Richtungen der menschlichen Thätigkeit hin lebendiger wäre in England, als irgend wo sonst. --
Aber alle diese Theorien haben die Vorstellung dessen, was dem Staate seine Haltung gibt, so ganz verloren, daß sie dem großen Waarenlager ihres Staates nur noch ein großes Comptoir für den Welthandel hinzuzufügen brauchen, um ihr ganzes Geschäft zu vollenden. Freylich kann das große Waarenlager die kleinen, das große Comptoir die kleinen, die es umschließt, weder beschützen noch verbürgen. Diese Sorge wird den Gerichtshöfen, wird der Polizey, und zu- mahl den Armeen zugewiesen. Die militärische Macht insbe- sondere soll dann dieses schwankende, zerrissene, sich nach außen hinaussehnende, nach innen unbefestigte, fliegende, vergängliche Wesen vertheidigen, nachdem der Stoff, welcher das Heer bildet, selbst entartet, von allen männlichen Gefühlen abge- wendet, in wucherischen Friedensfaulheiten erzogen worden, und kein höherer Antrieb in den Herzen zurück geblieben, als die klügelnde Begeisterung, welche Waarenlager und Comptoirs einflößen können.
Entwöhnt euch zuförderst, den Reichthum nach bloßen Massen und Summen und Zahlen zu schätzen! Erwägt wie unendlich gerecht sich diese Massen vertheilen müssen, damit jeder Einzelne zu rechter Stunde, an seinem Ort, so viel und von der Art hat als er braucht! Erwägt, daß schon die gerechte Vertheilung, und um wie viel mehr, was wir erwie- sen, der weise Erwerb dieses Nationalreichthums unzählige
Richtungen der menſchlichen Thaͤtigkeit hin lebendiger waͤre in England, als irgend wo ſonſt. —
Aber alle dieſe Theorien haben die Vorſtellung deſſen, was dem Staate ſeine Haltung gibt, ſo ganz verloren, daß ſie dem großen Waarenlager ihres Staates nur noch ein großes Comptoir fuͤr den Welthandel hinzuzufuͤgen brauchen, um ihr ganzes Geſchaͤft zu vollenden. Freylich kann das große Waarenlager die kleinen, das große Comptoir die kleinen, die es umſchließt, weder beſchuͤtzen noch verbuͤrgen. Dieſe Sorge wird den Gerichtshoͤfen, wird der Polizey, und zu- mahl den Armeen zugewieſen. Die militaͤriſche Macht insbe- ſondere ſoll dann dieſes ſchwankende, zerriſſene, ſich nach außen hinausſehnende, nach innen unbefeſtigte, fliegende, vergaͤngliche Weſen vertheidigen, nachdem der Stoff, welcher das Heer bildet, ſelbſt entartet, von allen maͤnnlichen Gefuͤhlen abge- wendet, in wucheriſchen Friedensfaulheiten erzogen worden, und kein hoͤherer Antrieb in den Herzen zuruͤck geblieben, als die kluͤgelnde Begeiſterung, welche Waarenlager und Comptoirs einfloͤßen koͤnnen.
Entwoͤhnt euch zufoͤrderſt, den Reichthum nach bloßen Maſſen und Summen und Zahlen zu ſchaͤtzen! Erwaͤgt wie unendlich gerecht ſich dieſe Maſſen vertheilen muͤſſen, damit jeder Einzelne zu rechter Stunde, an ſeinem Ort, ſo viel und von der Art hat als er braucht! Erwaͤgt, daß ſchon die gerechte Vertheilung, und um wie viel mehr, was wir erwie- ſen, der weiſe Erwerb dieſes Nationalreichthums unzaͤhlige
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0061"n="47"/>
Richtungen der menſchlichen Thaͤtigkeit hin lebendiger waͤre<lb/>
in <placeName>England</placeName>, als irgend wo ſonſt. —</p><lb/><p>Aber alle dieſe Theorien haben die Vorſtellung deſſen,<lb/>
was dem Staate ſeine Haltung gibt, ſo ganz verloren, daß<lb/>ſie dem großen Waarenlager ihres Staates nur noch ein<lb/>
großes Comptoir fuͤr den Welthandel hinzuzufuͤgen brauchen,<lb/>
um ihr ganzes Geſchaͤft zu vollenden. Freylich kann das große<lb/>
Waarenlager die kleinen, das große Comptoir die kleinen,<lb/>
die es umſchließt, weder beſchuͤtzen noch verbuͤrgen. Dieſe<lb/>
Sorge wird den Gerichtshoͤfen, wird der Polizey, und zu-<lb/>
mahl den Armeen zugewieſen. Die militaͤriſche Macht insbe-<lb/>ſondere ſoll dann dieſes ſchwankende, zerriſſene, ſich nach außen<lb/>
hinausſehnende, nach innen unbefeſtigte, fliegende, vergaͤngliche<lb/>
Weſen vertheidigen, nachdem der Stoff, welcher das Heer<lb/>
bildet, ſelbſt entartet, von allen maͤnnlichen Gefuͤhlen abge-<lb/>
wendet, in wucheriſchen Friedensfaulheiten erzogen worden,<lb/>
und kein hoͤherer Antrieb in den Herzen zuruͤck geblieben,<lb/>
als die kluͤgelnde Begeiſterung, welche Waarenlager und<lb/>
Comptoirs einfloͤßen koͤnnen.</p><lb/><p>Entwoͤhnt euch zufoͤrderſt, den Reichthum nach bloßen<lb/>
Maſſen und Summen und Zahlen zu ſchaͤtzen! Erwaͤgt wie<lb/>
unendlich gerecht ſich dieſe Maſſen vertheilen muͤſſen, damit<lb/>
jeder Einzelne zu rechter Stunde, an ſeinem Ort, ſo viel<lb/>
und von der Art hat als er braucht! Erwaͤgt, daß ſchon die<lb/>
gerechte Vertheilung, und um wie viel mehr, was wir erwie-<lb/>ſen, der weiſe Erwerb dieſes Nationalreichthums unzaͤhlige<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[47/0061]
Richtungen der menſchlichen Thaͤtigkeit hin lebendiger waͤre
in England, als irgend wo ſonſt. —
Aber alle dieſe Theorien haben die Vorſtellung deſſen,
was dem Staate ſeine Haltung gibt, ſo ganz verloren, daß
ſie dem großen Waarenlager ihres Staates nur noch ein
großes Comptoir fuͤr den Welthandel hinzuzufuͤgen brauchen,
um ihr ganzes Geſchaͤft zu vollenden. Freylich kann das große
Waarenlager die kleinen, das große Comptoir die kleinen,
die es umſchließt, weder beſchuͤtzen noch verbuͤrgen. Dieſe
Sorge wird den Gerichtshoͤfen, wird der Polizey, und zu-
mahl den Armeen zugewieſen. Die militaͤriſche Macht insbe-
ſondere ſoll dann dieſes ſchwankende, zerriſſene, ſich nach außen
hinausſehnende, nach innen unbefeſtigte, fliegende, vergaͤngliche
Weſen vertheidigen, nachdem der Stoff, welcher das Heer
bildet, ſelbſt entartet, von allen maͤnnlichen Gefuͤhlen abge-
wendet, in wucheriſchen Friedensfaulheiten erzogen worden,
und kein hoͤherer Antrieb in den Herzen zuruͤck geblieben,
als die kluͤgelnde Begeiſterung, welche Waarenlager und
Comptoirs einfloͤßen koͤnnen.
Entwoͤhnt euch zufoͤrderſt, den Reichthum nach bloßen
Maſſen und Summen und Zahlen zu ſchaͤtzen! Erwaͤgt wie
unendlich gerecht ſich dieſe Maſſen vertheilen muͤſſen, damit
jeder Einzelne zu rechter Stunde, an ſeinem Ort, ſo viel
und von der Art hat als er braucht! Erwaͤgt, daß ſchon die
gerechte Vertheilung, und um wie viel mehr, was wir erwie-
ſen, der weiſe Erwerb dieſes Nationalreichthums unzaͤhlige
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816. , S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/61>, abgerufen am 31.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.