jekt des Eigenthums. Der lebendige Mensch kann an den Sachen nichts brauchen, als die Eigenschaften daran, welche seinem Leben ent- sprechen, in sein Leben eingreifen, also selbst lebendig sind. Mit diesen lebendigen Eigenschaf- ten streitet er und verträgt sich, contrahirt mit ihnen gerade auf dieselbe Weise, wie mit Per- sonen: er schließt eine Allianz mit ihnen zu ge- genseitiger Hülfe und Unterstützung; und so ist das Verhältniß des Menschen zu den Dingen keinesweges ein einseitiges, despotisches, sondern ein gegenseitiges, republicanisches.
Lassen Sie uns die Paradoxie dieses Aus- spruches durch nähere Betrachtung beseitigen.
Je mehr wirkliche Merkmahle des Lebens die Sachen an sich tragen, um so wichtiger sind sie für die bürgerliche Gesellschaft. Eins der ersten unter diesen Merkmahlen, ist die Produc- tivität. Ein fruchtbarer Acker ist unter allen Gegenständen des Eigenthums einer der bedeu- tendsten, weil seine Productivität, unter leichter menschlicher Beihülfe, mit der menschlichen Pro- ductivität Schritt hält, weil zwischen den Er- zeugnissen des Ackers und des Menschen ein ununterbrochener, lebendiger Verkehr möglich ist. Alle Sachen der Welt haben mehr oder weniger diese Productivität; wenn sie mit dem Menschen
Müllers Elemente. I. [15]
jekt des Eigenthums. Der lebendige Menſch kann an den Sachen nichts brauchen, als die Eigenſchaften daran, welche ſeinem Leben ent- ſprechen, in ſein Leben eingreifen, alſo ſelbſt lebendig ſind. Mit dieſen lebendigen Eigenſchaf- ten ſtreitet er und vertraͤgt ſich, contrahirt mit ihnen gerade auf dieſelbe Weiſe, wie mit Per- ſonen: er ſchließt eine Allianz mit ihnen zu ge- genſeitiger Huͤlfe und Unterſtuͤtzung; und ſo iſt das Verhaͤltniß des Menſchen zu den Dingen keinesweges ein einſeitiges, despotiſches, ſondern ein gegenſeitiges, republicaniſches.
Laſſen Sie uns die Paradoxie dieſes Aus- ſpruches durch naͤhere Betrachtung beſeitigen.
Je mehr wirkliche Merkmahle des Lebens die Sachen an ſich tragen, um ſo wichtiger ſind ſie fuͤr die buͤrgerliche Geſellſchaft. Eins der erſten unter dieſen Merkmahlen, iſt die Produc- tivitaͤt. Ein fruchtbarer Acker iſt unter allen Gegenſtaͤnden des Eigenthums einer der bedeu- tendſten, weil ſeine Productivitaͤt, unter leichter menſchlicher Beihuͤlfe, mit der menſchlichen Pro- ductivitaͤt Schritt haͤlt, weil zwiſchen den Er- zeugniſſen des Ackers und des Menſchen ein ununterbrochener, lebendiger Verkehr moͤglich iſt. Alle Sachen der Welt haben mehr oder weniger dieſe Productivitaͤt; wenn ſie mit dem Menſchen
Müllers Elemente. I. [15]
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jekt des Eigenthums. Der lebendige Menſch
kann an den Sachen nichts brauchen, als die
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ſprechen, in ſein Leben eingreifen, alſo ſelbſt
lebendig ſind. Mit dieſen lebendigen Eigenſchaf-
ten ſtreitet er und vertraͤgt ſich, contrahirt mit
ihnen gerade auf dieſelbe Weiſe, wie mit Per-
ſonen: er ſchließt eine Allianz mit ihnen zu ge-
genſeitiger Huͤlfe und Unterſtuͤtzung; und ſo iſt
das Verhaͤltniß des Menſchen zu den Dingen
keinesweges ein einſeitiges, despotiſches, ſondern
ein gegenſeitiges, republicaniſches.
Laſſen Sie uns die Paradoxie dieſes Aus-
ſpruches durch naͤhere Betrachtung beſeitigen.
Je mehr wirkliche Merkmahle des Lebens
die Sachen an ſich tragen, um ſo wichtiger ſind
ſie fuͤr die buͤrgerliche Geſellſchaft. Eins der
erſten unter dieſen Merkmahlen, iſt die Produc-
tivitaͤt. Ein fruchtbarer Acker iſt unter allen
Gegenſtaͤnden des Eigenthums einer der bedeu-
tendſten, weil ſeine Productivitaͤt, unter leichter
menſchlicher Beihuͤlfe, mit der menſchlichen Pro-
ductivitaͤt Schritt haͤlt, weil zwiſchen den Er-
zeugniſſen des Ackers und des Menſchen ein
ununterbrochener, lebendiger Verkehr moͤglich iſt.
Alle Sachen der Welt haben mehr oder weniger
dieſe Productivitaͤt; wenn ſie mit dem Menſchen
Müllers Elemente. I. [15]
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Müller, Adam Heinrich: Die Elemente der Staatskunst. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_staatskunst01_1809/259>, abgerufen am 22.11.2024.
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