Beziehung auf die Metalle wesenlos, so hat man die Ord- nung der Dinge umgekehrt: die Metalle sind die Repräsen- tanten; das große Bedürfniß des Zusammenhaltens, welches schon vor aller Theilung der Arbeit die einzelnen Organe des Menschen verbindet, dann später alle die verschiedenen öko- nomischen Functionen unaufhörlich zu ihrem Ursprung und zur Vereinigung zurück zieht; das, was die Metalle durch den Stempel, wie durch eine Art von Creditiv erst zum Gelde erhebt, und was endlich bey weiterer Entwickelung des bürgerlichen Lebens durch das Staatspapier ausgedrückt wird -- ist das Principale.
Der wohldenkende Leser wird also einsehen, daß, wie- wohl sich alles höhere gesellschaftliche Bedürfniß des Men- schen, und die unerläßliche Bedingung aller Arbeitstheilung in dem Metallgelde versteckt, dennoch einem Heer von Miß- verständnissen Thür und Thor geöffnet ist, wenn man, wie in den Untersuchungen des Adam Smith geschehen, von einer bestimmten Erfindung des Geldes redet. Nach diesem ersten Irrthum bleibt das Geld durch den ganzen Fortgang der Untersuchung ein nützliches Auskunftsmittel bey dem Tausch und Kram des gemeinen Lebens; es bleibt Waare: als Maaßstab der geselligen Eigenschaft aller übrigen Waaren kann es der Autor nicht brauchen, weil er das unsichtbare Wesen, welches im Metallgelde diese übrigen Waaren mißt, nicht kennt; der Maaßstab muß wo anders gesucht werden, und weil selbst unter den Irrthümern der Men- schen ein Gleichgewicht Statt findet, so bestraft sich die allzumaterielle Vorstellung des Geldes durch eine allzuideale
Beziehung auf die Metalle weſenlos, ſo hat man die Ord- nung der Dinge umgekehrt: die Metalle ſind die Repraͤſen- tanten; das große Beduͤrfniß des Zuſammenhaltens, welches ſchon vor aller Theilung der Arbeit die einzelnen Organe des Menſchen verbindet, dann ſpaͤter alle die verſchiedenen oͤko- nomiſchen Functionen unaufhoͤrlich zu ihrem Urſprung und zur Vereinigung zuruͤck zieht; das, was die Metalle durch den Stempel, wie durch eine Art von Creditiv erſt zum Gelde erhebt, und was endlich bey weiterer Entwickelung des buͤrgerlichen Lebens durch das Staatspapier ausgedruͤckt wird — iſt das Principale.
Der wohldenkende Leſer wird alſo einſehen, daß, wie- wohl ſich alles hoͤhere geſellſchaftliche Beduͤrfniß des Men- ſchen, und die unerlaͤßliche Bedingung aller Arbeitstheilung in dem Metallgelde verſteckt, dennoch einem Heer von Miß- verſtaͤndniſſen Thuͤr und Thor geoͤffnet iſt, wenn man, wie in den Unterſuchungen des Adam Smith geſchehen, von einer beſtimmten Erfindung des Geldes redet. Nach dieſem erſten Irrthum bleibt das Geld durch den ganzen Fortgang der Unterſuchung ein nuͤtzliches Auskunftsmittel bey dem Tauſch und Kram des gemeinen Lebens; es bleibt Waare: als Maaßſtab der geſelligen Eigenſchaft aller uͤbrigen Waaren kann es der Autor nicht brauchen, weil er das unſichtbare Weſen, welches im Metallgelde dieſe uͤbrigen Waaren mißt, nicht kennt; der Maaßſtab muß wo anders geſucht werden, und weil ſelbſt unter den Irrthuͤmern der Men- ſchen ein Gleichgewicht Statt findet, ſo beſtraft ſich die allzumaterielle Vorſtellung des Geldes durch eine allzuideale
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Beziehung auf die Metalle weſenlos, ſo hat man die Ord-
nung der Dinge umgekehrt: die Metalle ſind die Repraͤſen-
tanten; das große Beduͤrfniß des Zuſammenhaltens, welches
ſchon vor aller Theilung der Arbeit die einzelnen Organe des
Menſchen verbindet, dann ſpaͤter alle die verſchiedenen oͤko-
nomiſchen Functionen unaufhoͤrlich zu ihrem Urſprung und
zur Vereinigung zuruͤck zieht; das, was die Metalle durch
den Stempel, wie durch eine Art von Creditiv erſt zum
Gelde erhebt, und was endlich bey weiterer Entwickelung des
buͤrgerlichen Lebens durch das Staatspapier ausgedruͤckt
wird — iſt das Principale.
Der wohldenkende Leſer wird alſo einſehen, daß, wie-
wohl ſich alles hoͤhere geſellſchaftliche Beduͤrfniß des Men-
ſchen, und die unerlaͤßliche Bedingung aller Arbeitstheilung
in dem Metallgelde verſteckt, dennoch einem Heer von Miß-
verſtaͤndniſſen Thuͤr und Thor geoͤffnet iſt, wenn man, wie
in den Unterſuchungen des Adam Smith geſchehen, von einer
beſtimmten Erfindung des Geldes redet. Nach dieſem erſten
Irrthum bleibt das Geld durch den ganzen Fortgang der
Unterſuchung ein nuͤtzliches Auskunftsmittel bey dem Tauſch
und Kram des gemeinen Lebens; es bleibt Waare: als
Maaßſtab der geſelligen Eigenſchaft aller uͤbrigen Waaren
kann es der Autor nicht brauchen, weil er das unſichtbare
Weſen, welches im Metallgelde dieſe uͤbrigen Waaren
mißt, nicht kennt; der Maaßſtab muß wo anders geſucht
werden, und weil ſelbſt unter den Irrthuͤmern der Men-
ſchen ein Gleichgewicht Statt findet, ſo beſtraft ſich die
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Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816. , S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/171>, abgerufen am 24.11.2024.
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