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Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

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Leichen-Gedichte.
Das herrliche Florentz verschloß dir nicht die Kammern/
Was Naples schönes weist/ hat da dein Aug ergetzt.
Es wolte dich zu Rom fast derer Männer jammern
Weils zum verlassen kam/ die du so hoch geschätzt.
Denn nahm das Vaterland/ hilff GOtt mit was für Freuden!
Dich wieder in die Schoß. Der Vater staud entzückt/
Und konte niemals satt an dir die Augen weiden/
Als dessen Hoffnungs-Ziel so überauß beglückt.
Ja/ wie das Sprichwort war/ daß Adler Adler zeugen/
Und aus der Klau ein Löw sich zuerkennen gibt.
So machst du auch den Ruhm des Vaters dir gantz eigen/
Und wiest durch Curen aus was du seither geübt.
Du hast stets der Natur die rechte Hand geboten/
Und ihrer Heimligkeit Mirakel offenbahrt/
Viel wieder auffgebracht/ die zugezehlt den Todten/
Und keinem Rath und Hülff in seiner Noth versagt.
Wir wünschten ingesammt dir ein unsterblich Leben/
Und daß für deiner Cur mög alles Ubel fliehn.
Umbsonst. Wer kan dem Schluß des Himmels wiederstreben?
Wenn GOtt schafft/ muß der Artzt das Sterbekleid anziehn.
Und zwar du stirbst sehr früh im Wachsthum bester Jahre/
Da deine Weißheit reiff und deine Kunst bewehrt.
Mein Vetter/ ach verzeih daß deine Todten-Bahre
Mit einem schlechten Thon mein traurig Kiel beschwert.
Die Harff ist gantz verstummt/ die Leyer gantz verstimmet/
Jn jede Fuge fügt sich Ach und Winseln ein/
Nun das Verhängnüß so sich über mich ergrimmet/
Daß ich muß ohne Sohn und ohne Vetter seyn.
Die Hoffnung von dem Stamm vertraut' ich gleich der Erden/
Als mich die bittre Post von deinem Tod erschreckt.
Jch sehe stündlich mich in meinen Asche werden/ (schmeckt.
Was Wunder so mein Reim nach nichts als Wermuth
Doch hoff ich GOttes Arm ist mächtig auffzurichten/
Und was er itzt betrübt/ das kan er auch erfreun.
Denn wil ich deinem Ruhm ein Römisch Loblied dichten/
Das bey der Nachwelt sol der Freundschafft Siegel seyn.
Schul-
Leichen-Gedichte.
Das herrliche Florentz verſchloß dir nicht die Kammern/
Was Naples ſchoͤnes weiſt/ hat da dein Aug ergetzt.
Es wolte dich zu Rom faſt derer Maͤnner jammern
Weils zum verlaſſen kam/ die du ſo hoch geſchaͤtzt.
Denn nahm das Vaterland/ hilff GOtt mit was fuͤr Freuden!
Dich wieder in die Schoß. Der Vater ſtaud entzuͤckt/
Und konte niemals ſatt an dir die Augen weiden/
Als deſſen Hoffnungs-Ziel ſo uͤberauß begluͤckt.
Ja/ wie das Sprichwort war/ daß Adler Adler zeugen/
Und aus der Klau ein Loͤw ſich zuerkennen gibt.
So machſt du auch den Ruhm des Vaters dir gantz eigen/
Und wieſt durch Curen aus was du ſeither geuͤbt.
Du haſt ſtets der Natur die rechte Hand geboten/
Und ihrer Heimligkeit Mirakel offenbahrt/
Viel wieder auffgebracht/ die zugezehlt den Todten/
Und keinem Rath und Huͤlff in ſeiner Noth verſagt.
Wir wuͤnſchten ingeſammt dir ein unſterblich Leben/
Und daß fuͤr deiner Cur moͤg alles Ubel fliehn.
Umbſonſt. Wer kan dem Schluß des Himmels wiederſtreben?
Wenn GOtt ſchafft/ muß der Artzt das Sterbekleid anziehn.
Und zwar du ſtirbſt ſehr fruͤh im Wachsthum beſter Jahre/
Da deine Weißheit reiff und deine Kunſt bewehrt.
Mein Vetter/ ach verzeih daß deine Todten-Bahre
Mit einem ſchlechten Thon mein traurig Kiel beſchwert.
Die Harff iſt gantz verſtummt/ die Leyer gantz verſtimmet/
Jn jede Fuge fuͤgt ſich Ach und Winſeln ein/
Nun das Verhaͤngnuͤß ſo ſich uͤber mich ergrimmet/
Daß ich muß ohne Sohn und ohne Vetter ſeyn.
Die Hoffnung von dem Stamm vertraut’ ich gleich der Erden/
Als mich die bittre Poſt von deinem Tod erſchreckt.
Jch ſehe ſtuͤndlich mich in meinen Aſche werden/ (ſchmeckt.
Was Wunder ſo mein Reim nach nichts als Wermuth
Doch hoff ich GOttes Arm iſt maͤchtig auffzurichten/
Und was er itzt betruͤbt/ das kan er auch erfreun.
Denn wil ich deinem Ruhm ein Roͤmiſch Loblied dichten/
Das bey der Nachwelt ſol der Freundſchafft Siegel ſeyn.
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[246/0478] Leichen-Gedichte. Das herrliche Florentz verſchloß dir nicht die Kammern/ Was Naples ſchoͤnes weiſt/ hat da dein Aug ergetzt. Es wolte dich zu Rom faſt derer Maͤnner jammern Weils zum verlaſſen kam/ die du ſo hoch geſchaͤtzt. Denn nahm das Vaterland/ hilff GOtt mit was fuͤr Freuden! Dich wieder in die Schoß. Der Vater ſtaud entzuͤckt/ Und konte niemals ſatt an dir die Augen weiden/ Als deſſen Hoffnungs-Ziel ſo uͤberauß begluͤckt. Ja/ wie das Sprichwort war/ daß Adler Adler zeugen/ Und aus der Klau ein Loͤw ſich zuerkennen gibt. So machſt du auch den Ruhm des Vaters dir gantz eigen/ Und wieſt durch Curen aus was du ſeither geuͤbt. Du haſt ſtets der Natur die rechte Hand geboten/ Und ihrer Heimligkeit Mirakel offenbahrt/ Viel wieder auffgebracht/ die zugezehlt den Todten/ Und keinem Rath und Huͤlff in ſeiner Noth verſagt. Wir wuͤnſchten ingeſammt dir ein unſterblich Leben/ Und daß fuͤr deiner Cur moͤg alles Ubel fliehn. Umbſonſt. Wer kan dem Schluß des Himmels wiederſtreben? Wenn GOtt ſchafft/ muß der Artzt das Sterbekleid anziehn. Und zwar du ſtirbſt ſehr fruͤh im Wachsthum beſter Jahre/ Da deine Weißheit reiff und deine Kunſt bewehrt. Mein Vetter/ ach verzeih daß deine Todten-Bahre Mit einem ſchlechten Thon mein traurig Kiel beſchwert. Die Harff iſt gantz verſtummt/ die Leyer gantz verſtimmet/ Jn jede Fuge fuͤgt ſich Ach und Winſeln ein/ Nun das Verhaͤngnuͤß ſo ſich uͤber mich ergrimmet/ Daß ich muß ohne Sohn und ohne Vetter ſeyn. Die Hoffnung von dem Stamm vertraut’ ich gleich der Erden/ Als mich die bittre Poſt von deinem Tod erſchreckt. Jch ſehe ſtuͤndlich mich in meinen Aſche werden/ (ſchmeckt. Was Wunder ſo mein Reim nach nichts als Wermuth Doch hoff ich GOttes Arm iſt maͤchtig auffzurichten/ Und was er itzt betruͤbt/ das kan er auch erfreun. Denn wil ich deinem Ruhm ein Roͤmiſch Loblied dichten/ Das bey der Nachwelt ſol der Freundſchafft Siegel ſeyn. Schul-

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Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/478>, abgerufen am 22.11.2024.