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Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.

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Leichen-Gedichte.
Kurtz: Aller Griechen Witz und embsiges studiren/
War/ wie im Bürger-Stand ein Mensch wol leben kan.
Durch diß ist Rom erbaut/ als sie die Tugend liebte/
Und manchen Freyheits Brieff den Bürgern zugelegt/
Ja/ daß kein Blut-Tyrann die Ordnungen betrübte/
So hat man sie in Ertz mit höchstem Fleiß gepregt.
Da ward ein hurtig Geist zur Tugend angefeuret/
Wenn man die Bürger-Kron auff seiner Scheitel sah/
Der hat hinwiederumb Gehorsam auch gesteuret/
Und Pflicht und Redligkeit stund als ein Opffer da.
Wer nun nicht in dem Staub des Pöfels wolte sitzen/
Hat durch Geschickligkeit/ durch Tugend und Verstand
Sich jederjeit bemüht dem Vaterland zu nützen/
Und sein getreues Hertz demselben zugewand.
Nicht Cato nur allein hat solchen Preiß erworben/
Nicht nur die Alte Welt weist tapffre Bürger vor.
Es ist die Redligkeit bey uns noch nicht gestorben/
Sie hebt des Seeligen Gerücht und Lob empvr.
Sein auffgemuntert Sinn hat in den grünen Jahren
Nicht bey der Ofen-Banck die edle Zeit verzehrt/
Er gieng frisch in die Welt/ umb da was zu erfahren/
Was künfftig einen Mann macht bey den Leuten werth.
Jhn hat Jtalien das Paradiß der Erden/
Das Schloß der Gratien und aller Höffligkeit/
Holdselig angelockt/ mit freundlichen Geberden/
Jhm Feur und Herd gegönnt und Wohnung zubereit.
Es zeigt' ihm Padua der Kunst und Weißheit Schätze/
Als Vendrominons Gunst ihn nahm zu Diensten an/
Der nachmals Fürst und Haupt Venedischer Gesetze
Von dieses Teutschen Treu ein Zeugnüß geben kan.
Drauff hat Siena ihn mit Klugheit ausgezieret/
Der Sinnen Hurtigkeit noch schärffer ausgeübt/
Biß das Verlangen ihn auch nach Florentz geführet/
Wo er der Sprache Zier und Reinligkeit geliebt.
Ein Welscher kont ihn fast mit Rechte Landsman heissen/
Er hatt' ihm dessen Witz und Mund Art beygelegt/
Und was ein Reisender sich eintzig soll befleissen/
Daß er die Tugend nur mit sich nach Hause trägt.
Drauff hat Neapolis den Seeligen umbfangen/
Der Schau-Platz der Natur/ das Zeughauß aller Lust/
So
Leichen-Gedichte.
Kurtz: Aller Griechen Witz und embſiges ſtudiren/
War/ wie im Buͤrger-Stand ein Menſch wol leben kan.
Durch diß iſt Rom erbaut/ als ſie die Tugend liebte/
Und manchen Freyheits Brieff den Buͤrgern zugelegt/
Ja/ daß kein Blut-Tyrann die Ordnungen betruͤbte/
So hat man ſie in Ertz mit hoͤchſtem Fleiß gepregt.
Da ward ein hurtig Geiſt zur Tugend angefeuret/
Wenn man die Buͤrger-Kron auff ſeiner Scheitel ſah/
Der hat hinwiederumb Gehorſam auch geſteuret/
Und Pflicht und Redligkeit ſtund als ein Opffer da.
Wer nun nicht in dem Staub des Poͤfels wolte ſitzen/
Hat durch Geſchickligkeit/ durch Tugend und Verſtand
Sich jederjeit bemuͤht dem Vaterland zu nuͤtzen/
Und ſein getreues Hertz demſelben zugewand.
Nicht Cato nur allein hat ſolchen Preiß erworben/
Nicht nur die Alte Welt weiſt tapffre Buͤrger vor.
Es iſt die Redligkeit bey uns noch nicht geſtorben/
Sie hebt des Seeligen Geruͤcht und Lob empvr.
Sein auffgemuntert Sinn hat in den gruͤnen Jahren
Nicht bey der Ofen-Banck die edle Zeit verzehrt/
Er gieng friſch in die Welt/ umb da was zu erfahren/
Was kuͤnfftig einen Mann macht bey den Leuten werth.
Jhn hat Jtalien das Paradiß der Erden/
Das Schloß der Gratien und aller Hoͤffligkeit/
Holdſelig angelockt/ mit freundlichen Geberden/
Jhm Feur und Herd gegoͤnnt und Wohnung zubereit.
Es zeigt’ ihm Padua der Kunſt und Weißheit Schaͤtze/
Als Vendrominons Gunſt ihn nahm zu Dienſten an/
Der nachmals Fuͤrſt und Haupt Venediſcher Geſetze
Von dieſes Teutſchen Treu ein Zeugnuͤß geben kan.
Drauff hat Siena ihn mit Klugheit ausgezieret/
Der Sinnen Hurtigkeit noch ſchaͤrffer ausgeuͤbt/
Biß das Verlangen ihn auch nach Florentz gefuͤhret/
Wo er der Sprache Zier und Reinligkeit geliebt.
Ein Welſcher kont ihn faſt mit Rechte Landsman heiſſen/
Er hatt’ ihm deſſen Witz und Mund Art beygelegt/
Und was ein Reiſender ſich eintzig ſoll befleiſſen/
Daß er die Tugend nur mit ſich nach Hauſe traͤgt.
Drauff hat Neapolis den Seeligen umbfangen/
Der Schau-Platz der Natur/ das Zeughauß aller Luſt/
So
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[116/0348] Leichen-Gedichte. Kurtz: Aller Griechen Witz und embſiges ſtudiren/ War/ wie im Buͤrger-Stand ein Menſch wol leben kan. Durch diß iſt Rom erbaut/ als ſie die Tugend liebte/ Und manchen Freyheits Brieff den Buͤrgern zugelegt/ Ja/ daß kein Blut-Tyrann die Ordnungen betruͤbte/ So hat man ſie in Ertz mit hoͤchſtem Fleiß gepregt. Da ward ein hurtig Geiſt zur Tugend angefeuret/ Wenn man die Buͤrger-Kron auff ſeiner Scheitel ſah/ Der hat hinwiederumb Gehorſam auch geſteuret/ Und Pflicht und Redligkeit ſtund als ein Opffer da. Wer nun nicht in dem Staub des Poͤfels wolte ſitzen/ Hat durch Geſchickligkeit/ durch Tugend und Verſtand Sich jederjeit bemuͤht dem Vaterland zu nuͤtzen/ Und ſein getreues Hertz demſelben zugewand. Nicht Cato nur allein hat ſolchen Preiß erworben/ Nicht nur die Alte Welt weiſt tapffre Buͤrger vor. Es iſt die Redligkeit bey uns noch nicht geſtorben/ Sie hebt des Seeligen Geruͤcht und Lob empvr. Sein auffgemuntert Sinn hat in den gruͤnen Jahren Nicht bey der Ofen-Banck die edle Zeit verzehrt/ Er gieng friſch in die Welt/ umb da was zu erfahren/ Was kuͤnfftig einen Mann macht bey den Leuten werth. Jhn hat Jtalien das Paradiß der Erden/ Das Schloß der Gratien und aller Hoͤffligkeit/ Holdſelig angelockt/ mit freundlichen Geberden/ Jhm Feur und Herd gegoͤnnt und Wohnung zubereit. Es zeigt’ ihm Padua der Kunſt und Weißheit Schaͤtze/ Als Vendrominons Gunſt ihn nahm zu Dienſten an/ Der nachmals Fuͤrſt und Haupt Venediſcher Geſetze Von dieſes Teutſchen Treu ein Zeugnuͤß geben kan. Drauff hat Siena ihn mit Klugheit ausgezieret/ Der Sinnen Hurtigkeit noch ſchaͤrffer ausgeuͤbt/ Biß das Verlangen ihn auch nach Florentz gefuͤhret/ Wo er der Sprache Zier und Reinligkeit geliebt. Ein Welſcher kont ihn faſt mit Rechte Landsman heiſſen/ Er hatt’ ihm deſſen Witz und Mund Art beygelegt/ Und was ein Reiſender ſich eintzig ſoll befleiſſen/ Daß er die Tugend nur mit ſich nach Hauſe traͤgt. Drauff hat Neapolis den Seeligen umbfangen/ Der Schau-Platz der Natur/ das Zeughauß aller Luſt/ So

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Zitationshilfe: Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muehlpfort_gedichte01_1686/348>, abgerufen am 11.06.2024.