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Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830.

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Griechen. Fünfte Periode.
Cassas Voyage pittoresque en Syrie. Palmyra, Tad-
mor, angeblich Anlage von Salomo, hebt sich im ersten Jahrh. n.
Chr. als Handelsort in der Wüste; Residenz des Odenat, der Ze-
nobia, von Aurelian erobert. Die Gebäude wohl meist aus Ode-
nats Zeit, von Aurelian hergestellt. Tempel, Säulengänge, Basi-
liken, Märkte, Wasserleitungen, Ehrendenkmäler, Grabmäler, nur
Nichts für Agonen. 4 Reihen Korinthischer Sänlen bildeten einen
Eang 4000 F. lang. Der T. des Helios, pseudodipt. octast.
200 x 110. An den Korinthischen Capitälen ist nur der Krater
von Stein, alles andre war aus Metall angesetzt. Wood The
Ruins of Palmyra oth. Tedmor
1753. Eine ähnliche Stadt
wie Palmyra soll Baukes in Arabien entdeckt haben, vielleicht Phi-
lippopolis
. -- Dieselbe prunkvolle und überladne Architektur
findet man auch an andern Asiatischen Denkmäleren, dem Triumph-
bogen von Antiochia, den Monument von Mylasa, mit ovalen
Säulen (Ion. ant. ii. pl. 25. Choiseul Gouff. Voy. pitt. i.
pl. 85 sqq.),
dem Tempel zu Kiselgick (Euromos?) Chois. pl.
105 sqq.,
den Trümmern eines T. zu Ephesos (Ion. ant. pl.
44. 45. Chois. pl. 122.), auch in denen eines Säulenganges
zu Thessalonike, Stuart T. iii. ch. 9. In den Felsengräbern
bei Jerusalem, namentlich den sog. Gräbern der Könige, erscheinen
einfachere Griechische Architekturformen, und nur der Charakter der
Zterathen (Trauben, Palmen u. dgl.) ist orientalisch. S. Cassas
T. iii. pl. 19--41. Die Zeit dieser Gräber ist sehr wenig sicher,
s. Münters Antiqu. Abhandl. S. 95 f.

5. Interessant ist besonders die innige Verbindung spätrömischer
und Aegyptischer Formen im Reiche Meroe an einem Tempel-
chen bei Naga, Cailliaud Voy. a Meroe i. pl. 13. Auch in
den merkwürdigen Ruinen von Petra, der Hauptstadt der Naba-
täer, scheint eine spätre orientalisirte Griechische Baukunst vorzulie-
gen. Felsentempel mit Kuppeln, Theater, Felsengräber, Pyrami-
den; Kentaurenfiguren und andre colossale Statuen. Nachrichten
von Irby und Mangles, Bericht von Laborde an das Pariser In-
stitut. Vgl. darüber Schorns Kunstbl. 1829. N. 29 f.


193. Von dem Zeitalter der dreißig Tyrannen,1
noch mehr von Diocletian an, geht die Uppigkeit ganz
in Roheit über. Alle Grundformen und Prinzipien wer-
den vergessen. Die Säulenbaukunst wird mit der Bo-
genarchitektur so verbunden, daß die Bogen zuerst auf
dem Säulengebälk ruhen, dann aber auch so daß die

Griechen. Fuͤnfte Periode.
Caſſas Voyage pittoresque en Syrie. Palmyra, Tad-
mor, angeblich Anlage von Salomo, hebt ſich im erſten Jahrh. n.
Chr. als Handelsort in der Wüſte; Reſidenz des Odenat, der Ze-
nobia, von Aurelian erobert. Die Gebäude wohl meiſt aus Ode-
nats Zeit, von Aurelian hergeſtellt. Tempel, Säulengänge, Baſi-
liken, Märkte, Waſſerleitungen, Ehrendenkmäler, Grabmäler, nur
Nichts für Agonen. 4 Reihen Korinthiſcher Sänlen bildeten einen
Eang 4000 F. lang. Der T. des Helios, pseudodipt. octast.
200 × 110. An den Korinthiſchen Capitälen iſt nur der Krater
von Stein, alles andre war aus Metall angeſetzt. Wood The
Ruins of Palmyra oth. Tedmor
1753. Eine ähnliche Stadt
wie Palmyra ſoll Baukes in Arabien entdeckt haben, vielleicht Phi-
lippopolis
. — Dieſelbe prunkvolle und überladne Architektur
findet man auch an andern Aſiatiſchen Denkmäleren, dem Triumph-
bogen von Antiochia, den Monument von Mylaſa, mit ovalen
Säulen (Ion. ant. ii. pl. 25. Choiſeul Gouff. Voy. pitt. i.
pl. 85 sqq.),
dem Tempel zu Kiſelgick (Euromos?) Choiſ. pl.
105 sqq.,
den Trümmern eines T. zu Epheſos (Ion. ant. pl.
44. 45. Choiſ. pl. 122.), auch in denen eines Säulenganges
zu Theſſalonike, Stuart T. iii. ch. 9. In den Felſengräbern
bei Jeruſalem, namentlich den ſog. Gräbern der Könige, erſcheinen
einfachere Griechiſche Architekturformen, und nur der Charakter der
Zterathen (Trauben, Palmen u. dgl.) iſt orientaliſch. S. Caſſas
T. iii. pl. 19—41. Die Zeit dieſer Gräber iſt ſehr wenig ſicher,
ſ. Münters Antiqu. Abhandl. S. 95 f.

5. Intereſſant iſt beſonders die innige Verbindung ſpätrömiſcher
und Aegyptiſcher Formen im Reiche Meroe an einem Tempel-
chen bei Naga, Cailliaud Voy. à Meroë i. pl. 13. Auch in
den merkwürdigen Ruinen von Petra, der Hauptſtadt der Naba-
täer, ſcheint eine ſpätre orientaliſirte Griechiſche Baukunſt vorzulie-
gen. Felſentempel mit Kuppeln, Theater, Felſengräber, Pyrami-
den; Kentaurenfiguren und andre coloſſale Statuen. Nachrichten
von Irby und Mangles, Bericht von Laborde an das Pariſer In-
ſtitut. Vgl. darüber Schorns Kunſtbl. 1829. N. 29 f.


193. Von dem Zeitalter der dreißig Tyrannen,1
noch mehr von Diocletian an, geht die Uppigkeit ganz
in Roheit uͤber. Alle Grundformen und Prinzipien wer-
den vergeſſen. Die Saͤulenbaukunſt wird mit der Bo-
genarchitektur ſo verbunden, daß die Bogen zuerſt auf
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[183/0205] Griechen. Fuͤnfte Periode. Caſſas Voyage pittoresque en Syrie. Palmyra, Tad- mor, angeblich Anlage von Salomo, hebt ſich im erſten Jahrh. n. Chr. als Handelsort in der Wüſte; Reſidenz des Odenat, der Ze- nobia, von Aurelian erobert. Die Gebäude wohl meiſt aus Ode- nats Zeit, von Aurelian hergeſtellt. Tempel, Säulengänge, Baſi- liken, Märkte, Waſſerleitungen, Ehrendenkmäler, Grabmäler, nur Nichts für Agonen. 4 Reihen Korinthiſcher Sänlen bildeten einen Eang 4000 F. lang. Der T. des Helios, pseudodipt. octast. 200 × 110. An den Korinthiſchen Capitälen iſt nur der Krater von Stein, alles andre war aus Metall angeſetzt. Wood The Ruins of Palmyra oth. Tedmor 1753. Eine ähnliche Stadt wie Palmyra ſoll Baukes in Arabien entdeckt haben, vielleicht Phi- lippopolis. — Dieſelbe prunkvolle und überladne Architektur findet man auch an andern Aſiatiſchen Denkmäleren, dem Triumph- bogen von Antiochia, den Monument von Mylaſa, mit ovalen Säulen (Ion. ant. ii. pl. 25. Choiſeul Gouff. Voy. pitt. i. pl. 85 sqq.), dem Tempel zu Kiſelgick (Euromos?) Choiſ. pl. 105 sqq., den Trümmern eines T. zu Epheſos (Ion. ant. pl. 44. 45. Choiſ. pl. 122.), auch in denen eines Säulenganges zu Theſſalonike, Stuart T. iii. ch. 9. In den Felſengräbern bei Jeruſalem, namentlich den ſog. Gräbern der Könige, erſcheinen einfachere Griechiſche Architekturformen, und nur der Charakter der Zterathen (Trauben, Palmen u. dgl.) iſt orientaliſch. S. Caſſas T. iii. pl. 19—41. Die Zeit dieſer Gräber iſt ſehr wenig ſicher, ſ. Münters Antiqu. Abhandl. S. 95 f. 5. Intereſſant iſt beſonders die innige Verbindung ſpätrömiſcher und Aegyptiſcher Formen im Reiche Meroe an einem Tempel- chen bei Naga, Cailliaud Voy. à Meroë i. pl. 13. Auch in den merkwürdigen Ruinen von Petra, der Hauptſtadt der Naba- täer, ſcheint eine ſpätre orientaliſirte Griechiſche Baukunſt vorzulie- gen. Felſentempel mit Kuppeln, Theater, Felſengräber, Pyrami- den; Kentaurenfiguren und andre coloſſale Statuen. Nachrichten von Irby und Mangles, Bericht von Laborde an das Pariſer In- ſtitut. Vgl. darüber Schorns Kunſtbl. 1829. N. 29 f. 193. Von dem Zeitalter der dreißig Tyrannen, noch mehr von Diocletian an, geht die Uppigkeit ganz in Roheit uͤber. Alle Grundformen und Prinzipien wer- den vergeſſen. Die Saͤulenbaukunſt wird mit der Bo- genarchitektur ſo verbunden, daß die Bogen zuerſt auf dem Saͤulengebaͤlk ruhen, dann aber auch ſo daß die 1

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Handbuch der Archäologie der Kunst. Breslau, 1830, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_kunst_1830/205>, abgerufen am 27.04.2024.