der Ueberzeugung von der Kurzsichtigkeit der Regierungen zu trösten wissen, wiewohl in den Augen jedes unbefangenen Be- obachters diese Eine Erfahrung sie vollständig zu Boden schlägt. Wie sehr man auch an vielen Stellen in Europa mit Rücksicht auf die innre Administration leider dem Drange der Zeiten und der Theorien, und der unmittelbaren Geldbedürfnisse nachgege- ben hat, wie unverhältnißmäßig man auch die Industrie, den Markt, die Mobilisation alles Eigenthums u. s. f. begünstigt, die Landwirthschaft selbst in das Gebiet der übrigen Augen- blicklichkeiten und Veräußerlichkeiten hinübergezogen, und die Richtungen der ökonomischen Thätigkeit im Innern des Staa- tes der Willkühr des Augenblicks preis gegeben hat, so war das Bedürfniß ein politisches Ganzes, einen abgesonderten Staat zu bilden, doch allenthalben zu groß, als daß man nicht das Hinüberschweifen der ökonomischen Kraftrichtungen über die Grenzen der Staaten aus allen Kräften hätte verhin- dern sollen. Je mehr also im Innern der Willkühr des Privat- mannes überlassen worden war, um so strenger, um so drücken- der mußten die Schranken um das Ganze werden; je flüßiger und kernloser die Frucht, desto dichter und härter die Schale, wäh- rend eine leichte zarte Haut dicht und kernicht organisirte Früchte bey einander erhält: für jedes im Binnenlande freygegebene Gewerbe, mußte das Nationalgewerbe im Ganzen enger ein- gespannt werden; und wurde alle ökonomische Thätigkeit über- haupt der Willkühr und dem augenblicklichen Leichtsinn der Industriemänner dieses Augenblicks preis gegeben, so hätte es Noth gethan, daß man den Staat an seinem Umkreise hätte hermetisch versiegeln können, um wenigstens die Atome des
der Ueberzeugung von der Kurzſichtigkeit der Regierungen zu troͤſten wiſſen, wiewohl in den Augen jedes unbefangenen Be- obachters dieſe Eine Erfahrung ſie vollſtaͤndig zu Boden ſchlaͤgt. Wie ſehr man auch an vielen Stellen in Europa mit Ruͤckſicht auf die innre Adminiſtration leider dem Drange der Zeiten und der Theorien, und der unmittelbaren Geldbeduͤrfniſſe nachgege- ben hat, wie unverhaͤltnißmaͤßig man auch die Induſtrie, den Markt, die Mobiliſation alles Eigenthums u. ſ. f. beguͤnſtigt, die Landwirthſchaft ſelbſt in das Gebiet der uͤbrigen Augen- blicklichkeiten und Veraͤußerlichkeiten hinuͤbergezogen, und die Richtungen der oͤkonomiſchen Thaͤtigkeit im Innern des Staa- tes der Willkuͤhr des Augenblicks preis gegeben hat, ſo war das Beduͤrfniß ein politiſches Ganzes, einen abgeſonderten Staat zu bilden, doch allenthalben zu groß, als daß man nicht das Hinuͤberſchweifen der oͤkonomiſchen Kraftrichtungen uͤber die Grenzen der Staaten aus allen Kraͤften haͤtte verhin- dern ſollen. Je mehr alſo im Innern der Willkuͤhr des Privat- mannes uͤberlaſſen worden war, um ſo ſtrenger, um ſo druͤcken- der mußten die Schranken um das Ganze werden; je fluͤßiger und kernloſer die Frucht, deſto dichter und haͤrter die Schale, waͤh- rend eine leichte zarte Haut dicht und kernicht organiſirte Fruͤchte bey einander erhaͤlt: fuͤr jedes im Binnenlande freygegebene Gewerbe, mußte das Nationalgewerbe im Ganzen enger ein- geſpannt werden; und wurde alle oͤkonomiſche Thaͤtigkeit uͤber- haupt der Willkuͤhr und dem augenblicklichen Leichtſinn der Induſtriemaͤnner dieſes Augenblicks preis gegeben, ſo haͤtte es Noth gethan, daß man den Staat an ſeinem Umkreiſe haͤtte hermetiſch verſiegeln koͤnnen, um wenigſtens die Atome des
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0128"n="114"/>
der Ueberzeugung von der Kurzſichtigkeit der Regierungen zu<lb/>
troͤſten wiſſen, wiewohl in den Augen jedes unbefangenen Be-<lb/>
obachters dieſe Eine Erfahrung ſie vollſtaͤndig zu Boden ſchlaͤgt.<lb/>
Wie ſehr man auch an vielen Stellen in <placeName>Europa</placeName> mit Ruͤckſicht<lb/>
auf die innre Adminiſtration leider dem Drange der Zeiten und<lb/>
der Theorien, und der unmittelbaren Geldbeduͤrfniſſe nachgege-<lb/>
ben hat, wie unverhaͤltnißmaͤßig man auch die Induſtrie, den<lb/>
Markt, die Mobiliſation alles Eigenthums u. ſ. f. beguͤnſtigt,<lb/>
die Landwirthſchaft ſelbſt in das Gebiet der uͤbrigen Augen-<lb/>
blicklichkeiten und Veraͤußerlichkeiten hinuͤbergezogen, und die<lb/>
Richtungen der oͤkonomiſchen Thaͤtigkeit im Innern des Staa-<lb/>
tes der Willkuͤhr des Augenblicks preis gegeben hat, ſo war<lb/>
das Beduͤrfniß ein politiſches Ganzes, einen abgeſonderten<lb/>
Staat zu bilden, doch allenthalben zu groß, als daß man<lb/>
nicht das Hinuͤberſchweifen der oͤkonomiſchen Kraftrichtungen<lb/>
uͤber die Grenzen der Staaten aus allen Kraͤften haͤtte verhin-<lb/>
dern ſollen. Je mehr alſo im Innern der Willkuͤhr des Privat-<lb/>
mannes uͤberlaſſen worden war, um ſo ſtrenger, um ſo druͤcken-<lb/>
der mußten die Schranken um das Ganze werden; je fluͤßiger<lb/>
und kernloſer die Frucht, deſto dichter und haͤrter die Schale, waͤh-<lb/>
rend eine leichte zarte Haut dicht und kernicht organiſirte Fruͤchte<lb/>
bey einander erhaͤlt: fuͤr jedes im Binnenlande freygegebene<lb/>
Gewerbe, mußte das Nationalgewerbe im Ganzen enger ein-<lb/>
geſpannt werden; und wurde alle oͤkonomiſche Thaͤtigkeit uͤber-<lb/>
haupt der Willkuͤhr und dem augenblicklichen Leichtſinn der<lb/>
Induſtriemaͤnner dieſes Augenblicks preis gegeben, ſo haͤtte es<lb/>
Noth gethan, daß man den Staat an ſeinem Umkreiſe haͤtte<lb/>
hermetiſch verſiegeln koͤnnen, um wenigſtens die Atome des<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[114/0128]
der Ueberzeugung von der Kurzſichtigkeit der Regierungen zu
troͤſten wiſſen, wiewohl in den Augen jedes unbefangenen Be-
obachters dieſe Eine Erfahrung ſie vollſtaͤndig zu Boden ſchlaͤgt.
Wie ſehr man auch an vielen Stellen in Europa mit Ruͤckſicht
auf die innre Adminiſtration leider dem Drange der Zeiten und
der Theorien, und der unmittelbaren Geldbeduͤrfniſſe nachgege-
ben hat, wie unverhaͤltnißmaͤßig man auch die Induſtrie, den
Markt, die Mobiliſation alles Eigenthums u. ſ. f. beguͤnſtigt,
die Landwirthſchaft ſelbſt in das Gebiet der uͤbrigen Augen-
blicklichkeiten und Veraͤußerlichkeiten hinuͤbergezogen, und die
Richtungen der oͤkonomiſchen Thaͤtigkeit im Innern des Staa-
tes der Willkuͤhr des Augenblicks preis gegeben hat, ſo war
das Beduͤrfniß ein politiſches Ganzes, einen abgeſonderten
Staat zu bilden, doch allenthalben zu groß, als daß man
nicht das Hinuͤberſchweifen der oͤkonomiſchen Kraftrichtungen
uͤber die Grenzen der Staaten aus allen Kraͤften haͤtte verhin-
dern ſollen. Je mehr alſo im Innern der Willkuͤhr des Privat-
mannes uͤberlaſſen worden war, um ſo ſtrenger, um ſo druͤcken-
der mußten die Schranken um das Ganze werden; je fluͤßiger
und kernloſer die Frucht, deſto dichter und haͤrter die Schale, waͤh-
rend eine leichte zarte Haut dicht und kernicht organiſirte Fruͤchte
bey einander erhaͤlt: fuͤr jedes im Binnenlande freygegebene
Gewerbe, mußte das Nationalgewerbe im Ganzen enger ein-
geſpannt werden; und wurde alle oͤkonomiſche Thaͤtigkeit uͤber-
haupt der Willkuͤhr und dem augenblicklichen Leichtſinn der
Induſtriemaͤnner dieſes Augenblicks preis gegeben, ſo haͤtte es
Noth gethan, daß man den Staat an ſeinem Umkreiſe haͤtte
hermetiſch verſiegeln koͤnnen, um wenigſtens die Atome des
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816. , S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/128>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.