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Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

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Leichen-Gedichte.
Er/ Hochgeehrter Freund/ wird seinen Schatz beklagen
Daß ihre Lieb und Treu nicht aus dem Hertzen kömmt.
Doch wieder als ein Christ sein Creutz auch so ertragen/
Daß das empfundne Weh' nicht allen Muth wegnimmt.
Kein Unglück auff der Welt kan einen Weisen fällen/
Wie übers Mondens Kreiß stets klares Wetter bleibt:
So wird er in der Noth auch sein Gemüth erhellen/
Ob umb und unter ihm der Sturm sein Wesen treibt/
"Diß ist die gröste Kunst/ wer über Schmertzen siegen/
&q;Und über Regungen des Geistes herschen kan;
&q;Der findet in der Angst ein heilsames Vergnügen/
&q;Und in dem Dornen Pusch offt eine Rosen Bahn.
Die höchste Klugheit die selige Todes-Betrachtung/
Erwogen bey Absterben Hn. G. R. den 28.
May 1673.
DEr Mensch/ das klügste Thier/ und Meister aller Sache/
So das gevierdt Rund der weiten Welt umschleust/
Kan sich zum Wunderwerck durch Witz und Tugend
machen/

Und was nur Athem hat/ beherrscht sein kluger Geist.
Er hat nicht nur allein den Schauplatz dieser Erden
Jn Gräntzen abgesteckt/ die Felder angebaut/
Es haben ihm die Thier' auch müssen dienstbar werden/
Und sein Verstand erlernt' jedweder Blum und Kraut.
Jhm blieb der Sternen Reyh und Namen unverborgen/
Er nahm des Meeres Fluth/ der Flüsse Quell gewahr/
Und endlich must' er auch für die Verfassung sorgen/
Daß er und sein Geschlecht sey sicher in Gefahr.
Den Zwang die Nothdurfft aus Gehorsam und Gesetze/
Zwey Seulen/ drauffberuht gemeine Policey.
Ja er wieß sattsam aus durch seiner Klugheit Schätze/
Daß er des Landes Herr/ der Erden Herrscher sey.
Nun musten mit Vernunfft die ungezähmten Sinnen
Der wüsten Sterbligkeit noch werden ausgeziert/
Damit ihr gantzes Thun/ ihr Leben und Beginnen/
Würd' auff den rechten Zweck des Regiments geführt.
Denn als die Königreich und Völcker sich gebreitet/
Der Menschen Mänge wuchs in überhäuffter Zahl/
Hat
Leichen-Gedichte.
Er/ Hochgeehrter Freund/ wird ſeinen Schatz beklagen
Daß ihre Lieb und Treu nicht aus dem Hertzen koͤmmt.
Doch wieder als ein Chriſt ſein Creutz auch ſo ertragen/
Daß das empfundne Weh’ nicht allen Muth wegnimmt.
Kein Ungluͤck auff der Welt kan einen Weiſen faͤllen/
Wie uͤbers Mondens Kreiß ſtets klares Wetter bleibt:
So wird er in der Noth auch ſein Gemuͤth erhellen/
Ob umb und unter ihm der Sturm ſein Weſen treibt/
”Diß iſt die groͤſte Kunſt/ wer uͤber Schmertzen ſiegen/
&q;Und uͤber Regungen des Geiſtes herſchen kan;
&q;Der findet in der Angſt ein heilſames Vergnuͤgen/
&q;Und in dem Dornen Puſch offt eine Roſen Bahn.
Die hoͤchſte Klugheit die ſelige Todes-Betrachtung/
Erwogen bey Abſterben Hn. G. R. den 28.
May 1673.
DEr Menſch/ das kluͤgſte Thier/ und Meiſter aller Sachē/
So das gevierdt Rund der weiten Welt umſchleuſt/
Kan ſich zum Wunderwerck durch Witz und Tugend
machen/

Und was nur Athem hat/ beherrſcht ſein kluger Geiſt.
Er hat nicht nur allein den Schauplatz dieſer Erden
Jn Graͤntzen abgeſteckt/ die Felder angebaut/
Es haben ihm die Thier’ auch muͤſſen dienſtbar werden/
Und ſein Verſtand erlernt’ jedweder Blum und Kraut.
Jhm blieb der Sternen Reyh und Namen unverborgen/
Er nahm des Meeres Fluth/ der Fluͤſſe Quell gewahr/
Und endlich muſt’ er auch fuͤr die Verfaſſung ſorgen/
Daß er und ſein Geſchlecht ſey ſicher in Gefahr.
Den Zwang die Nothdurfft aus Gehorſam und Geſetze/
Zwey Seulen/ drauffberuht gemeine Policey.
Ja er wieß ſattſam aus durch ſeiner Klugheit Schaͤtze/
Daß er des Landes Herr/ der Erden Herrſcher ſey.
Nun muſten mit Vernunfft die ungezaͤhmten Sinnen
Der wuͤſten Sterbligkeit noch werden ausgeziert/
Damit ihr gantzes Thun/ ihr Leben und Beginnen/
Wuͤrd’ auff den rechten Zweck des Regiments gefuͤhrt.
Denn als die Koͤnigreich und Voͤlcker ſich gebreitet/
Der Menſchen Maͤnge wuchs in uͤberhaͤuffter Zahl/
Hat
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[148/0380] Leichen-Gedichte. Er/ Hochgeehrter Freund/ wird ſeinen Schatz beklagen Daß ihre Lieb und Treu nicht aus dem Hertzen koͤmmt. Doch wieder als ein Chriſt ſein Creutz auch ſo ertragen/ Daß das empfundne Weh’ nicht allen Muth wegnimmt. Kein Ungluͤck auff der Welt kan einen Weiſen faͤllen/ Wie uͤbers Mondens Kreiß ſtets klares Wetter bleibt: So wird er in der Noth auch ſein Gemuͤth erhellen/ Ob umb und unter ihm der Sturm ſein Weſen treibt/ ”Diß iſt die groͤſte Kunſt/ wer uͤber Schmertzen ſiegen/ &q;Und uͤber Regungen des Geiſtes herſchen kan; &q;Der findet in der Angſt ein heilſames Vergnuͤgen/ &q;Und in dem Dornen Puſch offt eine Roſen Bahn. Die hoͤchſte Klugheit die ſelige Todes-Betrachtung/ Erwogen bey Abſterben Hn. G. R. den 28. May 1673. DEr Menſch/ das kluͤgſte Thier/ und Meiſter aller Sachē/ So das gevierdt Rund der weiten Welt umſchleuſt/ Kan ſich zum Wunderwerck durch Witz und Tugend machen/ Und was nur Athem hat/ beherrſcht ſein kluger Geiſt. Er hat nicht nur allein den Schauplatz dieſer Erden Jn Graͤntzen abgeſteckt/ die Felder angebaut/ Es haben ihm die Thier’ auch muͤſſen dienſtbar werden/ Und ſein Verſtand erlernt’ jedweder Blum und Kraut. Jhm blieb der Sternen Reyh und Namen unverborgen/ Er nahm des Meeres Fluth/ der Fluͤſſe Quell gewahr/ Und endlich muſt’ er auch fuͤr die Verfaſſung ſorgen/ Daß er und ſein Geſchlecht ſey ſicher in Gefahr. Den Zwang die Nothdurfft aus Gehorſam und Geſetze/ Zwey Seulen/ drauffberuht gemeine Policey. Ja er wieß ſattſam aus durch ſeiner Klugheit Schaͤtze/ Daß er des Landes Herr/ der Erden Herrſcher ſey. Nun muſten mit Vernunfft die ungezaͤhmten Sinnen Der wuͤſten Sterbligkeit noch werden ausgeziert/ Damit ihr gantzes Thun/ ihr Leben und Beginnen/ Wuͤrd’ auff den rechten Zweck des Regiments gefuͤhrt. Denn als die Koͤnigreich und Voͤlcker ſich gebreitet/ Der Menſchen Maͤnge wuchs in uͤberhaͤuffter Zahl/ Hat

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Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/380>, abgerufen am 25.11.2024.