderbar miſchten. Ja, da-
mit alle Elemente der Menſchheit in dieſen herr-
lichen Staaten verbunden wuͤrden, ſo ward
zwei Jahrhunderte hindurch der Kern ihrer Be-
voͤlkerung nach Aſien getrieben, um dort das gro-
ße Panier ihrer Vereinigung, die chriſtliche Reli-
gion, gegen den ganzen Orient zu behaupten.

So viel hat die Natur gethan, um jeden
einzelnen dieſer Staaten vollſtaͤndig zu befruch-
ten, um den lebhafteſten Streit aller Partheien
des Lebens in ihm hervorzurufen, und um der-
geſtalt ihm ein lebendiges, rechtliches und unab-
haͤngiges Daſeyn zu geben. — Dieſe Unabhaͤn-
gigkeit zeigt ſich noch heut zu Tage, unter allem
Anſchein aͤußerer Abhaͤngigkeit und aͤußerer Aehn-
lichkeit der Sitten, in Sprache, Gemuͤthsart,
Kunſt, Bildung und National-Phyſiognomie.
Uebrigens ſind auch nur die unter den Fuͤnf-
Reichen
, welche der Idee der politiſchen Ein-
heit nicht treu geblieben, oder welche, ſie auszu-
fuͤhren, durch bisher unuͤberwindliche Schwierig-
keiten verhindert worden ſind, nehmlich Deutſch-
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[281/0315] nach einander die Fuͤnf-Reiche, und lieſſen die Spuren zuruͤck, die ſich im Charakter Europaͤi- ſcher Ritterſchaft ſo wunderbar miſchten. Ja, da- mit alle Elemente der Menſchheit in dieſen herr- lichen Staaten verbunden wuͤrden, ſo ward zwei Jahrhunderte hindurch der Kern ihrer Be- voͤlkerung nach Aſien getrieben, um dort das gro- ße Panier ihrer Vereinigung, die chriſtliche Reli- gion, gegen den ganzen Orient zu behaupten. So viel hat die Natur gethan, um jeden einzelnen dieſer Staaten vollſtaͤndig zu befruch- ten, um den lebhafteſten Streit aller Partheien des Lebens in ihm hervorzurufen, und um der- geſtalt ihm ein lebendiges, rechtliches und unab- haͤngiges Daſeyn zu geben. — Dieſe Unabhaͤn- gigkeit zeigt ſich noch heut zu Tage, unter allem Anſchein aͤußerer Abhaͤngigkeit und aͤußerer Aehn- lichkeit der Sitten, in Sprache, Gemuͤthsart, Kunſt, Bildung und National-Phyſiognomie. Uebrigens ſind auch nur die unter den Fuͤnf- Reichen, welche der Idee der politiſchen Ein- heit nicht treu geblieben, oder welche, ſie auszu- fuͤhren, durch bisher unuͤberwindliche Schwierig- keiten verhindert worden ſind, nehmlich Deutſch- land und Italien, einſtweilen aͤußerlich abhaͤngig geworden. — Wenn einzelne Staaten einmal zu der inneren Unabhaͤngigkeit gelangt ſind, welche

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Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/315>, abgerufen am 28.04.2024.