Mügge, Theodor: Am Malanger Fjord. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–176. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.in dem Kessel umher, aus welchem ein scharfgewürziger Duft aufstieg; vor dem Zelte aber erblickte Stureson den Missionär Probst Stockfleth, der ein Buch in der Hand hielt und dieser Gesellschaft eben eine geistliche Erbauung gehalten hatte. Nach wenigen Augenblicken hatten sich Beide verständigt. -- Ich habe, so erzählte der Missionär, eine sehr weite Wanderung gemacht, um irgend eine Nachricht über meinen armen Freund Olaf zu erhalten, der, wie Sie wissen, seine Stelle verlassen hat, ohne daß Jemand wüßte, wohin er gekommen. Und auch Sie haben nichts entdeckt? fragte der Landrichter. Nichts, erwiderte der Probst seufzend. Diese Kinder der Wüste sind gewöhnt, am kleinsten Zeichen eines Menschen Spur aufzufinden, doch alle Mühe ist verloren gewesen. So muß er verunglückt sein, sagte Stureson. Leider wohl, sprach der Missionär. Hier ist die ganze Familie meines unglücklichen Schützlings. Seinen Brüdern gehört diese Heerde, ihre Frauen und Kinder helfen bei dem harten Hirtenleben, und die alte Mutter hält patriarchalisch Ordnung und Einigkeit aufrecht. Es sind gut geartete Wesen, fügte er hinzu, als er den verächtlichen Blick bemerkte, mit welchem Stureson den Kreis der Männer, Weiber und Kinder musterte, der sich um sein Roß gesammelt hatte; alle sind gläubige und fromme Christen, redliche Freunde, in dem Kessel umher, aus welchem ein scharfgewürziger Duft aufstieg; vor dem Zelte aber erblickte Stureson den Missionär Probst Stockfleth, der ein Buch in der Hand hielt und dieser Gesellschaft eben eine geistliche Erbauung gehalten hatte. Nach wenigen Augenblicken hatten sich Beide verständigt. — Ich habe, so erzählte der Missionär, eine sehr weite Wanderung gemacht, um irgend eine Nachricht über meinen armen Freund Olaf zu erhalten, der, wie Sie wissen, seine Stelle verlassen hat, ohne daß Jemand wüßte, wohin er gekommen. Und auch Sie haben nichts entdeckt? fragte der Landrichter. Nichts, erwiderte der Probst seufzend. Diese Kinder der Wüste sind gewöhnt, am kleinsten Zeichen eines Menschen Spur aufzufinden, doch alle Mühe ist verloren gewesen. So muß er verunglückt sein, sagte Stureson. Leider wohl, sprach der Missionär. Hier ist die ganze Familie meines unglücklichen Schützlings. Seinen Brüdern gehört diese Heerde, ihre Frauen und Kinder helfen bei dem harten Hirtenleben, und die alte Mutter hält patriarchalisch Ordnung und Einigkeit aufrecht. Es sind gut geartete Wesen, fügte er hinzu, als er den verächtlichen Blick bemerkte, mit welchem Stureson den Kreis der Männer, Weiber und Kinder musterte, der sich um sein Roß gesammelt hatte; alle sind gläubige und fromme Christen, redliche Freunde, <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="5"> <p><pb facs="#f0121"/> in dem Kessel umher, aus welchem ein scharfgewürziger Duft aufstieg; vor dem Zelte aber erblickte Stureson den Missionär Probst Stockfleth, der ein Buch in der Hand hielt und dieser Gesellschaft eben eine geistliche Erbauung gehalten hatte. </p><lb/> <p> Nach wenigen Augenblicken hatten sich Beide verständigt. — Ich habe, so erzählte der Missionär, eine sehr weite Wanderung gemacht, um irgend eine Nachricht über meinen armen Freund Olaf zu erhalten, der, wie Sie wissen, seine Stelle verlassen hat, ohne daß Jemand wüßte, wohin er gekommen. </p><lb/> <p> Und auch Sie haben nichts entdeckt? fragte der Landrichter. </p><lb/> <p> Nichts, erwiderte der Probst seufzend. Diese Kinder der Wüste sind gewöhnt, am kleinsten Zeichen eines Menschen Spur aufzufinden, doch alle Mühe ist verloren gewesen. </p><lb/> <p> So muß er verunglückt sein, sagte Stureson. </p><lb/> <p> Leider wohl, sprach der Missionär. Hier ist die ganze Familie meines unglücklichen Schützlings. Seinen Brüdern gehört diese Heerde, ihre Frauen und Kinder helfen bei dem harten Hirtenleben, und die alte Mutter hält patriarchalisch Ordnung und Einigkeit aufrecht. Es sind gut geartete Wesen, fügte er hinzu, als er den verächtlichen Blick bemerkte, mit welchem Stureson den Kreis der Männer, Weiber und Kinder musterte, der sich um sein Roß gesammelt hatte; alle sind gläubige und fromme Christen, redliche Freunde,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0121]
in dem Kessel umher, aus welchem ein scharfgewürziger Duft aufstieg; vor dem Zelte aber erblickte Stureson den Missionär Probst Stockfleth, der ein Buch in der Hand hielt und dieser Gesellschaft eben eine geistliche Erbauung gehalten hatte.
Nach wenigen Augenblicken hatten sich Beide verständigt. — Ich habe, so erzählte der Missionär, eine sehr weite Wanderung gemacht, um irgend eine Nachricht über meinen armen Freund Olaf zu erhalten, der, wie Sie wissen, seine Stelle verlassen hat, ohne daß Jemand wüßte, wohin er gekommen.
Und auch Sie haben nichts entdeckt? fragte der Landrichter.
Nichts, erwiderte der Probst seufzend. Diese Kinder der Wüste sind gewöhnt, am kleinsten Zeichen eines Menschen Spur aufzufinden, doch alle Mühe ist verloren gewesen.
So muß er verunglückt sein, sagte Stureson.
Leider wohl, sprach der Missionär. Hier ist die ganze Familie meines unglücklichen Schützlings. Seinen Brüdern gehört diese Heerde, ihre Frauen und Kinder helfen bei dem harten Hirtenleben, und die alte Mutter hält patriarchalisch Ordnung und Einigkeit aufrecht. Es sind gut geartete Wesen, fügte er hinzu, als er den verächtlichen Blick bemerkte, mit welchem Stureson den Kreis der Männer, Weiber und Kinder musterte, der sich um sein Roß gesammelt hatte; alle sind gläubige und fromme Christen, redliche Freunde,
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Zitationshilfe: | Mügge, Theodor: Am Malanger Fjord. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–176. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muegge_fjord_1910/121>, abgerufen am 26.06.2024. |