Mühlpfort, Heinrich: Teutsche Gedichte. Bd. 1. Breslau u. a., 1686.Leichen-Gedichte. Der Tugend ewig Licht dämpfft nie deß Todes Schatten/Der lieblichste Geruch verbleibt ein gut Gerücht. Es mag darwider sich Neid und Verleumbdung gatten/ Die Nachwelt thuts allein so hier das Urtheil spricht. Das angedencken kan/ mein Freund/ die Schmertzen mindern/ Weil es der Tristis gleich dein mattes Hertze stärckt/ Der Balsam ihres Ruhms wird Beul und Wunden lindern/ So daß man sichtbarlich deß Höchsten Beystand merckt. Laß jetzt den güldnen Lentz mit seinen Blumen prangen/ Sie werden endlich doch ein Raub der grimmen Zeit. Nun deine Tristis ist den Himmel eingegangen/ Krönt sie ein ewig May der grossen Herrligkeit. Auf das Absterben/ DEin' Außfahrt/ Seelige/ geschicht zu diesen Zeiten/Jungf. R. g. K. den 26. May 1672. Da gleich dein Bräutigam/ dein Heiland/ Aufffahrt hält/ Der Triumphirende rufft dich an seine Seiten/ Umb mit ihm einzugehn des Himmels Ehren-Zelt. So ist dein Freund doch treu biß in des Todes Schatten/ Biß sich deß Lebens Tag und Abend hat gekühlt/ So will er dein Gebet und Sehnen recht erstatten/ Daß der erblaste Leib nun keine Qual mehr fühlt. Unschätzbarer Triumph! Weit über das Gepränge/ Worinn das stoltze Rom sein Sieges-Fest begieng/ Daß der bezwung'nen Städt' und Länder Nahm' und Mänge/ Kunst-artig abgemahlt an hohe Säulen hieng/ Wenn sich der gantze Rath in weissen Kleidern zeigte/ Der Uberwinder selbst in Cron und Scepter wieß; Wenn das gefangne Volck sich zu der Erden neigte/ Ja vielmals ein Tyrann die Fürsten ziehen hieß. Es war nicht nur genug das Helffenbein zum Wagen/ Wenn nicht ein Elefant denselben auch geführt/ Und so ins Capitol den Siegenden getragen/ Worinn noch grösser Pracht/ und Hochmuth ward gespürt; Man schlachte Menschen ab zum Opfer ihren Göttern/ Und gab gediegen Gold mit fettem Weyrauch hin/ Man legt' in ihren Schoß den Krantz der Lorber-Blättern/ Und ließ die gantze Stadt in Lust und Freuden blühn: Dar-
Leichen-Gedichte. Der Tugend ewig Licht daͤmpfft nie deß Todes Schatten/Der lieblichſte Geruch verbleibt ein gut Geruͤcht. Es mag darwider ſich Neid und Verleumbdung gatten/ Die Nachwelt thuts allein ſo hier das Urtheil ſpricht. Das angedencken kan/ mein Freund/ die Schmertzen mindern/ Weil es der Triſtis gleich dein mattes Hertze ſtaͤrckt/ Der Balſam ihres Ruhms wird Beul und Wunden lindern/ So daß man ſichtbarlich deß Hoͤchſten Beyſtand merckt. Laß jetzt den guͤldnen Lentz mit ſeinen Blumen prangen/ Sie werden endlich doch ein Raub der grimmen Zeit. Nun deine Triſtis iſt den Himmel eingegangen/ Kroͤnt ſie ein ewig May der groſſen Herꝛligkeit. Auf das Abſterben/ DEin’ Außfahrt/ Seelige/ geſchicht zu dieſen Zeiten/Jungf. R. g. K. den 26. May 1672. Da gleich dein Braͤutigam/ dein Heiland/ Aufffahrt haͤlt/ Der Triumphirende rufft dich an ſeine Seiten/ Umb mit ihm einzugehn des Himmels Ehren-Zelt. So iſt dein Freund doch treu biß in des Todes Schatten/ Biß ſich deß Lebens Tag und Abend hat gekuͤhlt/ So will er dein Gebet und Sehnen recht erſtatten/ Daß der erblaſte Leib nun keine Qual mehr fuͤhlt. Unſchaͤtzbarer Triumph! Weit uͤber das Gepraͤnge/ Worinn das ſtoltze Rom ſein Sieges-Feſt begieng/ Daß der bezwung’nen Staͤdt’ und Laͤnder Nahm’ und Maͤnge/ Kunſt-artig abgemahlt an hohe Saͤulen hieng/ Wenn ſich der gantze Rath in weiſſen Kleidern zeigte/ Der Uberwinder ſelbſt in Cron und Scepter wieß; Wenn das gefangne Volck ſich zu der Erden neigte/ Ja vielmals ein Tyrann die Fuͤrſten ziehen hieß. Es war nicht nur genug das Helffenbein zum Wagen/ Wenn nicht ein Elefant denſelben auch gefuͤhrt/ Und ſo ins Capitol den Siegenden getragen/ Worinn noch groͤſſer Pracht/ und Hochmuth ward geſpuͤrt; Man ſchlachte Menſchen ab zum Opfer ihren Goͤttern/ Und gab gediegen Gold mit fettem Weyrauch hin/ Man legt’ in ihren Schoß den Krantz der Lorber-Blaͤttern/ Und ließ die gantze Stadt in Luſt und Freuden bluͤhn: Dar-
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Leichen-Gedichte.
Der Tugend ewig Licht daͤmpfft nie deß Todes Schatten/
Der lieblichſte Geruch verbleibt ein gut Geruͤcht.
Es mag darwider ſich Neid und Verleumbdung gatten/
Die Nachwelt thuts allein ſo hier das Urtheil ſpricht.
Das angedencken kan/ mein Freund/ die Schmertzen mindern/
Weil es der Triſtis gleich dein mattes Hertze ſtaͤrckt/
Der Balſam ihres Ruhms wird Beul und Wunden lindern/
So daß man ſichtbarlich deß Hoͤchſten Beyſtand merckt.
Laß jetzt den guͤldnen Lentz mit ſeinen Blumen prangen/
Sie werden endlich doch ein Raub der grimmen Zeit.
Nun deine Triſtis iſt den Himmel eingegangen/
Kroͤnt ſie ein ewig May der groſſen Herꝛligkeit.
Auf das Abſterben/
Jungf. R. g. K. den 26. May 1672.
DEin’ Außfahrt/ Seelige/ geſchicht zu dieſen Zeiten/
Da gleich dein Braͤutigam/ dein Heiland/ Aufffahrt
haͤlt/
Der Triumphirende rufft dich an ſeine Seiten/
Umb mit ihm einzugehn des Himmels Ehren-Zelt.
So iſt dein Freund doch treu biß in des Todes Schatten/
Biß ſich deß Lebens Tag und Abend hat gekuͤhlt/
So will er dein Gebet und Sehnen recht erſtatten/
Daß der erblaſte Leib nun keine Qual mehr fuͤhlt.
Unſchaͤtzbarer Triumph! Weit uͤber das Gepraͤnge/
Worinn das ſtoltze Rom ſein Sieges-Feſt begieng/
Daß der bezwung’nen Staͤdt’ und Laͤnder Nahm’ und Maͤnge/
Kunſt-artig abgemahlt an hohe Saͤulen hieng/
Wenn ſich der gantze Rath in weiſſen Kleidern zeigte/
Der Uberwinder ſelbſt in Cron und Scepter wieß;
Wenn das gefangne Volck ſich zu der Erden neigte/
Ja vielmals ein Tyrann die Fuͤrſten ziehen hieß.
Es war nicht nur genug das Helffenbein zum Wagen/
Wenn nicht ein Elefant denſelben auch gefuͤhrt/
Und ſo ins Capitol den Siegenden getragen/
Worinn noch groͤſſer Pracht/ und Hochmuth ward geſpuͤrt;
Man ſchlachte Menſchen ab zum Opfer ihren Goͤttern/
Und gab gediegen Gold mit fettem Weyrauch hin/
Man legt’ in ihren Schoß den Krantz der Lorber-Blaͤttern/
Und ließ die gantze Stadt in Luſt und Freuden bluͤhn:
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