Mügge, Theodor: Am Malanger Fjord. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–176. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Heerde erblickte, welche flüchtig zusammenlief und die Nasen in den Wind streckte, machte er seinem Unwillen in einem derben Fluche Luft. Du scheinst kein Freund von Rennthieren und Lappen zu sein, Niels? fragte Stureson. Das lauernde schlechte Gesindel kommt einem nur zu oft in den Weg, erwiderte der Mann. Fürchtest dich? sagte der Landrichter lachend. Der kräftige Bursche spie verächtlich aus. -- Fürchte mich nicht, sprach er mürrisch, möchte aber doch nicht mit ihnen zusammentreffen. Und mit solchem jämmerlichen Geschöpfe hat sie sich eingelassen, murmelte Stureson vor sich hin, und -- sage Einer was er wolle, sie denkt noch an ihn, wenn sie plötzlich sich von mir wendet und die Augen niederschlägt. Zu seinem größten Erstaunen hörte er jetzt zwischen den Büschen hervor seinen Namen so laut rufen, daß er ihn deutlich verstehen konnte. Auf einer grünen mit Birken und Gras bewachsenen Stelle standen drei hohe Zelte, vor denen wohl fünf bis sechshundert Rennthiere sich zusammendrängten. Ein halbes Dutzend Männer, mehrere Weiber und Kinder hockten um das mittelste und größte Zelt, dessen grober Behang von Segeltuch halb zurückgeschlagen war und innen ein qualmiges Feuer sehen ließ, über welchem ein Kessel an eiserner Kette hing. Eine alte Frau mit tief niederhängenden Haaren rührte Heerde erblickte, welche flüchtig zusammenlief und die Nasen in den Wind streckte, machte er seinem Unwillen in einem derben Fluche Luft. Du scheinst kein Freund von Rennthieren und Lappen zu sein, Niels? fragte Stureson. Das lauernde schlechte Gesindel kommt einem nur zu oft in den Weg, erwiderte der Mann. Fürchtest dich? sagte der Landrichter lachend. Der kräftige Bursche spie verächtlich aus. — Fürchte mich nicht, sprach er mürrisch, möchte aber doch nicht mit ihnen zusammentreffen. Und mit solchem jämmerlichen Geschöpfe hat sie sich eingelassen, murmelte Stureson vor sich hin, und — sage Einer was er wolle, sie denkt noch an ihn, wenn sie plötzlich sich von mir wendet und die Augen niederschlägt. Zu seinem größten Erstaunen hörte er jetzt zwischen den Büschen hervor seinen Namen so laut rufen, daß er ihn deutlich verstehen konnte. Auf einer grünen mit Birken und Gras bewachsenen Stelle standen drei hohe Zelte, vor denen wohl fünf bis sechshundert Rennthiere sich zusammendrängten. Ein halbes Dutzend Männer, mehrere Weiber und Kinder hockten um das mittelste und größte Zelt, dessen grober Behang von Segeltuch halb zurückgeschlagen war und innen ein qualmiges Feuer sehen ließ, über welchem ein Kessel an eiserner Kette hing. Eine alte Frau mit tief niederhängenden Haaren rührte <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="5"> <p><pb facs="#f0120"/> Heerde erblickte, welche flüchtig zusammenlief und die Nasen in den Wind streckte, machte er seinem Unwillen in einem derben Fluche Luft. </p><lb/> <p> Du scheinst kein Freund von Rennthieren und Lappen zu sein, Niels? fragte Stureson. </p><lb/> <p> Das lauernde schlechte Gesindel kommt einem nur zu oft in den Weg, erwiderte der Mann. </p><lb/> <p> Fürchtest dich? sagte der Landrichter lachend. </p><lb/> <p> Der kräftige Bursche spie verächtlich aus. — Fürchte mich nicht, sprach er mürrisch, möchte aber doch nicht mit ihnen zusammentreffen. </p><lb/> <p> Und mit solchem jämmerlichen Geschöpfe hat sie sich eingelassen, murmelte Stureson vor sich hin, und — sage Einer was er wolle, sie denkt noch an ihn, wenn sie plötzlich sich von mir wendet und die Augen niederschlägt. </p><lb/> <p> Zu seinem größten Erstaunen hörte er jetzt zwischen den Büschen hervor seinen Namen so laut rufen, daß er ihn deutlich verstehen konnte. </p><lb/> <p> Auf einer grünen mit Birken und Gras bewachsenen Stelle standen drei hohe Zelte, vor denen wohl fünf bis sechshundert Rennthiere sich zusammendrängten. Ein halbes Dutzend Männer, mehrere Weiber und Kinder hockten um das mittelste und größte Zelt, dessen grober Behang von Segeltuch halb zurückgeschlagen war und innen ein qualmiges Feuer sehen ließ, über welchem ein Kessel an eiserner Kette hing. Eine alte Frau mit tief niederhängenden Haaren rührte<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0120]
Heerde erblickte, welche flüchtig zusammenlief und die Nasen in den Wind streckte, machte er seinem Unwillen in einem derben Fluche Luft.
Du scheinst kein Freund von Rennthieren und Lappen zu sein, Niels? fragte Stureson.
Das lauernde schlechte Gesindel kommt einem nur zu oft in den Weg, erwiderte der Mann.
Fürchtest dich? sagte der Landrichter lachend.
Der kräftige Bursche spie verächtlich aus. — Fürchte mich nicht, sprach er mürrisch, möchte aber doch nicht mit ihnen zusammentreffen.
Und mit solchem jämmerlichen Geschöpfe hat sie sich eingelassen, murmelte Stureson vor sich hin, und — sage Einer was er wolle, sie denkt noch an ihn, wenn sie plötzlich sich von mir wendet und die Augen niederschlägt.
Zu seinem größten Erstaunen hörte er jetzt zwischen den Büschen hervor seinen Namen so laut rufen, daß er ihn deutlich verstehen konnte.
Auf einer grünen mit Birken und Gras bewachsenen Stelle standen drei hohe Zelte, vor denen wohl fünf bis sechshundert Rennthiere sich zusammendrängten. Ein halbes Dutzend Männer, mehrere Weiber und Kinder hockten um das mittelste und größte Zelt, dessen grober Behang von Segeltuch halb zurückgeschlagen war und innen ein qualmiges Feuer sehen ließ, über welchem ein Kessel an eiserner Kette hing. Eine alte Frau mit tief niederhängenden Haaren rührte
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Zitationshilfe: | Mügge, Theodor: Am Malanger Fjord. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–176. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/muegge_fjord_1910/120>, abgerufen am 26.06.2024. |