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Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

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Leichen-Gedichte.
Und mußste schon anjetzt des Liebsten Treu vermissen/
So bleibt doch GOtt ihr Freund/ der Schutz und Schirm
sich nennt.

Sein wolerworbner Ruhm wird nicht in Sand begraben/
Der Tugend Kertze brennt auch durch des Grabes Nacht/
Er kan von gantzer Stadt diß Ehren-Zeugnüß haben:
Daß Treu und Redligkeit zum Beyspiel ihn gemacht!
Ehren-Gedächtnüs
F. B. Freyin v. N. g. v. T. u. K. den 18.
Septemb. 1672.
ES ist ein hartes Wort: Mensch/ du must Asche werden:
Ja die Natur erschrickt/ wenn sie soll untergehn/
Und kläglich/ daß der Herr und Herrscher dieser Erden
Offt nicht so lange kan als Baum/ und Blumen stehn.
Diß Elend hat auch längst die kluge Welt bewogen/
Daß sie die Sterbligkeit zu trotzen hat gedacht/
Und durch viel hohe Bäu/ und schöne Sieges-Bogen
Sich gleichsam wie bewehrt für Tod und Fall gemacht.
Es lag die Ewigkeit den Heyden in dem Hertzen/
So doch ein Schatten-Werck von eitlem Hochmuth war;
Sie führten Tempel auff/ und weyhten Opffer-Kertzen/
Ja wurden gar zuletzt Abgötter ihrer Baar'.
Jch wil Egyptens Pracht und Wunder nicht erzehlen/
Und wie es Göttern gleich die Leichen hat geehrt:
Es wird auch Persien an Herrligkeit nicht fehlen/
Daß in dem Mesar noch der Todten Lob vermehrt.
Doch der Sineser Witz hat alles überstiegen/
Wo Jrrthum auch ein Theil kan von der Weißheit seyn:
Sie wolten mit Gewalt den Untergang besiegen/
Und hieben Grab und Grufft den harten Felsen ein.
Kein Fürstlich Zimmer kan an Kostbarkeit so prangen/
Als sie des Grabes Pfort und Kammern ausgeziert/
Worinn des Todten Bild/ und Thaten auffgehangen/
Und aller Uberfluß des Reichthums ward gespürt.
Doch die Pagoden sind mit nichten zu vergleichen
Der jenen Raserey/ womit sie mehr befleckt/
Wenn sie ein ewig Ziel gedachten zu erreichen/
Und daß ihr Leben sey unendlich ausgestreckt:
Es
Leichen-Gedichte.
Und mußſte ſchon anjetzt des Liebſten Treu vermiſſen/
So bleibt doch GOtt ihr Freund/ der Schutz und Schirm
ſich nennt.

Sein wolerworbner Ruhm wird nicht in Sand begraben/
Der Tugend Kertze brennt auch durch des Grabes Nacht/
Er kan von gantzer Stadt diß Ehren-Zeugnuͤß haben:
Daß Treu und Redligkeit zum Beyſpiel ihn gemacht!
Ehren-Gedaͤchtnuͤs
F. B. Freyin v. N. g. v. T. u. K. den 18.
Septemb. 1672.
ES iſt ein hartes Wort: Menſch/ du muſt Aſche werden:
Ja die Natur erſchrickt/ wenn ſie ſoll untergehn/
Und klaͤglich/ daß der Herr und Herrſcher dieſer Erden
Offt nicht ſo lange kan als Baum/ und Blumen ſtehn.
Diß Elend hat auch laͤngſt die kluge Welt bewogen/
Daß ſie die Sterbligkeit zu trotzen hat gedacht/
Und durch viel hohe Baͤu/ und ſchoͤne Sieges-Bogen
Sich gleichſam wie bewehrt fuͤr Tod und Fall gemacht.
Es lag die Ewigkeit den Heyden in dem Hertzen/
So doch ein Schatten-Werck von eitlem Hochmuth war;
Sie fuͤhrten Tempel auff/ und weyhten Opffer-Kertzen/
Ja wurden gar zuletzt Abgoͤtter ihrer Baar’.
Jch wil Egyptens Pracht und Wunder nicht erzehlen/
Und wie es Goͤttern gleich die Leichen hat geehrt:
Es wird auch Perſien an Herrligkeit nicht fehlen/
Daß in dem Meſar noch der Todten Lob vermehrt.
Doch der Sineſer Witz hat alles uͤberſtiegen/
Wo Jrrthum auch ein Theil kan von der Weißheit ſeyn:
Sie wolten mit Gewalt den Untergang beſiegen/
Und hieben Grab und Grufft den harten Felſen ein.
Kein Fuͤrſtlich Zimmer kan an Koſtbarkeit ſo prangen/
Als ſie des Grabes Pfort und Kammern ausgeziert/
Worinn des Todten Bild/ und Thaten auffgehangen/
Und aller Uberfluß des Reichthums ward geſpuͤrt.
Doch die Pagoden ſind mit nichten zu vergleichen
Der jenen Raſerey/ womit ſie mehr befleckt/
Wenn ſie ein ewig Ziel gedachten zu erreichen/
Und daß ihr Leben ſey unendlich ausgeſtreckt:
Es
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[118/0350] Leichen-Gedichte. Und mußſte ſchon anjetzt des Liebſten Treu vermiſſen/ So bleibt doch GOtt ihr Freund/ der Schutz und Schirm ſich nennt. Sein wolerworbner Ruhm wird nicht in Sand begraben/ Der Tugend Kertze brennt auch durch des Grabes Nacht/ Er kan von gantzer Stadt diß Ehren-Zeugnuͤß haben: Daß Treu und Redligkeit zum Beyſpiel ihn gemacht! Ehren-Gedaͤchtnuͤs F. B. Freyin v. N. g. v. T. u. K. den 18. Septemb. 1672. ES iſt ein hartes Wort: Menſch/ du muſt Aſche werden: Ja die Natur erſchrickt/ wenn ſie ſoll untergehn/ Und klaͤglich/ daß der Herr und Herrſcher dieſer Erden Offt nicht ſo lange kan als Baum/ und Blumen ſtehn. Diß Elend hat auch laͤngſt die kluge Welt bewogen/ Daß ſie die Sterbligkeit zu trotzen hat gedacht/ Und durch viel hohe Baͤu/ und ſchoͤne Sieges-Bogen Sich gleichſam wie bewehrt fuͤr Tod und Fall gemacht. Es lag die Ewigkeit den Heyden in dem Hertzen/ So doch ein Schatten-Werck von eitlem Hochmuth war; Sie fuͤhrten Tempel auff/ und weyhten Opffer-Kertzen/ Ja wurden gar zuletzt Abgoͤtter ihrer Baar’. Jch wil Egyptens Pracht und Wunder nicht erzehlen/ Und wie es Goͤttern gleich die Leichen hat geehrt: Es wird auch Perſien an Herrligkeit nicht fehlen/ Daß in dem Meſar noch der Todten Lob vermehrt. Doch der Sineſer Witz hat alles uͤberſtiegen/ Wo Jrrthum auch ein Theil kan von der Weißheit ſeyn: Sie wolten mit Gewalt den Untergang beſiegen/ Und hieben Grab und Grufft den harten Felſen ein. Kein Fuͤrſtlich Zimmer kan an Koſtbarkeit ſo prangen/ Als ſie des Grabes Pfort und Kammern ausgeziert/ Worinn des Todten Bild/ und Thaten auffgehangen/ Und aller Uberfluß des Reichthums ward geſpuͤrt. Doch die Pagoden ſind mit nichten zu vergleichen Der jenen Raſerey/ womit ſie mehr befleckt/ Wenn ſie ein ewig Ziel gedachten zu erreichen/ Und daß ihr Leben ſey unendlich ausgeſtreckt: Es

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Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/350>, abgerufen am 25.11.2024.