Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

und durch deren Gegengewicht die Absonderung und Isolirung
unzähliger ökonomischer Functionen erst möglich geworden --
so wird uns vielleicht anfänglich der Welthandel täuschen,
wir werden uns einstweilen mit dem Ueberflusse unserer Pro-
duktion an die Persönlichkeit der Nachbarstaaten anschließen,
und ein Schein üppigen Fortschreitens wird uns eine Zeit
lang blenden; aber die Schwankungen des Welthandels,
die ewigen Wechsel der äußeren politischen Verhältnisse
werden uns bald belehren, daß wir mehr verloren als
gewonnen, daß wir nie ein Gut eintauschen können, wel-
ches uns für den Verlust unseres inneren Gleichgewichts
entschädige.

Je gewinnreicher unser Handel ist, je mehr und je viel-
fältigere Gegenstände des Privateigenthums wir uns dadurch
aneignen, um so unsicherer und augenblicklicher wird unser
Besitz, weil er immer mehr außer Verhältniß tritt, zu der
Persönlichkeit die ihn trägt. Der active Sechandel allein
hat die glückliche Eigenschaft, daß dort die Gefahren des
Elements den Lebensmuth um so viel steigern, als die Pri-
vatgenüsse die er verschafft, ihn schwächen würden. Auch
liegt England ganz außer dem Umkreise unserer Betrachtung,
wenn nicht gerade die ungeheure tausendjährige unverletzte,
alle Institutionen und Gesetze, ja alle einzelne Bürger durch-
dringende Persönlichkeit seiner Verfassung, mit deren Hülfe
es die Last des Welthandels auf leichten Schultern trägt,
das lehrreichste Beyspiel für die Wahrheit unsers Systems
darböthe, wenn nicht gerade die politischen Verhält-
nisse
ausgebildeter, und die Wechselwirkung nach allen

und durch deren Gegengewicht die Abſonderung und Iſolirung
unzaͤhliger oͤkonomiſcher Functionen erſt moͤglich geworden —
ſo wird uns vielleicht anfaͤnglich der Welthandel taͤuſchen,
wir werden uns einſtweilen mit dem Ueberfluſſe unſerer Pro-
duktion an die Perſoͤnlichkeit der Nachbarſtaaten anſchließen,
und ein Schein uͤppigen Fortſchreitens wird uns eine Zeit
lang blenden; aber die Schwankungen des Welthandels,
die ewigen Wechſel der aͤußeren politiſchen Verhaͤltniſſe
werden uns bald belehren, daß wir mehr verloren als
gewonnen, daß wir nie ein Gut eintauſchen koͤnnen, wel-
ches uns fuͤr den Verluſt unſeres inneren Gleichgewichts
entſchaͤdige.

Je gewinnreicher unſer Handel iſt, je mehr und je viel-
faͤltigere Gegenſtaͤnde des Privateigenthums wir uns dadurch
aneignen, um ſo unſicherer und augenblicklicher wird unſer
Beſitz, weil er immer mehr außer Verhaͤltniß tritt, zu der
Perſoͤnlichkeit die ihn traͤgt. Der active Sechandel allein
hat die gluͤckliche Eigenſchaft, daß dort die Gefahren des
Elements den Lebensmuth um ſo viel ſteigern, als die Pri-
vatgenuͤſſe die er verſchafft, ihn ſchwaͤchen wuͤrden. Auch
liegt England ganz außer dem Umkreiſe unſerer Betrachtung,
wenn nicht gerade die ungeheure tauſendjaͤhrige unverletzte,
alle Inſtitutionen und Geſetze, ja alle einzelne Buͤrger durch-
dringende Perſoͤnlichkeit ſeiner Verfaſſung, mit deren Huͤlfe
es die Laſt des Welthandels auf leichten Schultern traͤgt,
das lehrreichſte Beyſpiel fuͤr die Wahrheit unſers Syſtems
darboͤthe, wenn nicht gerade die politiſchen Verhaͤlt-
niſſe
ausgebildeter, und die Wechſelwirkung nach allen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0060" n="46"/>
und durch deren Gegengewicht die Ab&#x017F;onderung und I&#x017F;olirung<lb/>
unza&#x0364;hliger o&#x0364;konomi&#x017F;cher Functionen er&#x017F;t mo&#x0364;glich geworden &#x2014;<lb/>
&#x017F;o wird uns vielleicht anfa&#x0364;nglich der Welthandel ta&#x0364;u&#x017F;chen,<lb/>
wir werden uns ein&#x017F;tweilen mit dem Ueberflu&#x017F;&#x017F;e un&#x017F;erer Pro-<lb/>
duktion an die Per&#x017F;o&#x0364;nlichkeit der Nachbar&#x017F;taaten an&#x017F;chließen,<lb/>
und ein Schein u&#x0364;ppigen Fort&#x017F;chreitens wird uns eine Zeit<lb/>
lang blenden; aber die Schwankungen des Welthandels,<lb/>
die ewigen Wech&#x017F;el der a&#x0364;ußeren politi&#x017F;chen Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e<lb/>
werden uns bald belehren, daß wir mehr verloren als<lb/>
gewonnen, daß wir nie ein Gut eintau&#x017F;chen ko&#x0364;nnen, wel-<lb/>
ches uns fu&#x0364;r den Verlu&#x017F;t un&#x017F;eres inneren Gleichgewichts<lb/>
ent&#x017F;cha&#x0364;dige.</p><lb/>
          <p>Je gewinnreicher un&#x017F;er Handel i&#x017F;t, je mehr und je viel-<lb/>
fa&#x0364;ltigere Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde des Privateigenthums wir uns dadurch<lb/>
aneignen, um &#x017F;o un&#x017F;icherer und augenblicklicher wird un&#x017F;er<lb/>
Be&#x017F;itz, weil er immer mehr außer Verha&#x0364;ltniß tritt, zu der<lb/>
Per&#x017F;o&#x0364;nlichkeit die ihn tra&#x0364;gt. Der active Sechandel allein<lb/>
hat die glu&#x0364;ckliche Eigen&#x017F;chaft, daß dort die Gefahren des<lb/>
Elements den Lebensmuth um &#x017F;o viel &#x017F;teigern, als die Pri-<lb/>
vatgenu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e die er ver&#x017F;chafft, ihn &#x017F;chwa&#x0364;chen wu&#x0364;rden. Auch<lb/>
liegt <placeName>England</placeName> ganz außer dem Umkrei&#x017F;e un&#x017F;erer Betrachtung,<lb/>
wenn nicht gerade die ungeheure tau&#x017F;endja&#x0364;hrige unverletzte,<lb/>
alle In&#x017F;titutionen und Ge&#x017F;etze, ja alle einzelne Bu&#x0364;rger durch-<lb/>
dringende Per&#x017F;o&#x0364;nlichkeit &#x017F;einer Verfa&#x017F;&#x017F;ung, mit deren Hu&#x0364;lfe<lb/>
es die La&#x017F;t des Welthandels auf leichten Schultern tra&#x0364;gt,<lb/>
das lehrreich&#x017F;te Bey&#x017F;piel fu&#x0364;r die Wahrheit un&#x017F;ers Sy&#x017F;tems<lb/>
darbo&#x0364;the, wenn nicht gerade die politi&#x017F;chen <hi rendition="#g">Verha&#x0364;lt-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;e</hi> ausgebildeter, und die <hi rendition="#g">Wech&#x017F;elwirkung</hi> nach allen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[46/0060] und durch deren Gegengewicht die Abſonderung und Iſolirung unzaͤhliger oͤkonomiſcher Functionen erſt moͤglich geworden — ſo wird uns vielleicht anfaͤnglich der Welthandel taͤuſchen, wir werden uns einſtweilen mit dem Ueberfluſſe unſerer Pro- duktion an die Perſoͤnlichkeit der Nachbarſtaaten anſchließen, und ein Schein uͤppigen Fortſchreitens wird uns eine Zeit lang blenden; aber die Schwankungen des Welthandels, die ewigen Wechſel der aͤußeren politiſchen Verhaͤltniſſe werden uns bald belehren, daß wir mehr verloren als gewonnen, daß wir nie ein Gut eintauſchen koͤnnen, wel- ches uns fuͤr den Verluſt unſeres inneren Gleichgewichts entſchaͤdige. Je gewinnreicher unſer Handel iſt, je mehr und je viel- faͤltigere Gegenſtaͤnde des Privateigenthums wir uns dadurch aneignen, um ſo unſicherer und augenblicklicher wird unſer Beſitz, weil er immer mehr außer Verhaͤltniß tritt, zu der Perſoͤnlichkeit die ihn traͤgt. Der active Sechandel allein hat die gluͤckliche Eigenſchaft, daß dort die Gefahren des Elements den Lebensmuth um ſo viel ſteigern, als die Pri- vatgenuͤſſe die er verſchafft, ihn ſchwaͤchen wuͤrden. Auch liegt England ganz außer dem Umkreiſe unſerer Betrachtung, wenn nicht gerade die ungeheure tauſendjaͤhrige unverletzte, alle Inſtitutionen und Geſetze, ja alle einzelne Buͤrger durch- dringende Perſoͤnlichkeit ſeiner Verfaſſung, mit deren Huͤlfe es die Laſt des Welthandels auf leichten Schultern traͤgt, das lehrreichſte Beyſpiel fuͤr die Wahrheit unſers Syſtems darboͤthe, wenn nicht gerade die politiſchen Verhaͤlt- niſſe ausgebildeter, und die Wechſelwirkung nach allen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/60
Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816. , S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/60>, abgerufen am 04.05.2024.