Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.Leichen-Gedichte. Dem bleibt die Flucht der schnellen ZeitenEin stet und ewiger Gewinn/ Weil in die Schos der Ewigkeiten/ Er als ein Erbe fährt dahin. Das ruhmwürdige Grab/ ES sey ein prächtig Grab für eitlen Augen schön/Hn. C. Z. v. A. K. den 18. Sept. 1679. Mit Pfeilern hoch erhöht/ mit Bogen rings umbschlossen/ Bey dem Pyramiden und steinerne Colossen Biß an die blaue Burg der göldnen Sterne gehn/ Der Jaspis müsse sich mehr als bundfärbig weisen/ Der Marmor lasse sich in reinsten Adern preisen. Ja Hochmuth zünde da noch viel mehr Ampeln an/ Als Perlen in der See und Blumen auff der Erden/ Man schau Arabien entblöst des Weyrauchs werden/ Damit man nur der Glut genugsam liefern kan. Es sey der Künstler Fleiß bemüht der kalten Leichen Gestalt und Aehnlichkeit durch Bildung zu erreichen. Wo die Verwesung auch durch was zu hinter ziehn/ Man gieß' Hartz und Asphalt/ und was man allenthalben Durchs gantze Morgenland auffbringen kan von Salben/ Jn den entseelten Leib/ umb daß die Fäulnüß fliehn/ Und Wurm und Eyter nicht die Glieder kan verzehren/ Den Todten balsamirt der Welt noch zu gewähren. Und wo auch Stein und Ertzt nicht sattsam Redner seyn/ Und wo der Firnüß nicht und Anstrich ist gelungen/ So dinge man ein Volck das mit erkauffter Zungen Weiß des Verstorbnen Lob und Thaten auszuschreyn/ Und allen Ubermuth bey Gräbern zu bezeigen/ So lasse man auch nicht die stummen Seiten schweigen. So pflegt die Eitelkeit ihr Ehren-Mahl zu baun/ Diß soll der Nachwelt auch Hertz und Gesichte blenden; Ach frecher Aberwitz! Ach Tand von Menschen-Händen! Läst sich umb unser Grab nicht wahre Tugend schaun/ So mag die Asch' und Staub ein kurtzes Denckmal haben/ Weil auch das schönste Grab wird von der Zeit begraben. Offt schläfft der Enckel nicht in seiner Väter Grufft/ Rom nannte sie umbsonst der Ewigkeiten Häuser; Wo
Leichen-Gedichte. Dem bleibt die Flucht der ſchnellen ZeitenEin ſtet und ewiger Gewinn/ Weil in die Schos der Ewigkeiten/ Er als ein Erbe faͤhrt dahin. Das ruhmwuͤrdige Grab/ ES ſey ein praͤchtig Grab fuͤr eitlen Augen ſchoͤn/Hn. C. Z. v. A. K. den 18. Sept. 1679. Mit Pfeilern hoch erhoͤht/ mit Bogen rings umbſchloſſen/ Bey dem Pyramiden und ſteinerne Coloſſen Biß an die blaue Burg der goͤldnen Sterne gehn/ Der Jaſpis muͤſſe ſich mehr als bundfaͤrbig weiſen/ Der Marmor laſſe ſich in reinſten Adern preiſen. Ja Hochmuth zuͤnde da noch viel mehr Ampeln an/ Als Perlen in der See und Blumen auff der Erden/ Man ſchau Arabien entbloͤſt des Weyrauchs werden/ Damit man nur der Glut genugſam liefern kan. Es ſey der Kuͤnſtler Fleiß bemuͤht der kalten Leichen Geſtalt und Aehnlichkeit durch Bildung zu erreichen. Wo die Verweſung auch durch was zu hinter ziehn/ Man gieß’ Hartz und Aſphalt/ und was man allenthalben Durchs gantze Morgenland auffbringen kan von Salben/ Jn den entſeelten Leib/ umb daß die Faͤulnuͤß fliehn/ Und Wurm und Eyter nicht die Glieder kan verzehren/ Den Todten balſamirt der Welt noch zu gewaͤhren. Und wo auch Stein und Ertzt nicht ſattſam Redner ſeyn/ Und wo der Firnuͤß nicht und Anſtrich iſt gelungen/ So dinge man ein Volck das mit erkauffter Zungen Weiß des Verſtorbnen Lob und Thaten auszuſchreyn/ Und allen Ubermuth bey Graͤbern zu bezeigen/ So laſſe man auch nicht die ſtummen Seiten ſchweigen. So pflegt die Eitelkeit ihr Ehren-Mahl zu baun/ Diß ſoll der Nachwelt auch Hertz und Geſichte blenden; Ach frecher Aberwitz! Ach Tand von Menſchen-Haͤnden! Laͤſt ſich umb unſer Grab nicht wahre Tugend ſchaun/ So mag die Aſch’ und Staub ein kurtzes Denckmal haben/ Weil auch das ſchoͤnſte Grab wird von der Zeit begraben. Offt ſchlaͤfft der Enckel nicht in ſeiner Vaͤter Grufft/ Rom nannte ſie umbſonſt der Ewigkeiten Haͤuſer; Wo
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Leichen-Gedichte.
Dem bleibt die Flucht der ſchnellen Zeiten
Ein ſtet und ewiger Gewinn/
Weil in die Schos der Ewigkeiten/
Er als ein Erbe faͤhrt dahin.
Das ruhmwuͤrdige Grab/
Hn. C. Z. v. A. K. den 18. Sept. 1679.
ES ſey ein praͤchtig Grab fuͤr eitlen Augen ſchoͤn/
Mit Pfeilern hoch erhoͤht/ mit Bogen rings umbſchloſſen/
Bey dem Pyramiden und ſteinerne Coloſſen
Biß an die blaue Burg der goͤldnen Sterne gehn/
Der Jaſpis muͤſſe ſich mehr als bundfaͤrbig weiſen/
Der Marmor laſſe ſich in reinſten Adern preiſen.
Ja Hochmuth zuͤnde da noch viel mehr Ampeln an/
Als Perlen in der See und Blumen auff der Erden/
Man ſchau Arabien entbloͤſt des Weyrauchs werden/
Damit man nur der Glut genugſam liefern kan.
Es ſey der Kuͤnſtler Fleiß bemuͤht der kalten Leichen
Geſtalt und Aehnlichkeit durch Bildung zu erreichen.
Wo die Verweſung auch durch was zu hinter ziehn/
Man gieß’ Hartz und Aſphalt/ und was man allenthalben
Durchs gantze Morgenland auffbringen kan von Salben/
Jn den entſeelten Leib/ umb daß die Faͤulnuͤß fliehn/
Und Wurm und Eyter nicht die Glieder kan verzehren/
Den Todten balſamirt der Welt noch zu gewaͤhren.
Und wo auch Stein und Ertzt nicht ſattſam Redner ſeyn/
Und wo der Firnuͤß nicht und Anſtrich iſt gelungen/
So dinge man ein Volck das mit erkauffter Zungen
Weiß des Verſtorbnen Lob und Thaten auszuſchreyn/
Und allen Ubermuth bey Graͤbern zu bezeigen/
So laſſe man auch nicht die ſtummen Seiten ſchweigen.
So pflegt die Eitelkeit ihr Ehren-Mahl zu baun/
Diß ſoll der Nachwelt auch Hertz und Geſichte blenden;
Ach frecher Aberwitz! Ach Tand von Menſchen-Haͤnden!
Laͤſt ſich umb unſer Grab nicht wahre Tugend ſchaun/
So mag die Aſch’ und Staub ein kurtzes Denckmal haben/
Weil auch das ſchoͤnſte Grab wird von der Zeit begraben.
Offt ſchlaͤfft der Enckel nicht in ſeiner Vaͤter Grufft/
Rom nannte ſie umbſonſt der Ewigkeiten Haͤuſer;
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