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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824.

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Literatur verleiht, ist die hier mitgetheilte älteste be-
kannte Sagenquelle des Tristan, wir meinen die alt-
englische Bearbeitung des Thomas von Britan-
nien
, aus welcher Gottfried und seine Fortsetzer augen-
scheinlich geschöpft haben; zu diesem altenglischen Ge-
dicht ist hier noch die altwalisische und die altfranzö-
sische Bearbeitung derselben Tristansage hinzugefügt,
so daß der Freund des Mittelalters hier gleichsam alle
die verschiedenen Formationen und Kristallisationen vor
sich sieht, in welchen diese tiefe und anmuthig blühende
Sage sich unter den verschiedenen Völkern des Mittel-
alters gestaltet hat. Voran steht eine geistvolle und
gründliche Untersuchung über die Lebensumstände Gott-
frieds und mehrerer gleichzeitigen Dichter. Im zwei-
ten Bande sind alle noch vorhandenen Minnelieder
Gottfrieds und sein bisher fast noch ganz ungedruckter
Lobgesang auf die Jungfrau Maria und Christus aus
der Manessischen Handschrift mitgetheilt. Den Be-
schluß macht ein kritisch gearbeitetes Wörterbuch über
alle die verschiedenen hier zusammengestellten altdeut-
schen Dichtungen. Ueber die Schönheit der Darstel-
lung und des Stoffes im Tristan noch etwas hinzuzu-
fügen, würde nach dem, was Docen hierüber im

altdeutschen Museum (B. I. S. 52. f.) aus-
führlich gesagt hat, überflüssig sein. Wir bemerken
blos noch, daß für den Anfänger, oder auch für den
Dilettanten der altdeutschen Poesie das in Rede stehen-
de Werk ganz vorzüglich und zwar mehr als viele an-
dere, ansprechend, ergetzend und zugleich eine reiche
Quelle des Studiums und der Belehrung sein dürfte. --
Die Verlagshandlung dieses zweiten Hauptwerks alt-
deutscher Literatur hat es sich angelegen sein lassen,
dasselbe korrekt und anständig im Druck auszustatten,
und eine in Zeichnung und Stich ganz überaus gelun-
gene Abbildung von Tristan und Isolde beizufügen.
Bei den bedeutenden Kosten, welche besonders der
schwierige Satz verursacht hat, ist der Ladenpreis un-
gemein wohlfeil gestellt; der erlittene Verlust bei der
verbrannten ersten Auflage, und der nicht unbedeutende
Kostenaufwand für Zeichnung, Stich, Abdruck etc. des
meisterhaft ausgeführten Kupferstichs, ist bei der Preis-
Festsetzung gar nicht in Anschlag gebracht worden: so

Literatur verleiht, iſt die hier mitgetheilte aͤlteſte be-
kannte Sagenquelle des Triſtan, wir meinen die alt-
engliſche Bearbeitung des Thomas von Britan-
nien
, aus welcher Gottfried und ſeine Fortſetzer augen-
ſcheinlich geſchoͤpft haben; zu dieſem altengliſchen Ge-
dicht iſt hier noch die altwaliſiſche und die altfranzoͤ-
ſiſche Bearbeitung derſelben Triſtanſage hinzugefuͤgt,
ſo daß der Freund des Mittelalters hier gleichſam alle
die verſchiedenen Formationen und Kriſtalliſationen vor
ſich ſieht, in welchen dieſe tiefe und anmuthig bluͤhende
Sage ſich unter den verſchiedenen Voͤlkern des Mittel-
alters geſtaltet hat. Voran ſteht eine geiſtvolle und
gruͤndliche Unterſuchung uͤber die Lebensumſtaͤnde Gott-
frieds und mehrerer gleichzeitigen Dichter. Im zwei-
ten Bande ſind alle noch vorhandenen Minnelieder
Gottfrieds und ſein bisher faſt noch ganz ungedruckter
Lobgeſang auf die Jungfrau Maria und Chriſtus aus
der Maneſſiſchen Handſchrift mitgetheilt. Den Be-
ſchluß macht ein kritiſch gearbeitetes Woͤrterbuch uͤber
alle die verſchiedenen hier zuſammengeſtellten altdeut-
ſchen Dichtungen. Ueber die Schoͤnheit der Darſtel-
lung und des Stoffes im Triſtan noch etwas hinzuzu-
fuͤgen, wuͤrde nach dem, was Docen hieruͤber im

altdeutſchen Muſeum (B. I. S. 52. f.) aus-
fuͤhrlich geſagt hat, uͤberfluͤſſig ſein. Wir bemerken
blos noch, daß fuͤr den Anfaͤnger, oder auch fuͤr den
Dilettanten der altdeutſchen Poeſie das in Rede ſtehen-
de Werk ganz vorzuͤglich und zwar mehr als viele an-
dere, anſprechend, ergetzend und zugleich eine reiche
Quelle des Studiums und der Belehrung ſein duͤrfte. —
Die Verlagshandlung dieſes zweiten Hauptwerks alt-
deutſcher Literatur hat es ſich angelegen ſein laſſen,
daſſelbe korrekt und anſtaͤndig im Druck auszuſtatten,
und eine in Zeichnung und Stich ganz uͤberaus gelun-
gene Abbildung von Triſtan und Iſolde beizufuͤgen.
Bei den bedeutenden Koſten, welche beſonders der
ſchwierige Satz verurſacht hat, iſt der Ladenpreis un-
gemein wohlfeil geſtellt; der erlittene Verluſt bei der
verbrannten erſten Auflage, und der nicht unbedeutende
Koſtenaufwand fuͤr Zeichnung, Stich, Abdruck etc. des
meiſterhaft ausgefuͤhrten Kupferſtichs, iſt bei der Preis-
Feſtſetzung gar nicht in Anſchlag gebracht worden: ſo

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[564/0570] Literatur verleiht, iſt die hier mitgetheilte aͤlteſte be- kannte Sagenquelle des Triſtan, wir meinen die alt- engliſche Bearbeitung des Thomas von Britan- nien, aus welcher Gottfried und ſeine Fortſetzer augen- ſcheinlich geſchoͤpft haben; zu dieſem altengliſchen Ge- dicht iſt hier noch die altwaliſiſche und die altfranzoͤ- ſiſche Bearbeitung derſelben Triſtanſage hinzugefuͤgt, ſo daß der Freund des Mittelalters hier gleichſam alle die verſchiedenen Formationen und Kriſtalliſationen vor ſich ſieht, in welchen dieſe tiefe und anmuthig bluͤhende Sage ſich unter den verſchiedenen Voͤlkern des Mittel- alters geſtaltet hat. Voran ſteht eine geiſtvolle und gruͤndliche Unterſuchung uͤber die Lebensumſtaͤnde Gott- frieds und mehrerer gleichzeitigen Dichter. Im zwei- ten Bande ſind alle noch vorhandenen Minnelieder Gottfrieds und ſein bisher faſt noch ganz ungedruckter Lobgeſang auf die Jungfrau Maria und Chriſtus aus der Maneſſiſchen Handſchrift mitgetheilt. Den Be- ſchluß macht ein kritiſch gearbeitetes Woͤrterbuch uͤber alle die verſchiedenen hier zuſammengeſtellten altdeut- ſchen Dichtungen. Ueber die Schoͤnheit der Darſtel- lung und des Stoffes im Triſtan noch etwas hinzuzu- fuͤgen, wuͤrde nach dem, was Docen hieruͤber im altdeutſchen Muſeum (B. I. S. 52. f.) aus- fuͤhrlich geſagt hat, uͤberfluͤſſig ſein. Wir bemerken blos noch, daß fuͤr den Anfaͤnger, oder auch fuͤr den Dilettanten der altdeutſchen Poeſie das in Rede ſtehen- de Werk ganz vorzuͤglich und zwar mehr als viele an- dere, anſprechend, ergetzend und zugleich eine reiche Quelle des Studiums und der Belehrung ſein duͤrfte. — Die Verlagshandlung dieſes zweiten Hauptwerks alt- deutſcher Literatur hat es ſich angelegen ſein laſſen, daſſelbe korrekt und anſtaͤndig im Druck auszuſtatten, und eine in Zeichnung und Stich ganz uͤberaus gelun- gene Abbildung von Triſtan und Iſolde beizufuͤgen. Bei den bedeutenden Koſten, welche beſonders der ſchwierige Satz verurſacht hat, iſt der Ladenpreis un- gemein wohlfeil geſtellt; der erlittene Verluſt bei der verbrannten erſten Auflage, und der nicht unbedeutende Koſtenaufwand fuͤr Zeichnung, Stich, Abdruck etc. des meiſterhaft ausgefuͤhrten Kupferſtichs, iſt bei der Preis- Feſtſetzung gar nicht in Anſchlag gebracht worden: ſo

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Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 564. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/570>, abgerufen am 27.11.2024.