Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.Leichen-Gedichte. Bey Beerdigung Hn. F. F. den 16. Jenner. WIrd deine Börse denn nun eine Todten-Bahre?1679. Und schleust/ du Seeliger/ jetzt gäntzlich das Con- tor? Fängst kein Journal mehr an in diesem Neuen Jahre? Stöst eine größre Reis' und Wechsel dir bevor: Ach ja/ du eilst hinweg Herr Oehmen zu empfangen/ Der jene Messe schon des Lebens-Marckt beschloß/ Und in die Ewigkeit dir ist vorangegangen/ Wo er sein Capital macht unbeschreiblich groß. Da sol dein Hauptstamm stehn: Du magst der Welt nicht trauen/ Die nur Betrügerey an statt der Zinsen gibt. Du wilst im Himmel dort den Scontre-Platz dir bauen/ Wo Treu und Glauben man für Tonnen Goldes liebt. Der Tod ist dein Senzal/ und bringt dir diß zu wege/ Was keine Factorey der Menschen je verkehrt. Du weist wie so genau er alles überlege/ Und daß er nach dem Schluß die Ewigkeit gewehrt. Jsts möglich/ daß zwey Freund einander schleunig missen/ Und in vier Monat-Frist einander wieder sehn: Da ihr Verbündnüß wird auff nimmermehr zerrissen Und ihre Handelschafft kein Zufall kan verdrehn. Jhr habt ja beyde nun das höchste Gut erhandelt/ Erlangt den Seelen-Schatz/ dem kein Gewin sich gleicht/ Und vor der gantzen Welt schlecht und gerecht gewandelt/ Daß auch der wahre Ruhm nicht von dem Grabe weicht. Lasst was Vesputz durchkreutzt und Magellan entdecket/ Und wo Columbus erst mit seinen Segeln lieff/ Der Gold-ersoffnen Welt zum End-Ziel seyn gestecket/ An einem sichrern Port ländt euer Glaubens-Schiff. Es mag das Alterthum von seinem Argo sagen/ Wie es das göldne Fließ von Colchos hergebracht: Das Lamm/ das alle Schuld der Sterblichen getragen/ Hat an Vermögen euch mehr reich und groß gemacht. Was sind die Güter doch/ die wir hier Reichthum nennen: Ein Leim/ an dem gar offt der Seelen Flügel klebt. Ein Feur/ das wärmen kan/ doch aber auch verbrennen/ Ein Garn/ das meistentheils den Untergang uns webt. Was Aaaa 4
Leichen-Gedichte. Bey Beerdigung Hn. F. F. den 16. Jenner. WIrd deine Boͤrſe denn nun eine Todten-Bahre?1679. Und ſchleuſt/ du Seeliger/ jetzt gaͤntzlich das Con- tor? Faͤngſt kein Journal mehr an in dieſem Neuen Jahre? Stoͤſt eine groͤßre Reis’ und Wechſel dir bevor: Ach ja/ du eilſt hinweg Herr Oehmen zu empfangen/ Der jene Meſſe ſchon des Lebens-Marckt beſchloß/ Und in die Ewigkeit dir iſt vorangegangen/ Wo er ſein Capital macht unbeſchreiblich groß. Da ſol dein Hauptſtam̃ ſtehn: Du magſt der Welt nicht trauen/ Die nur Betruͤgerey an ſtatt der Zinſen gibt. Du wilſt im Himmel dort den Scontre-Platz dir bauen/ Wo Treu und Glauben man fuͤr Tonnen Goldes liebt. Der Tod iſt dein Senzal/ und bringt dir diß zu wege/ Was keine Factorey der Menſchen je verkehrt. Du weiſt wie ſo genau er alles uͤberlege/ Und daß er nach dem Schluß die Ewigkeit gewehrt. Jſts moͤglich/ daß zwey Freund einander ſchleunig miſſen/ Und in vier Monat-Friſt einander wieder ſehn: Da ihr Verbuͤndnuͤß wird auff nimmermehr zerriſſen Und ihre Handelſchafft kein Zufall kan verdrehn. Jhr habt ja beyde nun das hoͤchſte Gut erhandelt/ Erlangt den Seelen-Schatz/ dem kein Gewin ſich gleicht/ Und vor der gantzen Welt ſchlecht und gerecht gewandelt/ Daß auch der wahre Ruhm nicht von dem Grabe weicht. Laſſt was Veſputz durchkreutzt und Magellan entdecket/ Und wo Columbus erſt mit ſeinen Segeln lieff/ Der Gold-erſoffnen Welt zum End-Ziel ſeyn geſtecket/ An einem ſichrern Port laͤndt euer Glaubens-Schiff. Es mag das Alterthum von ſeinem Argo ſagen/ Wie es das goͤldne Fließ von Colchos hergebracht: Das Lamm/ das alle Schuld der Sterblichen getragen/ Hat an Vermoͤgen euch mehr reich und groß gemacht. Was ſind die Guͤter doch/ die wir hier Reichthum nennen: Ein Leim/ an dem gar offt der Seelen Fluͤgel klebt. Ein Feur/ das waͤrmen kan/ doch aber auch verbrennen/ Ein Garn/ das meiſtentheils den Untergang uns webt. Was Aaaa 4
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Leichen-Gedichte.
Bey Beerdigung Hn. F. F. den 16. Jenner.
1679.
WIrd deine Boͤrſe denn nun eine Todten-Bahre?
Und ſchleuſt/ du Seeliger/ jetzt gaͤntzlich das Con-
tor?
Faͤngſt kein Journal mehr an in dieſem Neuen Jahre?
Stoͤſt eine groͤßre Reis’ und Wechſel dir bevor:
Ach ja/ du eilſt hinweg Herr Oehmen zu empfangen/
Der jene Meſſe ſchon des Lebens-Marckt beſchloß/
Und in die Ewigkeit dir iſt vorangegangen/
Wo er ſein Capital macht unbeſchreiblich groß.
Da ſol dein Hauptſtam̃ ſtehn: Du magſt der Welt nicht trauen/
Die nur Betruͤgerey an ſtatt der Zinſen gibt.
Du wilſt im Himmel dort den Scontre-Platz dir bauen/
Wo Treu und Glauben man fuͤr Tonnen Goldes liebt.
Der Tod iſt dein Senzal/ und bringt dir diß zu wege/
Was keine Factorey der Menſchen je verkehrt.
Du weiſt wie ſo genau er alles uͤberlege/
Und daß er nach dem Schluß die Ewigkeit gewehrt.
Jſts moͤglich/ daß zwey Freund einander ſchleunig miſſen/
Und in vier Monat-Friſt einander wieder ſehn:
Da ihr Verbuͤndnuͤß wird auff nimmermehr zerriſſen
Und ihre Handelſchafft kein Zufall kan verdrehn.
Jhr habt ja beyde nun das hoͤchſte Gut erhandelt/
Erlangt den Seelen-Schatz/ dem kein Gewin ſich gleicht/
Und vor der gantzen Welt ſchlecht und gerecht gewandelt/
Daß auch der wahre Ruhm nicht von dem Grabe weicht.
Laſſt was Veſputz durchkreutzt und Magellan entdecket/
Und wo Columbus erſt mit ſeinen Segeln lieff/
Der Gold-erſoffnen Welt zum End-Ziel ſeyn geſtecket/
An einem ſichrern Port laͤndt euer Glaubens-Schiff.
Es mag das Alterthum von ſeinem Argo ſagen/
Wie es das goͤldne Fließ von Colchos hergebracht:
Das Lamm/ das alle Schuld der Sterblichen getragen/
Hat an Vermoͤgen euch mehr reich und groß gemacht.
Was ſind die Guͤter doch/ die wir hier Reichthum nennen:
Ein Leim/ an dem gar offt der Seelen Fluͤgel klebt.
Ein Feur/ das waͤrmen kan/ doch aber auch verbrennen/
Ein Garn/ das meiſtentheils den Untergang uns webt.
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