Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite

sen, eng verbundene Name stammt und herkommt.
Und diese können wir schwerlich lösen, ohne von den
Ortygien überhaupt zu reden.

In der Odyssee tödtet Artemis den Orion iu Or-
tygia 1, diese That hängt aber genau mit der Deli-
schen Mythologie zusammen, also ist hier Ortygia De-
los. Ein Vers in demselben Gedicht nennt Ortygia
neben Syros unter den Kykladen, und meint also die-
selbe Insel 2. Dagegen wird im Hymnus auf den
Delischen Apoll die Geburt dieses Gottes nach De-
los, der Artemis nach Ortygia gesetzt; also ist hier
Ortygia nicht Delos. Die Sicilische Ortygia nun kam
bei Hesiodos vor 3 -- nämlich in einem jüngern Ge-
dicht als Olymp. 5, vor welcher Zeit die Insel ohne
Bedeutung für die Hellenen war; Pindar nennt die-
selbe der Artemis Lager, Delos Schwester 4. Ein an-
deres Ortygia lag auf dem Aetolischen Berge Chalkis,
und von diesem war, nach Nikandros in seinen Aeto-
schen Geschichten und nach Phanodikos über Delos,
der Name nach Delos und auf alle andern Orty-
gien übertragen 5. Jener stellte es als eine Wande-

1 Od. 5, 123. vgl. Apollod. 1, 4, 3. Hesych Ortugia.
Von den Wachteln, Athen. 9, 392 d. aus Phanodemos; von einer
Verwandlung der Leto (Schol. Pind. P. Arg. p. 297. Bh. Ta-
tian in Gr. p. 149.) oder der Asteria. Hygin fb. 53. Aa.
2 15.
402. vgl. Orchom. S. 326.
3 Str. 1, 23.
4 N. 1, 2. weil sie
die Religion der Göttin mit Delos theilt. S. Dissens Auseinan-
dersetzung a. O. -- Daß Delos von Sicilien losgerissen, sagen erst
Spätere, wie Lukian Dial. mar. 10.
5 Schol. Apoll. 1,
419. vgl. Apollod. 1, 7. 9. Heyne. Diese Aetol. Artemis (Aitole
zu Naupaktos, Paus. 10, 38, 6. Aitolis bei den Henetern, Str-
5, 215.) ist wohl eins mit der Laphria, deren Cult von Kalydon
(Plut. de fluv. Acheloos) auch nach Paträ, Pharä, Messenien ver-
setzt wurde. S. Paus. 4, 31, 6. 7, 18, 6. Münzen von Paträ u
Pharä. Auch zu Delphi kommt sie vor (P. 7, 18, 6. Schol. Eu-
rip. Or. 1100.), daher Laphriadai phratria en Delphois, Hesych.

ſen, eng verbundene Name ſtammt und herkommt.
Und dieſe koͤnnen wir ſchwerlich loͤſen, ohne von den
Ortygien uͤberhaupt zu reden.

In der Odyſſee toͤdtet Artemis den Orion iu Or-
tygia 1, dieſe That haͤngt aber genau mit der Deli-
ſchen Mythologie zuſammen, alſo iſt hier Ortygia De-
los. Ein Vers in demſelben Gedicht nennt Ortygia
neben Syros unter den Kykladen, und meint alſo die-
ſelbe Inſel 2. Dagegen wird im Hymnus auf den
Deliſchen Apoll die Geburt dieſes Gottes nach De-
los, der Artemis nach Ortygia geſetzt; alſo iſt hier
Ortygia nicht Delos. Die Siciliſche Ortygia nun kam
bei Heſiodos vor 3 — naͤmlich in einem juͤngern Ge-
dicht als Olymp. 5, vor welcher Zeit die Inſel ohne
Bedeutung fuͤr die Hellenen war; Pindar nennt die-
ſelbe der Artemis Lager, Delos Schweſter 4. Ein an-
deres Ortygia lag auf dem Aetoliſchen Berge Chalkis,
und von dieſem war, nach Nikandros in ſeinen Aeto-
ſchen Geſchichten und nach Phanodikos uͤber Delos,
der Name nach Delos und auf alle andern Orty-
gien uͤbertragen 5. Jener ſtellte es als eine Wande-

1 Od. 5, 123. vgl. Apollod. 1, 4, 3. Heſych Ὀϱτυγία.
Von den Wachteln, Athen. 9, 392 d. aus Phanodemos; von einer
Verwandlung der Leto (Schol. Pind. P. Arg. p. 297. Bh. Ta-
tian in Gr. p. 149.) oder der Aſteria. Hygin fb. 53. Aa.
2 15.
402. vgl. Orchom. S. 326.
3 Str. 1, 23.
4 N. 1, 2. weil ſie
die Religion der Goͤttin mit Delos theilt. S. Diſſens Auseinan-
derſetzung a. O. — Daß Delos von Sicilien losgeriſſen, ſagen erſt
Spaͤtere, wie Lukian Dial. mar. 10.
5 Schol. Apoll. 1,
419. vgl. Apollod. 1, 7. 9. Heyne. Dieſe Aetol. Artemis (Αἰτωλη
zu Naupaktos, Pauſ. 10, 38, 6. Αἰτωλὶς bei den Henetern, Str-
5, 215.) iſt wohl eins mit der Laphria, deren Cult von Kalydon
(Plut. de fluv. Acheloos) auch nach Patraͤ, Pharaͤ, Meſſenien ver-
ſetzt wurde. S. Pauſ. 4, 31, 6. 7, 18, 6. Muͤnzen von Patraͤ u
Pharaͤ. Auch zu Delphi kommt ſie vor (P. 7, 18, 6. Schol. Eu-
rip. Or. 1100.), daher Λαφϱιάδαι φϱατϱία ἐν Δελφοῖς, Heſych.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0407" n="377"/>
&#x017F;en, eng verbundene <hi rendition="#g">Name</hi> &#x017F;tammt und herkommt.<lb/>
Und die&#x017F;e ko&#x0364;nnen wir &#x017F;chwerlich lo&#x0364;&#x017F;en, ohne von den<lb/><hi rendition="#g">Ortygien</hi> u&#x0364;berhaupt zu reden.</p><lb/>
              <p>In der Ody&#x017F;&#x017F;ee to&#x0364;dtet Artemis den Orion iu Or-<lb/>
tygia <note place="foot" n="1">Od. 5, 123. vgl. Apollod. 1, 4, 3. He&#x017F;ych &#x1F48;&#x03F1;&#x03C4;&#x03C5;&#x03B3;&#x03AF;&#x03B1;.<lb/>
Von den Wachteln, Athen. 9, 392 <hi rendition="#aq">d.</hi> aus Phanodemos; von einer<lb/>
Verwandlung der Leto (Schol. Pind. P. <hi rendition="#aq">Arg. p.</hi> 297. Bh. Ta-<lb/>
tian <hi rendition="#aq">in Gr. p.</hi> 149.) oder der A&#x017F;teria. Hygin <hi rendition="#aq">fb.</hi> 53. Aa.</note>, die&#x017F;e That ha&#x0364;ngt aber genau mit der Deli-<lb/>
&#x017F;chen Mythologie zu&#x017F;ammen, al&#x017F;o i&#x017F;t hier Ortygia De-<lb/>
los. Ein Vers in dem&#x017F;elben Gedicht nennt Ortygia<lb/>
neben Syros unter den Kykladen, und meint al&#x017F;o die-<lb/>
&#x017F;elbe In&#x017F;el <note place="foot" n="2">15.<lb/>
402. vgl. Orchom. S. 326.</note>. Dagegen wird im Hymnus auf den<lb/>
Deli&#x017F;chen Apoll die Geburt die&#x017F;es Gottes nach De-<lb/>
los, der Artemis nach Ortygia ge&#x017F;etzt; al&#x017F;o i&#x017F;t hier<lb/>
Ortygia nicht Delos. Die Sicili&#x017F;che Ortygia nun kam<lb/>
bei He&#x017F;iodos vor <note place="foot" n="3">Str. 1, 23.</note> &#x2014; na&#x0364;mlich in einem ju&#x0364;ngern Ge-<lb/>
dicht als Olymp. 5, vor welcher Zeit die In&#x017F;el ohne<lb/>
Bedeutung fu&#x0364;r die Hellenen war; Pindar nennt die-<lb/>
&#x017F;elbe der Artemis Lager, Delos Schwe&#x017F;ter <note place="foot" n="4">N. 1, 2. weil &#x017F;ie<lb/>
die Religion der Go&#x0364;ttin mit Delos theilt. S. Di&#x017F;&#x017F;ens Auseinan-<lb/>
der&#x017F;etzung a. O. &#x2014; Daß Delos von Sicilien losgeri&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;agen er&#x017F;t<lb/>
Spa&#x0364;tere, wie Lukian <hi rendition="#aq">Dial. mar.</hi> 10.</note>. Ein an-<lb/>
deres Ortygia lag auf dem Aetoli&#x017F;chen Berge Chalkis,<lb/>
und von die&#x017F;em war, nach Nikandros in &#x017F;einen Aeto-<lb/>
&#x017F;chen Ge&#x017F;chichten und nach Phanodikos u&#x0364;ber Delos,<lb/>
der Name nach Delos und auf alle andern Orty-<lb/>
gien u&#x0364;bertragen <note xml:id="seg2pn_37_1" next="#seg2pn_37_2" place="foot" n="5">Schol. Apoll. 1,<lb/>
419. vgl. Apollod. 1, 7. 9. Heyne. Die&#x017F;e Aetol. Artemis (&#x0391;&#x1F30;&#x03C4;&#x03C9;&#x03BB;&#x03B7;<lb/>
zu Naupaktos, Pau&#x017F;. 10, 38, 6. &#x0391;&#x1F30;&#x03C4;&#x03C9;&#x03BB;&#x1F76;&#x03C2; bei den Henetern, Str-<lb/>
5, 215.) i&#x017F;t wohl eins mit der <hi rendition="#g">Laphria,</hi> deren Cult von Kalydon<lb/>
(Plut. <hi rendition="#aq">de fluv.</hi> Acheloos) auch nach Patra&#x0364;, Phara&#x0364;, Me&#x017F;&#x017F;enien ver-<lb/>
&#x017F;etzt wurde. S. Pau&#x017F;. 4, 31, 6. 7, 18, 6. Mu&#x0364;nzen von Patra&#x0364; u<lb/>
Phara&#x0364;. Auch zu Delphi kommt &#x017F;ie vor (P. 7, 18, 6. Schol. Eu-<lb/>
rip. Or. 1100.), daher &#x039B;&#x03B1;&#x03C6;&#x03F1;&#x03B9;&#x03AC;&#x03B4;&#x03B1;&#x03B9; &#x03C6;&#x03F1;&#x03B1;&#x03C4;&#x03F1;&#x03AF;&#x03B1; &#x1F10;&#x03BD; &#x0394;&#x03B5;&#x03BB;&#x03C6;&#x03BF;&#x1FD6;&#x03C2;, He&#x017F;ych.</note>. Jener &#x017F;tellte es als eine Wande-<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[377/0407] ſen, eng verbundene Name ſtammt und herkommt. Und dieſe koͤnnen wir ſchwerlich loͤſen, ohne von den Ortygien uͤberhaupt zu reden. In der Odyſſee toͤdtet Artemis den Orion iu Or- tygia 1, dieſe That haͤngt aber genau mit der Deli- ſchen Mythologie zuſammen, alſo iſt hier Ortygia De- los. Ein Vers in demſelben Gedicht nennt Ortygia neben Syros unter den Kykladen, und meint alſo die- ſelbe Inſel 2. Dagegen wird im Hymnus auf den Deliſchen Apoll die Geburt dieſes Gottes nach De- los, der Artemis nach Ortygia geſetzt; alſo iſt hier Ortygia nicht Delos. Die Siciliſche Ortygia nun kam bei Heſiodos vor 3 — naͤmlich in einem juͤngern Ge- dicht als Olymp. 5, vor welcher Zeit die Inſel ohne Bedeutung fuͤr die Hellenen war; Pindar nennt die- ſelbe der Artemis Lager, Delos Schweſter 4. Ein an- deres Ortygia lag auf dem Aetoliſchen Berge Chalkis, und von dieſem war, nach Nikandros in ſeinen Aeto- ſchen Geſchichten und nach Phanodikos uͤber Delos, der Name nach Delos und auf alle andern Orty- gien uͤbertragen 5. Jener ſtellte es als eine Wande- 1 Od. 5, 123. vgl. Apollod. 1, 4, 3. Heſych Ὀϱτυγία. Von den Wachteln, Athen. 9, 392 d. aus Phanodemos; von einer Verwandlung der Leto (Schol. Pind. P. Arg. p. 297. Bh. Ta- tian in Gr. p. 149.) oder der Aſteria. Hygin fb. 53. Aa. 2 15. 402. vgl. Orchom. S. 326. 3 Str. 1, 23. 4 N. 1, 2. weil ſie die Religion der Goͤttin mit Delos theilt. S. Diſſens Auseinan- derſetzung a. O. — Daß Delos von Sicilien losgeriſſen, ſagen erſt Spaͤtere, wie Lukian Dial. mar. 10. 5 Schol. Apoll. 1, 419. vgl. Apollod. 1, 7. 9. Heyne. Dieſe Aetol. Artemis (Αἰτωλη zu Naupaktos, Pauſ. 10, 38, 6. Αἰτωλὶς bei den Henetern, Str- 5, 215.) iſt wohl eins mit der Laphria, deren Cult von Kalydon (Plut. de fluv. Acheloos) auch nach Patraͤ, Pharaͤ, Meſſenien ver- ſetzt wurde. S. Pauſ. 4, 31, 6. 7, 18, 6. Muͤnzen von Patraͤ u Pharaͤ. Auch zu Delphi kommt ſie vor (P. 7, 18, 6. Schol. Eu- rip. Or. 1100.), daher Λαφϱιάδαι φϱατϱία ἐν Δελφοῖς, Heſych.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/407
Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/407>, abgerufen am 26.06.2024.