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Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830.

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Historischer Theil.

In Byzanz zerstörten Feuersbrünste, besonders 404. 475
(das Lauseion), 532 (das Bad des Zeuxipp) u. s. w.; dann die
Ikonoklasten (von 728 an); die Kreuzfahrer (1203 u. 1204),
wobei zwei ungeheure Brände bei weitem den meisten Schaden tha-
ten. Damals erwarb Venedig Mancherlei (unten: Local). Zu-
gleich litt Griechenland viel durch die Franken und Seeräuber.
Die Türken.

2. Die Christlichen Catacomben zeigen, wie auch heid-
nische
Gegenstände (z. B. Orpheus) in die Christliche Allegorie
aufgenommen wurden. Die Porphyrurne der Constantia ist mit
Bacchischen Scenen geschmückt. Winck. vi, 1. S. 342. Die er-
sten Christl. Kaiser haben auf den Münzen persönliche Darstellungen
der Städte, Victorien und andre in das Heidenthum hinein strei-
fende Gegenstände. Ein Flußgott auf dem Sarkophag bei Bouill.
iii. pl. 65. Aber auch neu gebildete Gegenstände, wie der
gute Hirte, erscheinen in dieser Zeit auf kunstgemäße Weise aufge-
faßt. Eine verdienstliche Statue des guten Hirten in Rom beschreibt
Rumohr It. Forsch. i. S. 168. Ueber die gemma pastoralis
der Thes. gemm. astrif. iii. p. 82. In den Sinnbildern
der ältesten Christen (Münter, Sinnbilder u. Kunstvorstellungen
der alten Christen. 1825) ist freilich, zum Theil aus dem oft em-
pfohlenen Bestreben, auch in den Sphragiden alles Götzenbildartige
zu vermeiden, viel Kleinliches und Spielendes. IKhThUS. Die
Meinungen der nachdenkenden Christen waren von Anfang an sehr
getheilt, in Rom im Ganzen mehr für die Kunst, in Africa stren-
ger. Tertullian, Augustin, auch Klemens von Alexandreia sprechen
mit Härte gegen alle Ausübung der Plastik und Mahlerei. Vgl.
Jacobs Academ. Reden i. S. 547 f.

3. Ueber Constantins spätre Verwüstungen von Tempeln
Herausg. Winck. vi, 2. S. 403. Libanios Klagen sind wohl
übertrieben. Das Serapeion in Alexandreia, der erste Tempel
nach dem Capitol, durch Theophilos unter Theodosius zerstört.
Direkte Befehle Tempel zu zerstören beginnen erst mit Theodosius
Söhnen. Müller de genio aevi Theod. p. 172. Petersen
p. 122. Man zerstörte zuerst besonders Sitze eines frechen, oder
mystischen Cultus, Mithrashöhlen u. dgl., dann auch andre Tem-
pelbilder. Man freut sich dem Volke das staubige Innre der
khruselephantina xoana zu zeigen, Euseb. Constant. Vita
iii,
54. Eunapios klagt die Mönche an, Alarichs Heer
zur Zerstörung des Tempel von Eleusis geführt zu haben. Da-
gegen aber immer auch wieder Bemühungen die Denkmäler des
Alterthums zu erhalten. Zum Schutze der Kunstwerke gab es in

Hiſtoriſcher Theil.

In Byzanz zerſtörten Feuersbrünſte, beſonders 404. 475
(das Lauſeion), 532 (das Bad des Zeuxipp) u. ſ. w.; dann die
Ikonoklaſten (von 728 an); die Kreuzfahrer (1203 u. 1204),
wobei zwei ungeheure Brände bei weitem den meiſten Schaden tha-
ten. Damals erwarb Venedig Mancherlei (unten: Local). Zu-
gleich litt Griechenland viel durch die Franken und Seeräuber.
Die Türken.

2. Die Chriſtlichen Catacomben zeigen, wie auch heid-
niſche
Gegenſtände (z. B. Orpheus) in die Chriſtliche Allegorie
aufgenommen wurden. Die Porphyrurne der Conſtantia iſt mit
Bacchiſchen Scenen geſchmückt. Winck. vi, 1. S. 342. Die er-
ſten Chriſtl. Kaiſer haben auf den Münzen perſönliche Darſtellungen
der Städte, Victorien und andre in das Heidenthum hinein ſtrei-
fende Gegenſtände. Ein Flußgott auf dem Sarkophag bei Bouill.
iii. pl. 65. Aber auch neu gebildete Gegenſtände, wie der
gute Hirte, erſcheinen in dieſer Zeit auf kunſtgemäße Weiſe aufge-
faßt. Eine verdienſtliche Statue des guten Hirten in Rom beſchreibt
Rumohr It. Forſch. i. S. 168. Ueber die gemma pastoralis
der Thes. gemm. astrif. iii. p. 82. In den Sinnbildern
der älteſten Chriſten (Münter, Sinnbilder u. Kunſtvorſtellungen
der alten Chriſten. 1825) iſt freilich, zum Theil aus dem oft em-
pfohlenen Beſtreben, auch in den Sphragiden alles Götzenbildartige
zu vermeiden, viel Kleinliches und Spielendes. ΙΧΘϒΣ. Die
Meinungen der nachdenkenden Chriſten waren von Anfang an ſehr
getheilt, in Rom im Ganzen mehr für die Kunſt, in Africa ſtren-
ger. Tertullian, Auguſtin, auch Klemens von Alexandreia ſprechen
mit Härte gegen alle Ausübung der Plaſtik und Mahlerei. Vgl.
Jacobs Academ. Reden i. S. 547 f.

3. Ueber Conſtantins ſpätre Verwüſtungen von Tempeln
Herausg. Winck. vi, 2. S. 403. Libanios Klagen ſind wohl
übertrieben. Das Serapeion in Alexandreia, der erſte Tempel
nach dem Capitol, durch Theophilos unter Theodoſius zerſtört.
Direkte Befehle Tempel zu zerſtören beginnen erſt mit Theodoſius
Söhnen. Müller de genio aevi Theod. p. 172. Peterſen
p. 122. Man zerſtörte zuerſt beſonders Sitze eines frechen, oder
myſtiſchen Cultus, Mithrashöhlen u. dgl., dann auch andre Tem-
pelbilder. Man freut ſich dem Volke das ſtaubige Innre der
χρυσελεφάντινα ξόανα zu zeigen, Euſeb. Constant. Vita
iii,
54. Eunapios klagt die Mönche an, Alarichs Heer
zur Zerſtörung des Tempel von Eleuſis geführt zu haben. Da-
gegen aber immer auch wieder Bemühungen die Denkmäler des
Alterthums zu erhalten. Zum Schutze der Kunſtwerke gab es in

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[216/0238] Hiſtoriſcher Theil. In Byzanz zerſtörten Feuersbrünſte, beſonders 404. 475 (das Lauſeion), 532 (das Bad des Zeuxipp) u. ſ. w.; dann die Ikonoklaſten (von 728 an); die Kreuzfahrer (1203 u. 1204), wobei zwei ungeheure Brände bei weitem den meiſten Schaden tha- ten. Damals erwarb Venedig Mancherlei (unten: Local). Zu- gleich litt Griechenland viel durch die Franken und Seeräuber. Die Türken. 2. Die Chriſtlichen Catacomben zeigen, wie auch heid- niſche Gegenſtände (z. B. Orpheus) in die Chriſtliche Allegorie aufgenommen wurden. Die Porphyrurne der Conſtantia iſt mit Bacchiſchen Scenen geſchmückt. Winck. vi, 1. S. 342. Die er- ſten Chriſtl. Kaiſer haben auf den Münzen perſönliche Darſtellungen der Städte, Victorien und andre in das Heidenthum hinein ſtrei- fende Gegenſtände. Ein Flußgott auf dem Sarkophag bei Bouill. iii. pl. 65. Aber auch neu gebildete Gegenſtände, wie der gute Hirte, erſcheinen in dieſer Zeit auf kunſtgemäße Weiſe aufge- faßt. Eine verdienſtliche Statue des guten Hirten in Rom beſchreibt Rumohr It. Forſch. i. S. 168. Ueber die gemma pastoralis der Thes. gemm. astrif. iii. p. 82. In den Sinnbildern der älteſten Chriſten (Münter, Sinnbilder u. Kunſtvorſtellungen der alten Chriſten. 1825) iſt freilich, zum Theil aus dem oft em- pfohlenen Beſtreben, auch in den Sphragiden alles Götzenbildartige zu vermeiden, viel Kleinliches und Spielendes. ΙΧΘϒΣ. Die Meinungen der nachdenkenden Chriſten waren von Anfang an ſehr getheilt, in Rom im Ganzen mehr für die Kunſt, in Africa ſtren- ger. Tertullian, Auguſtin, auch Klemens von Alexandreia ſprechen mit Härte gegen alle Ausübung der Plaſtik und Mahlerei. Vgl. Jacobs Academ. Reden i. S. 547 f. 3. Ueber Conſtantins ſpätre Verwüſtungen von Tempeln Herausg. Winck. vi, 2. S. 403. Libanios Klagen ſind wohl übertrieben. Das Serapeion in Alexandreia, der erſte Tempel nach dem Capitol, durch Theophilos unter Theodoſius zerſtört. Direkte Befehle Tempel zu zerſtören beginnen erſt mit Theodoſius Söhnen. Müller de genio aevi Theod. p. 172. Peterſen p. 122. Man zerſtörte zuerſt beſonders Sitze eines frechen, oder myſtiſchen Cultus, Mithrashöhlen u. dgl., dann auch andre Tem- pelbilder. Man freut ſich dem Volke das ſtaubige Innre der χρυσελεφάντινα ξόανα zu zeigen, Euſeb. Constant. Vita iii, 54. Eunapios klagt die Mönche an, Alarichs Heer zur Zerſtörung des Tempel von Eleuſis geführt zu haben. Da- gegen aber immer auch wieder Bemühungen die Denkmäler des Alterthums zu erhalten. Zum Schutze der Kunſtwerke gab es in

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/238>, abgerufen am 28.04.2024.