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Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

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Leichen-Gedichte.
9.
Du Seelige hast deine Zeiten
Jn reiner Andacht GOtt geweyht/
Und ließt dich seinen Rathschluß leiten/
Bis zu erwünschter Heyraths Zeit/
Du hast den Seegen aus der Höhe
Empfangen von des Schöpffers Hand/
Den du mit so viel Angst und Wehe
Verläßt im trüben Wäisen Stand.
10.
Wer glaubt nicht daß sein Hertz jetzt blutet
Mein Freund bey solchem Seelen Riß?
Diß was er nimmermehr vermuthet
Vollzeucht der Tod nur zu gewiß.
Eh kaum drey Jahre sind verflossen/
Ach Liebenden sehr enge Zeit!
So siht er seinen Ehgenossen/
Jn einem weissen Sterbe-Kleid.
11.
Diß/ was man kurtze Frist besessen/
Macht nur den schmertzlichsten Verlust:
Wer kan/ Betrübtster/ recht ermessen
Die Folter-Angst in seiner Brust?
Doch wird auch GOtt die Wunden heilen/
Und weil sie ihm gefallen hat/
So wolt' er zeitlich mit ihr eilen
Zu der erwünschten Friedens-Stadt.
12.
Jhr minstes Theil ist nur gestorben
Man legt was irrdisch ist ins Grab/
Jhr herrlich Lob bleibt unverdorben
Der Tugend eintzig Gut und Haab.
Sie hat in einem seel'gen hoffen
Beschlossen ihren Lebens-Lauff;
Drumb wird ihr auch ihr Heiland ruffen
Jch sage/ Helena steh auff.
Früh-
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Leichen-Gedichte.
9.
Du Seelige haſt deine Zeiten
Jn reiner Andacht GOtt geweyht/
Und ließt dich ſeinen Rathſchluß leiten/
Bis zu erwuͤnſchter Heyraths Zeit/
Du haſt den Seegen aus der Hoͤhe
Empfangen von des Schoͤpffers Hand/
Den du mit ſo viel Angſt und Wehe
Verlaͤßt im truͤben Waͤiſen Stand.
10.
Wer glaubt nicht daß ſein Hertz jetzt blutet
Mein Freund bey ſolchem Seelen Riß?
Diß was er nimmermehr vermuthet
Vollzeucht der Tod nur zu gewiß.
Eh kaum drey Jahre ſind verfloſſen/
Ach Liebenden ſehr enge Zeit!
So ſiht er ſeinen Ehgenoſſen/
Jn einem weiſſen Sterbe-Kleid.
11.
Diß/ was man kurtze Friſt beſeſſen/
Macht nur den ſchmertzlichſten Verluſt:
Wer kan/ Betruͤbtſter/ recht ermeſſen
Die Folter-Angſt in ſeiner Bruſt?
Doch wird auch GOtt die Wunden heilen/
Und weil ſie ihm gefallen hat/
So wolt’ er zeitlich mit ihr eilen
Zu der erwuͤnſchten Friedens-Stadt.
12.
Jhr minſtes Theil iſt nur geſtorben
Man legt was irrdiſch iſt ins Grab/
Jhr herrlich Lob bleibt unverdorben
Der Tugend eintzig Gut und Haab.
Sie hat in einem ſeel’gen hoffen
Beſchloſſen ihren Lebens-Lauff;
Drumb wird ihr auch ihr Heiland ruffen
Jch ſage/ Helena ſteh auff.
Fruͤh-
P p p 4
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[231/0463] Leichen-Gedichte. 9. Du Seelige haſt deine Zeiten Jn reiner Andacht GOtt geweyht/ Und ließt dich ſeinen Rathſchluß leiten/ Bis zu erwuͤnſchter Heyraths Zeit/ Du haſt den Seegen aus der Hoͤhe Empfangen von des Schoͤpffers Hand/ Den du mit ſo viel Angſt und Wehe Verlaͤßt im truͤben Waͤiſen Stand. 10. Wer glaubt nicht daß ſein Hertz jetzt blutet Mein Freund bey ſolchem Seelen Riß? Diß was er nimmermehr vermuthet Vollzeucht der Tod nur zu gewiß. Eh kaum drey Jahre ſind verfloſſen/ Ach Liebenden ſehr enge Zeit! So ſiht er ſeinen Ehgenoſſen/ Jn einem weiſſen Sterbe-Kleid. 11. Diß/ was man kurtze Friſt beſeſſen/ Macht nur den ſchmertzlichſten Verluſt: Wer kan/ Betruͤbtſter/ recht ermeſſen Die Folter-Angſt in ſeiner Bruſt? Doch wird auch GOtt die Wunden heilen/ Und weil ſie ihm gefallen hat/ So wolt’ er zeitlich mit ihr eilen Zu der erwuͤnſchten Friedens-Stadt. 12. Jhr minſtes Theil iſt nur geſtorben Man legt was irrdiſch iſt ins Grab/ Jhr herrlich Lob bleibt unverdorben Der Tugend eintzig Gut und Haab. Sie hat in einem ſeel’gen hoffen Beſchloſſen ihren Lebens-Lauff; Drumb wird ihr auch ihr Heiland ruffen Jch ſage/ Helena ſteh auff. Fruͤh- P p p 4

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Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/463>, abgerufen am 22.11.2024.