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Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

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Leichen-Gedichte.
Bey Beerdigung Fr. A. R. v. K. g. S. den
6. Novembr. 1679.
1.
ES sey nunmehr daß uns des Winters Zahn
Der Wälder Zier/ der Felder Purpur raubet;
Es steh verwüst der Flore Garten Plan
Der Baum gantz nackt/ entgipffelt/ unbelaubet/
Die Lufft sey Schnee/ der Himmel kalt/
Die Brust der Erden ungestalt
Und waß vor lieblich hieß/ ersterb itzt auff der Bahre/
Hiemit den Untergang zu zeigen von dem Jahre.
2.
Es hemmet sich der Sonnen güldnes Rad/
Und diß was bleibt/ sind nichts als lange Nächte;
Ach daß doch nicht von unsrem Lebens-Pfad/
Der bleiche Tod ein gleiches Beyspiel brächte!
Hoch-Edler Herr/ des Hauses Sonn
Und seiner Seelen Lust und Wonn/
Sinck't bey gekürtztem Tag jetzt in des Todes Schatten/
Und Thränen bleiben nur dem Grabmahl abzustatten.
3.
Ach schwartzer Tag! Ach aus der Tage Zahl
Verworffner Tag auff ewig auszustreichen!
Ach Licht voll Angst! Ach Anblick voller Quahl!
Sein ander Hertz und Leben wird zur Leichen.
Der Redner Kunst/ der Wörter Pracht
Und was sonst Schmertzen linder macht
Verschwindet hier/ da ist kein Pflaster mehr zu finden/
Daß diese Wunde kan durch kluge Cur verbinden.
4.
Jch seh umb ihn so eine schwartze Nacht/
Als einsmahls nicht Egypten überfallen/
Wie jeder Stern sich zum Cometen macht
Wie Ach und Weh ohn Unterlaß erschallen!
Denn der Verlust ist allzugroß/
Es ist zu schwer der Seelen Stoß!
Es klage wer da wil bey heiß entbrandten Schmertzen/
Jch weiß die Schmertzen gehn ihm peinlicher zum Hertzen.
5. Stand
Leichen-Gedichte.
Bey Beerdigung Fr. A. R. v. K. g. S. den
6. Novembr. 1679.
1.
ES ſey nunmehr daß uns des Winters Zahn
Der Waͤlder Zier/ der Felder Purpur raubet;
Es ſteh verwuͤſt der Flore Garten Plan
Der Baum gantz nackt/ entgipffelt/ unbelaubet/
Die Lufft ſey Schnee/ der Himmel kalt/
Die Bruſt der Erden ungeſtalt
Und waß vor lieblich hieß/ erſterb itzt auff der Bahre/
Hiemit den Untergang zu zeigen von dem Jahre.
2.
Es hemmet ſich der Sonnen guͤldnes Rad/
Und diß was bleibt/ ſind nichts als lange Naͤchte;
Ach daß doch nicht von unſrem Lebens-Pfad/
Der bleiche Tod ein gleiches Beyſpiel braͤchte!
Hoch-Edler Herr/ des Hauſes Sonn
Und ſeiner Seelen Luſt und Wonn/
Sinck’t bey gekuͤrtztem Tag jetzt in des Todes Schatten/
Und Thraͤnen bleiben nur dem Grabmahl abzuſtatten.
3.
Ach ſchwartzer Tag! Ach aus der Tage Zahl
Verworffner Tag auff ewig auszuſtreichen!
Ach Licht voll Angſt! Ach Anblick voller Quahl!
Sein ander Hertz und Leben wird zur Leichen.
Der Redner Kunſt/ der Woͤrter Pracht
Und was ſonſt Schmertzen linder macht
Verſchwindet hier/ da iſt kein Pflaſter mehr zu finden/
Daß dieſe Wunde kan durch kluge Cur verbinden.
4.
Jch ſeh umb ihn ſo eine ſchwartze Nacht/
Als einsmahls nicht Egypten uͤberfallen/
Wie jeder Stern ſich zum Cometen macht
Wie Ach und Weh ohn Unterlaß erſchallen!
Denn der Verluſt iſt allzugroß/
Es iſt zu ſchwer der Seelen Stoß!
Es klage wer da wil bey heiß entbrandten Schmertzen/
Jch weiß die Schmertzen gehn ihm peinlicher zum Hertzen.
5. Stand
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[418/0650] Leichen-Gedichte. Bey Beerdigung Fr. A. R. v. K. g. S. den 6. Novembr. 1679. 1. ES ſey nunmehr daß uns des Winters Zahn Der Waͤlder Zier/ der Felder Purpur raubet; Es ſteh verwuͤſt der Flore Garten Plan Der Baum gantz nackt/ entgipffelt/ unbelaubet/ Die Lufft ſey Schnee/ der Himmel kalt/ Die Bruſt der Erden ungeſtalt Und waß vor lieblich hieß/ erſterb itzt auff der Bahre/ Hiemit den Untergang zu zeigen von dem Jahre. 2. Es hemmet ſich der Sonnen guͤldnes Rad/ Und diß was bleibt/ ſind nichts als lange Naͤchte; Ach daß doch nicht von unſrem Lebens-Pfad/ Der bleiche Tod ein gleiches Beyſpiel braͤchte! Hoch-Edler Herr/ des Hauſes Sonn Und ſeiner Seelen Luſt und Wonn/ Sinck’t bey gekuͤrtztem Tag jetzt in des Todes Schatten/ Und Thraͤnen bleiben nur dem Grabmahl abzuſtatten. 3. Ach ſchwartzer Tag! Ach aus der Tage Zahl Verworffner Tag auff ewig auszuſtreichen! Ach Licht voll Angſt! Ach Anblick voller Quahl! Sein ander Hertz und Leben wird zur Leichen. Der Redner Kunſt/ der Woͤrter Pracht Und was ſonſt Schmertzen linder macht Verſchwindet hier/ da iſt kein Pflaſter mehr zu finden/ Daß dieſe Wunde kan durch kluge Cur verbinden. 4. Jch ſeh umb ihn ſo eine ſchwartze Nacht/ Als einsmahls nicht Egypten uͤberfallen/ Wie jeder Stern ſich zum Cometen macht Wie Ach und Weh ohn Unterlaß erſchallen! Denn der Verluſt iſt allzugroß/ Es iſt zu ſchwer der Seelen Stoß! Es klage wer da wil bey heiß entbrandten Schmertzen/ Jch weiß die Schmertzen gehn ihm peinlicher zum Hertzen. 5. Stand

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Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/650>, abgerufen am 12.06.2024.