Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Mozart, Leopold: Versuch einer gründlichen Violinschule. Augsburg, 1756.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Einleitung zweyter Abschnitt.
vaters: und es ist nicht unwahrscheinlich, daß die Musik entweder durch den Noe selbst
oder durch einen seiner S[ö]hne in die Arche, und nach der Sündflut durch Un-
terweisung auf die Egyptier gekommen; von denen sie nachgehends die Griechen
erlernet, sich in Verbesserung derselben viele Mühe gegeben, und solche endlich
auf die Lateiner und andere Völker gebracht haben. Ob aber Cham und sein
Sohn Mesraim eben diejenigen waren, davon finden sich keine gründlichen An-
zeigen in der H. Schrift (t). Daß zu Labans und Jakobs Zeiten die
Musik schon wieder getrieben, ja so gar zum Geleite der Abreisenden als ein Eh-
renzeichen gebraucht worden, ist ganz gewiß; weil Laban zu Jakob sprach:
Warum hast du ohne mein Wissen fliehen, und mirs nicht anzeigen
wollen, daß ich dich mit Freuden, mit Gesang, mit Trummen, und
Citharn begleitet hätte?
(u) Das Lied der Maria, (x) und wie sie mit
andern Weibern bey dem Durchzuge durch das rothe Meer auf der Trumme
spielte, ist bekannt (y). Nicht weniger weis man aus der Schrift, daß Mo-
ses
zwo Posaunen unter gewissen Regeln zu blasen verordnet hatte (z). Man
weis das Blasen der Leviten, davon die Mauren der Stadt Jericho einstürze-
ten (aa). Man weis die musikalischen Anstalten, die David gemacht hatte
(bb). Und daß man zu seiner Zeit schon vielerley Jnstrumente gehabt habe,
ließt man aus den Aufschriften seiner Psalmen. Assaph der Sohn des Ba-
rachias
war sein Capellmeister, und Jehiel über die Jnstrumente gesetzet; man
mag ihn also einen Concertmeister nennen (cc). Die Propheten bedienten sich
der Musik, wenn sie weissagen wollten: Saul kann uns dessen ein Zeuge seyn
(dd). Und in der H. Schrift lesen wir es von den Kindern des Assaph, des
Heman und des Jdithun (ee). Daß nächst den Hebräern die Griechen die
ältesten Musikverständigen gewesen, ist gar nicht zu zweifeln. Es sind uns

Merkur,
(t) Kircherus war dieser Meynung, und Tevo schreibt es in seinem Musico Testo-
re, Cap. 12. pag. 11.
(u) Genesis 31, 27.
(x) Maria, die andere Mirjam nennen, war Moses und Aarons Schwester.
(y) Exod 15. 20. & 21.
(z) Num 10, 2.
(aa) Josue 6, 4. & seq.
(bb) I. Paralip. 15. 16. & seq. nicht weniger Cap. 23 5. 30.
(cc) I. Paralip. 16. 5.
(dd) I Regum 10 5. & 10.
(ee) I Paralip. 25. 1, 2, 3, 4, 5, 6, andere sprechen auch Jeditim.

Der Einleitung zweyter Abſchnitt.
vaters: und es iſt nicht unwahrſcheinlich, daß die Muſik entweder durch den Noe ſelbſt
oder durch einen ſeiner S[oͤ]hne in die Arche, und nach der Suͤndflut durch Un-
terweiſung auf die Egyptier gekommen; von denen ſie nachgehends die Griechen
erlernet, ſich in Verbeſſerung derſelben viele Muͤhe gegeben, und ſolche endlich
auf die Lateiner und andere Voͤlker gebracht haben. Ob aber Cham und ſein
Sohn Meſraim eben diejenigen waren, davon finden ſich keine gruͤndlichen An-
zeigen in der H. Schrift (t). Daß zu Labans und Jakobs Zeiten die
Muſik ſchon wieder getrieben, ja ſo gar zum Geleite der Abreiſenden als ein Eh-
renzeichen gebraucht worden, iſt ganz gewiß; weil Laban zu Jakob ſprach:
Warum haſt du ohne mein Wiſſen fliehen, und mirs nicht anzeigen
wollen, daß ich dich mit Freuden, mit Geſang, mit Trummen, und
Citharn begleitet haͤtte?
(u) Das Lied der Maria, (x) und wie ſie mit
andern Weibern bey dem Durchzuge durch das rothe Meer auf der Trumme
ſpielte, iſt bekannt (y). Nicht weniger weis man aus der Schrift, daß Mo-
ſes
zwo Poſaunen unter gewiſſen Regeln zu blaſen verordnet hatte (z). Man
weis das Blaſen der Leviten, davon die Mauren der Stadt Jericho einſtuͤrze-
ten (aa). Man weis die muſikaliſchen Anſtalten, die David gemacht hatte
(bb). Und daß man zu ſeiner Zeit ſchon vielerley Jnſtrumente gehabt habe,
ließt man aus den Aufſchriften ſeiner Pſalmen. Aſſaph der Sohn des Ba-
rachias
war ſein Capellmeiſter, und Jehiel uͤber die Jnſtrumente geſetzet; man
mag ihn alſo einen Concertmeiſter nennen (cc). Die Propheten bedienten ſich
der Muſik, wenn ſie weiſſagen wollten: Saul kann uns deſſen ein Zeuge ſeyn
(dd). Und in der H. Schrift leſen wir es von den Kindern des Aſſaph, des
Heman und des Jdithun (ee). Daß naͤchſt den Hebraͤern die Griechen die
aͤlteſten Muſikverſtaͤndigen geweſen, iſt gar nicht zu zweifeln. Es ſind uns

Merkur,
(t) Kircherus war dieſer Meynung, und Tevo ſchreibt es in ſeinem Muſico Teſto-
re, Cap. 12. pag. 11.
(u) Geneſis 31, 27.
(x) Maria, die andere Mirjam nennen, war Moſes und Aarons Schweſter.
(y) Exod 15. 20. & 21.
(z) Num 10, 2.
(aa) Joſue 6, 4. & ſeq.
(bb) I. Paralip. 15. 16. & ſeq. nicht weniger Cap. 23 5. 30.
(cc) I. Paralip. 16. 5.
(dd) I Regum 10 5. & 10.
(ee) I Paralip. 25. 1, 2, 3, 4, 5, 6, andere ſprechen auch Jeditim.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0036" n="14"/><fw place="top" type="header">Der Einleitung zweyter Ab&#x017F;chnitt.</fw><lb/>
vaters: und es i&#x017F;t nicht unwahr&#x017F;cheinlich, daß die Mu&#x017F;ik entweder durch den Noe &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
oder durch einen &#x017F;einer S<supplied>o&#x0364;</supplied>hne in die Arche, und nach der Su&#x0364;ndflut durch Un-<lb/>
terwei&#x017F;ung auf die Egyptier gekommen; von denen &#x017F;ie nachgehends die Griechen<lb/>
erlernet, &#x017F;ich in Verbe&#x017F;&#x017F;erung der&#x017F;elben viele Mu&#x0364;he gegeben, und &#x017F;olche endlich<lb/>
auf die Lateiner und andere Vo&#x0364;lker gebracht haben. Ob aber <hi rendition="#b">Cham</hi> und &#x017F;ein<lb/>
Sohn <hi rendition="#b">Me&#x017F;raim</hi> eben diejenigen waren, davon finden &#x017F;ich keine gru&#x0364;ndlichen An-<lb/>
zeigen in der H. Schrift <note place="foot" n="(t)"><hi rendition="#aq">Kircherus</hi> war die&#x017F;er Meynung, und <hi rendition="#aq">Tevo</hi> &#x017F;chreibt es in &#x017F;einem <hi rendition="#aq">Mu&#x017F;ico Te&#x017F;to-<lb/>
re, Cap. 12. pag. 11.</hi></note>. Daß zu <hi rendition="#b">Labans</hi> und <hi rendition="#b">Jakobs</hi> Zeiten die<lb/>
Mu&#x017F;ik &#x017F;chon wieder getrieben, ja &#x017F;o gar zum Geleite der Abrei&#x017F;enden als ein Eh-<lb/>
renzeichen gebraucht worden, i&#x017F;t ganz gewiß; weil <hi rendition="#b">Laban</hi> zu <hi rendition="#b">Jakob</hi> &#x017F;prach:<lb/><hi rendition="#b">Warum ha&#x017F;t du ohne mein Wi&#x017F;&#x017F;en fliehen, und mirs nicht anzeigen<lb/>
wollen, daß ich dich mit Freuden, mit Ge&#x017F;ang, mit Trummen, und<lb/>
Citharn begleitet ha&#x0364;tte?</hi> <note place="foot" n="(u)"><hi rendition="#aq">Gene&#x017F;is 31, 27.</hi></note> Das Lied der <hi rendition="#b">Maria,</hi> <note place="foot" n="(x)">Maria, die andere Mirjam nennen, war <hi rendition="#b">Mo&#x017F;es</hi> und <hi rendition="#b">Aarons</hi> Schwe&#x017F;ter.</note> und wie &#x017F;ie mit<lb/>
andern Weibern bey dem Durchzuge durch das rothe Meer auf der Trumme<lb/>
&#x017F;pielte, i&#x017F;t bekannt <note place="foot" n="(y)"><hi rendition="#aq">Exod 15. 20. &amp; 21.</hi></note>. Nicht weniger weis man aus der Schrift, daß <hi rendition="#b">Mo-<lb/>
&#x017F;es</hi> zwo Po&#x017F;aunen unter gewi&#x017F;&#x017F;en Regeln zu bla&#x017F;en verordnet hatte <note place="foot" n="(z)"><hi rendition="#aq">Num 10, 2.</hi></note>. Man<lb/>
weis das Bla&#x017F;en der Leviten, davon die Mauren der Stadt <hi rendition="#b">Jericho</hi> ein&#x017F;tu&#x0364;rze-<lb/>
ten <note place="foot" n="(aa)"><hi rendition="#aq">Jo&#x017F;ue 6, 4. &amp; &#x017F;eq.</hi></note>. Man weis die mu&#x017F;ikali&#x017F;chen An&#x017F;talten, die <hi rendition="#b">David</hi> gemacht hatte<lb/><note place="foot" n="(bb)"><hi rendition="#aq">I. Paralip. 15. 16. &amp; &#x017F;eq.</hi> nicht weniger <hi rendition="#aq">Cap. 23 5. 30.</hi></note>. Und daß man zu &#x017F;einer Zeit &#x017F;chon vielerley Jn&#x017F;trumente gehabt habe,<lb/>
ließt man aus den Auf&#x017F;chriften &#x017F;einer P&#x017F;almen. <hi rendition="#b">A&#x017F;&#x017F;aph</hi> der Sohn des <hi rendition="#b">Ba-<lb/>
rachias</hi> war &#x017F;ein Capellmei&#x017F;ter, und <hi rendition="#b">Jehiel</hi> u&#x0364;ber die Jn&#x017F;trumente ge&#x017F;etzet; man<lb/>
mag ihn al&#x017F;o einen Concertmei&#x017F;ter nennen <note place="foot" n="(cc)"><hi rendition="#aq">I. Paralip. 16. 5.</hi></note>. Die Propheten bedienten &#x017F;ich<lb/>
der Mu&#x017F;ik, wenn &#x017F;ie wei&#x017F;&#x017F;agen wollten: <hi rendition="#b">Saul</hi> kann uns de&#x017F;&#x017F;en ein Zeuge &#x017F;eyn<lb/><note place="foot" n="(dd)"><hi rendition="#aq">I Regum 10 5. &amp; 10.</hi></note>. Und in der H. Schrift le&#x017F;en wir es von den Kindern des <hi rendition="#b">A&#x017F;&#x017F;aph,</hi> des<lb/><hi rendition="#b">Heman</hi> und des <hi rendition="#b">Jdithun</hi> <note place="foot" n="(ee)"><hi rendition="#aq">I Paralip. 25. 1, 2, 3, 4, 5, 6,</hi> andere &#x017F;prechen auch <hi rendition="#b">Jeditim.</hi></note><hi rendition="#b">.</hi> Daß na&#x0364;ch&#x017F;t den Hebra&#x0364;ern die Griechen die<lb/>
a&#x0364;lte&#x017F;ten Mu&#x017F;ikver&#x017F;ta&#x0364;ndigen gewe&#x017F;en, i&#x017F;t gar nicht zu zweifeln. Es &#x017F;ind uns<lb/>
<fw type="catch" place="bottom"><hi rendition="#b">Merkur,</hi></fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[14/0036] Der Einleitung zweyter Abſchnitt. vaters: und es iſt nicht unwahrſcheinlich, daß die Muſik entweder durch den Noe ſelbſt oder durch einen ſeiner Soͤhne in die Arche, und nach der Suͤndflut durch Un- terweiſung auf die Egyptier gekommen; von denen ſie nachgehends die Griechen erlernet, ſich in Verbeſſerung derſelben viele Muͤhe gegeben, und ſolche endlich auf die Lateiner und andere Voͤlker gebracht haben. Ob aber Cham und ſein Sohn Meſraim eben diejenigen waren, davon finden ſich keine gruͤndlichen An- zeigen in der H. Schrift (t). Daß zu Labans und Jakobs Zeiten die Muſik ſchon wieder getrieben, ja ſo gar zum Geleite der Abreiſenden als ein Eh- renzeichen gebraucht worden, iſt ganz gewiß; weil Laban zu Jakob ſprach: Warum haſt du ohne mein Wiſſen fliehen, und mirs nicht anzeigen wollen, daß ich dich mit Freuden, mit Geſang, mit Trummen, und Citharn begleitet haͤtte? (u) Das Lied der Maria, (x) und wie ſie mit andern Weibern bey dem Durchzuge durch das rothe Meer auf der Trumme ſpielte, iſt bekannt (y). Nicht weniger weis man aus der Schrift, daß Mo- ſes zwo Poſaunen unter gewiſſen Regeln zu blaſen verordnet hatte (z). Man weis das Blaſen der Leviten, davon die Mauren der Stadt Jericho einſtuͤrze- ten (aa). Man weis die muſikaliſchen Anſtalten, die David gemacht hatte (bb). Und daß man zu ſeiner Zeit ſchon vielerley Jnſtrumente gehabt habe, ließt man aus den Aufſchriften ſeiner Pſalmen. Aſſaph der Sohn des Ba- rachias war ſein Capellmeiſter, und Jehiel uͤber die Jnſtrumente geſetzet; man mag ihn alſo einen Concertmeiſter nennen (cc). Die Propheten bedienten ſich der Muſik, wenn ſie weiſſagen wollten: Saul kann uns deſſen ein Zeuge ſeyn (dd). Und in der H. Schrift leſen wir es von den Kindern des Aſſaph, des Heman und des Jdithun (ee). Daß naͤchſt den Hebraͤern die Griechen die aͤlteſten Muſikverſtaͤndigen geweſen, iſt gar nicht zu zweifeln. Es ſind uns Merkur, (t) Kircherus war dieſer Meynung, und Tevo ſchreibt es in ſeinem Muſico Teſto- re, Cap. 12. pag. 11. (u) Geneſis 31, 27. (x) Maria, die andere Mirjam nennen, war Moſes und Aarons Schweſter. (y) Exod 15. 20. & 21. (z) Num 10, 2. (aa) Joſue 6, 4. & ſeq. (bb) I. Paralip. 15. 16. & ſeq. nicht weniger Cap. 23 5. 30. (cc) I. Paralip. 16. 5. (dd) I Regum 10 5. & 10. (ee) I Paralip. 25. 1, 2, 3, 4, 5, 6, andere ſprechen auch Jeditim.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mozart_violinschule_1756
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mozart_violinschule_1756/36
Zitationshilfe: Mozart, Leopold: Versuch einer gründlichen Violinschule. Augsburg, 1756, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mozart_violinschule_1756/36>, abgerufen am 01.05.2024.