Auch den König betrauerten sie sammt Weibern und Kindern, Raffte das Trauergeschick einen des Todes hinweg. 1
Darnach würden die Helotenfamilien, deren mehrere zu einem Kleros gehörten, nur 82 Medimnen im Durch- schnitt behalten haben, und der ganze hätte 164 ge- tragen. Allein dies kann nicht die Einrichtung sein, von der Plutarch redet, und Tyrtäos beschreibt einen durch die Umstände vergrößerten Druck. Denn wenn man annimmt, wie sich unten als wahrscheinlich zeigen wird, daß die Güter der Spartiaten zwei Drittel des Lakonischen Gebiets betrugen, welches man auf 180 Quadratmeilen anschlagen kann, und davon für Berg, Wald, Viehweiden, Weinland und Baumpflanzungen selbst drei Viertel abrechnen mag: so erhält man doch 30 Quadratmeilen für die 9000 Ackerloose der Spar- tiaten, von welchen also jedes 1/300 Meile, oder 192 Plethren beträgt, welche leicht 400 Medimnen Ertrag geben 2, von denen nach Abzug der 82 noch 21 Men- schen mit dem täglichen Brodte, einem Chönix, dop- pelt versorgt werden können. Wenigstens sieht man ein, daß jeder Kleros sechs oder sieben Helotenfamilien recht wohl ernähren konnte. Indessen muß man sich nicht überreden, daß jene Abgabe für alle Portionen des Spartiatischen Landes ganz dieselbe gewesen sei. Eine so streng durchgeführte Gleichheit -- die überdies alles Interesse des Besitzes aufgehoben hätte -- machte schon die verschiedene Beschaffenheit des Landes unmög- lich. Wir wissen ja, daß viele Spartiaten Heerden
1 Das letzte wird als Pflicht der Periöken aber auch der Heloten erwähnt. Herod. 6, 58.
2 vgl. Böckh Staatshaush. 1. S. 87. -- Von 400 ist 82 etwa das Fünstel. In Athen zinsten die thetous, pelatai an die Eupatriden ein Sechstel des Ertrags. (Gewiß die richtige Annahme.) S. Plut. Sol. 13. vgl. Hemsterh. zu Hesych epimortos.
Auch den Koͤnig betrauerten ſie ſammt Weibern und Kindern, Raffte das Trauergeſchick einen des Todes hinweg. 1
Darnach wuͤrden die Helotenfamilien, deren mehrere zu einem Kleros gehoͤrten, nur 82 Medimnen im Durch- ſchnitt behalten haben, und der ganze haͤtte 164 ge- tragen. Allein dies kann nicht die Einrichtung ſein, von der Plutarch redet, und Tyrtaͤos beſchreibt einen durch die Umſtaͤnde vergroͤßerten Druck. Denn wenn man annimmt, wie ſich unten als wahrſcheinlich zeigen wird, daß die Guͤter der Spartiaten zwei Drittel des Lakoniſchen Gebiets betrugen, welches man auf 180 Quadratmeilen anſchlagen kann, und davon fuͤr Berg, Wald, Viehweiden, Weinland und Baumpflanzungen ſelbſt drei Viertel abrechnen mag: ſo erhaͤlt man doch 30 Quadratmeilen fuͤr die 9000 Ackerlooſe der Spar- tiaten, von welchen alſo jedes 1/300 Meile, oder 192 Plethren betraͤgt, welche leicht 400 Medimnen Ertrag geben 2, von denen nach Abzug der 82 noch 21 Men- ſchen mit dem taͤglichen Brodte, einem Choͤnix, dop- pelt verſorgt werden koͤnnen. Wenigſtens ſieht man ein, daß jeder Kleros ſechs oder ſieben Helotenfamilien recht wohl ernaͤhren konnte. Indeſſen muß man ſich nicht uͤberreden, daß jene Abgabe fuͤr alle Portionen des Spartiatiſchen Landes ganz dieſelbe geweſen ſei. Eine ſo ſtreng durchgefuͤhrte Gleichheit — die uͤberdies alles Intereſſe des Beſitzes aufgehoben haͤtte — machte ſchon die verſchiedene Beſchaffenheit des Landes unmoͤg- lich. Wir wiſſen ja, daß viele Spartiaten Heerden
1 Das letzte wird als Pflicht der Perioͤken aber auch der Heloten erwaͤhnt. Herod. 6, 58.
2 vgl. Boͤckh Staatshaush. 1. S. 87. — Von 400 iſt 82 etwa das Fuͤnſtel. In Athen zinsten die ϑῆτȣς, πελάται an die Eupatriden ein Sechstel des Ertrags. (Gewiß die richtige Annahme.) S. Plut. Sol. 13. vgl. Hemſterh. zu Heſych ἐπὶμοϱτος.
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Auch den Koͤnig betrauerten ſie ſammt Weibern und Kindern,
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Darnach wuͤrden die Helotenfamilien, deren mehrere zu
einem Kleros gehoͤrten, nur 82 Medimnen im Durch-
ſchnitt behalten haben, und der ganze haͤtte 164 ge-
tragen. Allein dies kann nicht die Einrichtung ſein,
von der Plutarch redet, und Tyrtaͤos beſchreibt einen
durch die Umſtaͤnde vergroͤßerten Druck. Denn wenn
man annimmt, wie ſich unten als wahrſcheinlich zeigen
wird, daß die Guͤter der Spartiaten zwei Drittel des
Lakoniſchen Gebiets betrugen, welches man auf 180
Quadratmeilen anſchlagen kann, und davon fuͤr Berg,
Wald, Viehweiden, Weinland und Baumpflanzungen
ſelbſt drei Viertel abrechnen mag: ſo erhaͤlt man doch
30 Quadratmeilen fuͤr die 9000 Ackerlooſe der Spar-
tiaten, von welchen alſo jedes 1/300 Meile, oder 192
Plethren betraͤgt, welche leicht 400 Medimnen Ertrag
geben 2, von denen nach Abzug der 82 noch 21 Men-
ſchen mit dem taͤglichen Brodte, einem Choͤnix, dop-
pelt verſorgt werden koͤnnen. Wenigſtens ſieht man
ein, daß jeder Kleros ſechs oder ſieben Helotenfamilien
recht wohl ernaͤhren konnte. Indeſſen muß man ſich
nicht uͤberreden, daß jene Abgabe fuͤr alle Portionen
des Spartiatiſchen Landes ganz dieſelbe geweſen ſei.
Eine ſo ſtreng durchgefuͤhrte Gleichheit — die uͤberdies
alles Intereſſe des Beſitzes aufgehoben haͤtte — machte
ſchon die verſchiedene Beſchaffenheit des Landes unmoͤg-
lich. Wir wiſſen ja, daß viele Spartiaten Heerden
1 Das letzte wird als Pflicht der Perioͤken aber auch der
Heloten erwaͤhnt. Herod. 6, 58.
2 vgl. Boͤckh Staatshaush.
1. S. 87. — Von 400 iſt 82 etwa das Fuͤnſtel. In Athen
zinsten die ϑῆτȣς, πελάται an die Eupatriden ein Sechstel des
Ertrags. (Gewiß die richtige Annahme.) S. Plut. Sol. 13.
vgl. Hemſterh. zu Heſych ἐπὶμοϱτος.
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Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 2. Breslau, 1824, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische03_1824/42>, abgerufen am 03.12.2024.
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