Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.Leichen-Gedichte. So hat doch seine Hand gemachtDaß drauff erfolgt ein lichter Morgen/ Je mehr das Alter dich beschwert/ Und gantz von Kräfften abgezehrt/ Je mehr vermehrte sich dein Glauben/ Du hattest JEsum fest gefast Daß auch bey aller Kranckheit Last/ Den Trost kein Schmertz dir konte rauben. Viel die als Freundin dich erkennt/ Viel die dich Mutter stets genennt/ Die werden deine Treu beklagen/ Vermissen deine Redligkeit Die sie in Nöthen hat erfreut Und dir ein herrlich Lob nachsagen. Denn Tugend die vermodert nicht/ Sie ist ihr Lohn ihr eignes Licht/ Und bey dem Grab ein Ehren Kertze: Sie strahlt durch alle Tunckelheit Als wie die Sonn uns früh erfreut Des grossen Himmels Aug und Hertze. Nun hast du Seelige gesiegt/ Nun unter deinen Füssen liegt/ Die Angst und Noth so dich bestritten; Du hast die drey und zwantzig Jahr Verwittibt/ einsam/ in Gefahr/ Mit einem Helden Muth gelitten. Jetzt siehstu jene Friedens Stadt/ Die nichts als Lust und Wonne hat/ Dein Heiland trocknet deine Zähren/ Du weist von keiner Einsamkeit Weil dir unendlich steht zur Seit Die gantze Schaar von Engels-Heeren. Ruh wol/ wir graben deinem Stein Noch diese kurtze Grabschrifft ein: Hier schläfft ein Ehren-Weib in Frieden/ Die ihre gantze Lebens-Zeit GOtt und der Tugend hat geweyht/ Und sanfft und seelig ist verschieden. Bey
Leichen-Gedichte. So hat doch ſeine Hand gemachtDaß drauff erfolgt ein lichter Morgen/ Je mehr das Alter dich beſchwert/ Und gantz von Kraͤfften abgezehrt/ Je mehr vermehrte ſich dein Glauben/ Du hatteſt JEſum feſt gefaſt Daß auch bey aller Kranckheit Laſt/ Den Troſt kein Schmertz dir konte rauben. Viel die als Freundin dich erkennt/ Viel die dich Mutter ſtets genennt/ Die werden deine Treu beklagen/ Vermiſſen deine Redligkeit Die ſie in Noͤthen hat erfreut Und dir ein herrlich Lob nachſagen. Denn Tugend die vermodert nicht/ Sie iſt ihr Lohn ihr eignes Licht/ Und bey dem Grab ein Ehren Kertze: Sie ſtrahlt durch alle Tunckelheit Als wie die Sonn uns fruͤh erfreut Des groſſen Himmels Aug und Hertze. Nun haſt du Seelige geſiegt/ Nun unter deinen Fuͤſſen liegt/ Die Angſt und Noth ſo dich beſtritten; Du haſt die drey und zwantzig Jahr Verwittibt/ einſam/ in Gefahr/ Mit einem Helden Muth gelitten. Jetzt ſiehſtu jene Friedens Stadt/ Die nichts als Luſt und Wonne hat/ Dein Heiland trocknet deine Zaͤhren/ Du weiſt von keiner Einſamkeit Weil dir unendlich ſteht zur Seit Die gantze Schaar von Engels-Heeren. Ruh wol/ wir graben deinem Stein Noch dieſe kurtze Grabſchrifft ein: Hier ſchlaͤfft ein Ehren-Weib in Frieden/ Die ihre gantze Lebens-Zeit GOtt und der Tugend hat geweyht/ Und ſanfft und ſeelig iſt verſchieden. Bey
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Leichen-Gedichte.
So hat doch ſeine Hand gemacht
Daß drauff erfolgt ein lichter Morgen/
Je mehr das Alter dich beſchwert/
Und gantz von Kraͤfften abgezehrt/
Je mehr vermehrte ſich dein Glauben/
Du hatteſt JEſum feſt gefaſt
Daß auch bey aller Kranckheit Laſt/
Den Troſt kein Schmertz dir konte rauben.
Viel die als Freundin dich erkennt/
Viel die dich Mutter ſtets genennt/
Die werden deine Treu beklagen/
Vermiſſen deine Redligkeit
Die ſie in Noͤthen hat erfreut
Und dir ein herrlich Lob nachſagen.
Denn Tugend die vermodert nicht/
Sie iſt ihr Lohn ihr eignes Licht/
Und bey dem Grab ein Ehren Kertze:
Sie ſtrahlt durch alle Tunckelheit
Als wie die Sonn uns fruͤh erfreut
Des groſſen Himmels Aug und Hertze.
Nun haſt du Seelige geſiegt/
Nun unter deinen Fuͤſſen liegt/
Die Angſt und Noth ſo dich beſtritten;
Du haſt die drey und zwantzig Jahr
Verwittibt/ einſam/ in Gefahr/
Mit einem Helden Muth gelitten.
Jetzt ſiehſtu jene Friedens Stadt/
Die nichts als Luſt und Wonne hat/
Dein Heiland trocknet deine Zaͤhren/
Du weiſt von keiner Einſamkeit
Weil dir unendlich ſteht zur Seit
Die gantze Schaar von Engels-Heeren.
Ruh wol/ wir graben deinem Stein
Noch dieſe kurtze Grabſchrifft ein:
Hier ſchlaͤfft ein Ehren-Weib in Frieden/
Die ihre gantze Lebens-Zeit
GOtt und der Tugend hat geweyht/
Und ſanfft und ſeelig iſt verſchieden.
Bey
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