eines gedultigen Fürsten anzudeuten, so mag einstweilen die blosse Skizzirung dieses Bildes genügen.
Der erste und schwerste Fall von der Gedult eines Regenten ist wohl das Gefühl seiner eige- nen Schwäche und Untüchtigkeit zu würdiger Führung seiner Regierung, wenn er entweder, wie von dem Markgrafen Christian Ernst zu Brandenburg-Culmbach erzählt wird, Gott mit Thränen in seinem Gebet klagen muss: Dass ihm seine Räthe zu gescheud seyen; oder, wenn er am Ende seines Laufs, wie Pabst Adrian VI. selbst befehlen muss, auf seinen Sarg zu setzen: Adrianns VI. hic situs est, qui nihil sibi infelicius in vita duxit, quam quod impe- raret. Doch diss sind alles Fälle aus den vori- gen Jahrhunderten, die in unsern erleuchteten Tagen nicht mehr vorkommen; seitdem man von nichts als angebohrner Weisheit, und an- gestammten fürstlichen Tugenden weiss, und den Göttern der Erde die Ohren so voll schwatzt, dass endlich der grösste Schwachkopf davon über- täubt wird, an seine eigene Thorheiten glau- ben zu müssen, und sich, je schwächer und dummer er ist, würklich, weise zu seyn, wähnt.
Zur Ehre unserer Zeiten könnte man wohl
eines gedultigen Fürsten anzudeuten, so mag einstweilen die bloſse Skizzirung dieses Bildes genügen.
Der erste und schwerste Fall von der Gedult eines Regenten ist wohl das Gefühl seiner eige- nen Schwäche und Untüchtigkeit zu würdiger Führung seiner Regierung, wenn er entweder, wie von dem Markgrafen Christian Ernst zu Brandenburg-Culmbach erzählt wird, Gott mit Thränen in seinem Gebet klagen muſs: Daſs ihm seine Räthe zu gescheud seyen; oder, wenn er am Ende seines Laufs, wie Pabst Adrian VI. selbst befehlen muſs, auf seinen Sarg zu setzen: Adrianns VI. hic situs est, qui nihil sibi infelicius in vita duxit, quam quod impe- raret. Doch diſs sind alles Fälle aus den vori- gen Jahrhunderten, die in unsern erleuchteten Tagen nicht mehr vorkommen; seitdem man von nichts als angebohrner Weisheit, und an- gestammten fürstlichen Tugenden weiſs, und den Göttern der Erde die Ohren so voll schwatzt, daſs endlich der gröſste Schwachkopf davon über- täubt wird, an seine eigene Thorheiten glau- ben zu müssen, und sich, je schwächer und dummer er ist, würklich, weise zu seyn, wähnt.
Zur Ehre unserer Zeiten könnte man wohl
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eines gedultigen Fürsten anzudeuten, so mag
einstweilen die bloſse Skizzirung dieses Bildes
genügen.
Der erste und schwerste Fall von der Gedult
eines Regenten ist wohl das Gefühl seiner eige-
nen Schwäche und Untüchtigkeit zu würdiger
Führung seiner Regierung, wenn er entweder,
wie von dem Markgrafen Christian Ernst zu
Brandenburg-Culmbach erzählt wird, Gott mit
Thränen in seinem Gebet klagen muſs: Daſs
ihm seine Räthe zu gescheud seyen; oder, wenn
er am Ende seines Laufs, wie Pabst Adrian VI.
selbst befehlen muſs, auf seinen Sarg zu setzen:
Adrianns VI. hic situs est, qui nihil sibi
infelicius in vita duxit, quam quod impe-
raret. Doch diſs sind alles Fälle aus den vori-
gen Jahrhunderten, die in unsern erleuchteten
Tagen nicht mehr vorkommen; seitdem man
von nichts als angebohrner Weisheit, und an-
gestammten fürstlichen Tugenden weiſs, und
den Göttern der Erde die Ohren so voll schwatzt,
daſs endlich der gröſste Schwachkopf davon über-
täubt wird, an seine eigene Thorheiten glau-
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dummer er ist, würklich, weise zu seyn, wähnt.
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Moser, Friedrich Carl von: Politische Wahrheiten. Bd. 2. Zürich, 1796, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moser_politische02_1796/158>, abgerufen am 23.11.2024.
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