Verhältniß zu der politischen Persönlichkeit, zu dem National- gesetze, das sie dort vorfindet, es entsteht in jedem besonderen Staat eine besondere Befreundung, eine besondere Ehe des Metalls und des Nationalcredites. Diese Ehe kann ihrer Na- tur nach keine wilde, sondern sie muß eine gesetzliche seyn: sie muß zum Bewußtseyn aller derer kommen, die den Staat bilden, und die mit ihm oder mit dem Gelde verkehren sol- len, welches sich aus der Vermählung erzeugen soll, das heißt: sie muß legalisirt werden, durch Gesetz, durch den Stempel bestätigt.
Das eigentliche Wesen des Geldes ist, wie schon oben er- wiesen, unendliche Vermittelung zwischen den Personen und Sachen: wo also Personen und Sachen verbunden sind, wo also eine bürgerliche Gesellschaft ist, da wird es Geld geben. Da aber in den Anfängen der bürgerlichen Gesellschaft bald die eine, bald die andere gerade begehrte Sache die Functio- nen des Geldes verrichtet; da die Vermittelung zwischen den Personen und Sachen zwar nach demselben Gesetze von Stat- ten geht, wie in den Zeiten der spätesten Entwickelung der Gesellschaft, aber ein handgreiflicher Vermittler noch nicht vorhanden ist, so wähnt die bisherige gemeine Nationalöko- nomie, als sey überhaupt noch kein Geld vorhanden.
Das ursprüngliche in den ersten Anfängen der Gesell- schaft, wie in der höchsten Entwickelung derselben vorkom- mende Geld ist die Idee der Aequivalenz. Zwey Sachen wer- den gegen einander ausgetauscht, weil sie beyde einem Drit- ten gleich sind, weil sie vor dem Richterstuhl dieses Dritten, vor dem Gesammtbedürfniß der menschlichen Natur gleich
Verhaͤltniß zu der politiſchen Perſoͤnlichkeit, zu dem National- geſetze, das ſie dort vorfindet, es entſteht in jedem beſonderen Staat eine beſondere Befreundung, eine beſondere Ehe des Metalls und des Nationalcredites. Dieſe Ehe kann ihrer Na- tur nach keine wilde, ſondern ſie muß eine geſetzliche ſeyn: ſie muß zum Bewußtſeyn aller derer kommen, die den Staat bilden, und die mit ihm oder mit dem Gelde verkehren ſol- len, welches ſich aus der Vermaͤhlung erzeugen ſoll, das heißt: ſie muß legaliſirt werden, durch Geſetz, durch den Stempel beſtaͤtigt.
Das eigentliche Weſen des Geldes iſt, wie ſchon oben er- wieſen, unendliche Vermittelung zwiſchen den Perſonen und Sachen: wo alſo Perſonen und Sachen verbunden ſind, wo alſo eine buͤrgerliche Geſellſchaft iſt, da wird es Geld geben. Da aber in den Anfaͤngen der buͤrgerlichen Geſellſchaft bald die eine, bald die andere gerade begehrte Sache die Functio- nen des Geldes verrichtet; da die Vermittelung zwiſchen den Perſonen und Sachen zwar nach demſelben Geſetze von Stat- ten geht, wie in den Zeiten der ſpaͤteſten Entwickelung der Geſellſchaft, aber ein handgreiflicher Vermittler noch nicht vorhanden iſt, ſo waͤhnt die bisherige gemeine Nationaloͤko- nomie, als ſey uͤberhaupt noch kein Geld vorhanden.
Das urſpruͤngliche in den erſten Anfaͤngen der Geſell- ſchaft, wie in der hoͤchſten Entwickelung derſelben vorkom- mende Geld iſt die Idee der Aequivalenz. Zwey Sachen wer- den gegen einander ausgetauſcht, weil ſie beyde einem Drit- ten gleich ſind, weil ſie vor dem Richterſtuhl dieſes Dritten, vor dem Geſammtbeduͤrfniß der menſchlichen Natur gleich
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0213"n="199"/>
Verhaͤltniß zu der politiſchen Perſoͤnlichkeit, zu dem National-<lb/>
geſetze, das ſie dort vorfindet, es entſteht in jedem beſonderen<lb/>
Staat eine beſondere Befreundung, eine beſondere Ehe des<lb/>
Metalls und des Nationalcredites. Dieſe Ehe kann ihrer Na-<lb/>
tur nach keine <hirendition="#g">wilde</hi>, ſondern ſie muß eine geſetzliche ſeyn:<lb/>ſie muß zum Bewußtſeyn aller derer kommen, die den Staat<lb/>
bilden, und die mit ihm oder mit dem Gelde verkehren ſol-<lb/>
len, welches ſich aus der Vermaͤhlung erzeugen ſoll, das<lb/>
heißt: ſie muß legaliſirt werden, durch Geſetz, durch den<lb/>
Stempel beſtaͤtigt.</p><lb/><p>Das eigentliche Weſen des Geldes iſt, wie ſchon oben er-<lb/>
wieſen, unendliche Vermittelung zwiſchen den Perſonen und<lb/>
Sachen: wo alſo Perſonen und Sachen verbunden ſind, wo<lb/>
alſo eine buͤrgerliche Geſellſchaft iſt, da wird es Geld geben.<lb/>
Da aber in den Anfaͤngen der buͤrgerlichen Geſellſchaft bald<lb/>
die eine, bald die andere gerade begehrte Sache die Functio-<lb/>
nen des Geldes verrichtet; da die Vermittelung zwiſchen den<lb/>
Perſonen und Sachen zwar nach demſelben Geſetze von Stat-<lb/>
ten geht, wie in den Zeiten der ſpaͤteſten Entwickelung der<lb/>
Geſellſchaft, aber ein handgreiflicher Vermittler noch nicht<lb/>
vorhanden iſt, ſo waͤhnt die bisherige gemeine Nationaloͤko-<lb/>
nomie, als ſey uͤberhaupt noch kein Geld vorhanden.</p><lb/><p>Das urſpruͤngliche in den erſten Anfaͤngen der Geſell-<lb/>ſchaft, wie in der hoͤchſten Entwickelung derſelben vorkom-<lb/>
mende Geld iſt die Idee der Aequivalenz. Zwey Sachen wer-<lb/>
den gegen einander ausgetauſcht, weil ſie beyde einem Drit-<lb/>
ten gleich ſind, weil ſie vor dem Richterſtuhl dieſes Dritten,<lb/>
vor dem Geſammtbeduͤrfniß der menſchlichen Natur gleich<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[199/0213]
Verhaͤltniß zu der politiſchen Perſoͤnlichkeit, zu dem National-
geſetze, das ſie dort vorfindet, es entſteht in jedem beſonderen
Staat eine beſondere Befreundung, eine beſondere Ehe des
Metalls und des Nationalcredites. Dieſe Ehe kann ihrer Na-
tur nach keine wilde, ſondern ſie muß eine geſetzliche ſeyn:
ſie muß zum Bewußtſeyn aller derer kommen, die den Staat
bilden, und die mit ihm oder mit dem Gelde verkehren ſol-
len, welches ſich aus der Vermaͤhlung erzeugen ſoll, das
heißt: ſie muß legaliſirt werden, durch Geſetz, durch den
Stempel beſtaͤtigt.
Das eigentliche Weſen des Geldes iſt, wie ſchon oben er-
wieſen, unendliche Vermittelung zwiſchen den Perſonen und
Sachen: wo alſo Perſonen und Sachen verbunden ſind, wo
alſo eine buͤrgerliche Geſellſchaft iſt, da wird es Geld geben.
Da aber in den Anfaͤngen der buͤrgerlichen Geſellſchaft bald
die eine, bald die andere gerade begehrte Sache die Functio-
nen des Geldes verrichtet; da die Vermittelung zwiſchen den
Perſonen und Sachen zwar nach demſelben Geſetze von Stat-
ten geht, wie in den Zeiten der ſpaͤteſten Entwickelung der
Geſellſchaft, aber ein handgreiflicher Vermittler noch nicht
vorhanden iſt, ſo waͤhnt die bisherige gemeine Nationaloͤko-
nomie, als ſey uͤberhaupt noch kein Geld vorhanden.
Das urſpruͤngliche in den erſten Anfaͤngen der Geſell-
ſchaft, wie in der hoͤchſten Entwickelung derſelben vorkom-
mende Geld iſt die Idee der Aequivalenz. Zwey Sachen wer-
den gegen einander ausgetauſcht, weil ſie beyde einem Drit-
ten gleich ſind, weil ſie vor dem Richterſtuhl dieſes Dritten,
vor dem Geſammtbeduͤrfniß der menſchlichen Natur gleich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816. , S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/213>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.